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Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition)

Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition)

Titel: Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janika Nowak
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machten, glaubte ich kaum, dass mich jemand in Berlin vermisste: Mittlerweile hatte unser Meister bestimmt einen neuen Gesellen und einen anderen Lehrling gefunden. Wenn er überhaupt noch an uns dachte, dann nur im Zorn. Die Polizei suchte sicher noch nach uns, wenngleich wir seit der Fahrt nach Polen nicht ein Wort über die Fahndung gehört hatten. Und mein Vater …
    Wahrscheinlich dachte er, dass ich nicht zurückrief, weil ich keine Lust hatte. Oder er dachte überhaupt nicht mehr an mich …
    Wenigstens hatte ich jetzt etwas von meiner Mutter. Obwohl ich es eigentlich nicht tun sollte, ohne meine Kraft einzusetzen, drang ich in mein erstes Echo vor, in das meiner Mutter. Ich hatte inzwischen so viel Übung, da würde ich mich schon nicht verlieren wie beim ersten Mal.
    Während sich die Geräusche ringsherum zurückzuziehen schienen, tauchte unter meinen Lidern weißer Nebel auf. Die Krake in meiner Brust regte sich, dann erschien das Bild meiner Mutter. Durch ihre Augen sah ich meinen Vater unbeschwert lachen und verstand ein kleines bisschen, warum er nach Mutters Tod so geworden war, wie er war. Er hatte einfach nicht die Kraft gehabt, das Kind zu lieben, das ihn so sehr an seine geliebte Frau erinnerte. Vielleicht sollte ich ihn doch anrufen …
    Das Klappern der Tür riss mich aus der Vision fort. Das Echo zog sich schlagartig zurück, und mir wurde plötzlich kalt. Kein Wunder, das Wasser war bestenfalls noch lauwarm. Auf jeden Fall hatte ich lange genug gebadet und erhob mich aus der Wanne. In ein Handtuch gewickelt, betrat ich das Schlafzimmer – und entdeckte einen fein säuberlich zusammengelegten Kleiderstapel sowie eine längliche Schachtel.
    Bei den Kleidern handelte es sich um Jeans und Shirts, die man in jedem Laden bekommen konnte. Dennoch war es eine beachtliche Leistung, das alles so schnell zu beschaffen. Oder verfügten die Satyren über magische Teleporter? Das wäre auch ganz praktisch, um nach Zypern zu kommen. Aber ich nahm an, dass der magische Teleporter eher der perfekt durchorganisierte Butler war.
    Neugierig auf den Inhalt der Schachtel klappte ich den Deckel auf.
    Heiliger Bimbam! Ich schlug die Hand vor den Mund. Das konnte doch nicht Lacrosses Ernst sein.
    Zwischen Bahnen aus feinem lila Seidenpapier lag ein Kleid aus einem fließenden beerenfarbenen Stoff. Das Oberteil war recht schlicht geschnitten, der Rock allerdings lang und mit Tüll unterfüttert.
    Mann, es war wunderschön, aber wozu sollte ich so was tragen? Gab Lacrosse heute Abend einen Ball? Einen Satyr-Ball?
    Es klopfte an der Tür. »Aileen, ich bin’s. Kann ich reinkommen?«, rief Thomas.
    Hastig blickte ich an mir hinab. Ich war immer noch in das Handtuch eingewickelt. Ähm, ich wollte ihm nicht unbedingt halbnackt gegenübertreten.
    »Einen Moment, ich ziehe mich gerade um«, antwortete ich und schnappte mir rasch Unterwäsche, Jeans und ein Shirt. Erst als ich den BH verschloss, bemerkte ich, dass der Umriss eines kleinen roten Teufels auf dem schwarzen Untergrund prangte. Ein Ballkleid und Teufelsunterwäsche, meine Güte. Vor diesem Franzosen musste man sich in Acht nehmen.
    »Kannst reinkommen.«
    Als sich Thomas durch die Tür schob, wurde mir klar, dass der Satyr wohl tatsächlich vorhatte, eine Party zu geben. Auf dem Kleiderbügel in seiner Hand baumelte ein Anzug.
    »Sag mal, brauchen wir so was, wenn wir nach Zypern fliegen?«, fragte er mich ratlos.
    Ich hielt mein Kleid hoch. »Vielleicht lässt sich Polyphemos ablenken, wenn wir angerüscht und mit ein paar Paparazzi in seine Burg stürmen.«
    »Haha!«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Vielleicht feiern die Satyren ihre Verwandlung mit einem Fest. Was für ein Datum haben wir eigentlich?« Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, dass ich auf einen Kalender geblickt hatte.
    »Den einunddreißigsten Oktober, wenn ich mich nicht täusche.«
    »Also Halloween .« Samhain , so hatte Macius diesen Tag genannt.
    »Ja, Halloween. Offenbar ist das für den Kerl der einzige Tag, an dem er abends unter die Leute gehen kann. Was ist?« Thomas hatte natürlich bemerkt, dass mir irgendwas durch den Kopf ging.
    »Halloween ist gleichzusetzen mit dem keltischen Totenfest Samhain, das heute und morgen begangen wird. Wenn ich vorhätte, sämtliche Götterkinder auszulöschen oder sogar die Welt, dann würde ich mir dafür auch einen symbolischen Tag aussuchen.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Wächter dazu mächtig genug ist, vor allem nachdem die Nymphen

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