Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition)
kribbelten und mein Herz klopfte, war ich wahrscheinlich puterrot.
»Sie ist eine Banshee«, erklärte Pheme. »Macius hat sie in Berlin entdeckt.«
»Ich sehe schon«, entgegnete Lacrosse. »Ihre Augen sind noch rosa. Sie muss vor kurzem erst erwacht sein.«
Okay, ich würde ihn wohl doch nicht anspringen und ihm meine unsterbliche Liebe gestehen müssen. Wäre er mein Seelenverwandter, würde er meine blöden Augen nämlich ignorieren. Oder mich zumindest aufmuntern.
Plötzlich spürte ich etwas Nasses in meiner Hosentasche. Macius!
»Aileen!«, rief Aiko, als ich schon dabei war, sie aus der Tasche zu ziehen. »Deine Seerose.«
Tatsächlich blühte die Seerose wieder. Eine Botschaft von Macius.
Na ja, der Satyr war es sicher gewohnt, dass Frauen bei seinem Anblick in Ohnmacht fielen. Nicht, dass ich zu diesen Frauen gehören wollte, aber Macius ging vor. Ich wartete noch das zustimmende Nicken von Pheme ab und spürte, wie sich Thomas hinter mich stellte, um mich aufzufangen, dann hob ich die Blüte an mein Gesicht und atmete den Duft ein.
Wieder wurde ich in den Strudel gesogen und herumgeschleudert. Mir wurde speiübel, doch zumindest wusste ich diesmal, was mich erwartete. Wie beim ersten Mal war es nach wenigen Augenblicken vorbei, und ich fand mich in – gar nichts wieder. Alles um mich herum war schwarz, es war buchstäblich, als sei ich im Nichts gelandet. Wo war der Sumpf? War die Nachricht etwa gar nicht von Macius? Oder hatte er nicht mehr die Kraft, eine Umgebung aus seiner Vorstellung zu schaffen?
Ich stand oder schwebte eine Weile ratlos herum, desorientiert und schwindelig, und wünschte mir wenigstens einen Boden, auf dem ich stehen konnte.
»Bitte verzeih mir, dass wir uns nicht an einem anderen Ort treffen können.«
Ich zuckte überrascht zusammen. Das war eindeutig Macius’ Stimme.
»Wo bist du?«, fragte ich, während ich mich umsah. Nichts hatte sich verändert. Vorne, hinten, oben, unten – alles gleich.
»Ich habe leider nicht mehr die Kraft, ein Bild von mir zu projizieren, dafür will ich dir etwas zeigen.«
Im nächsten Moment erhob sich um mich herum ein Raum, der dem Kerker der Gargoyles ähnelte. Juchhu, endlich Boden unter meinen nicht existenten Füßen.
Auch hier gab es Gitter und grob behauene Steine, die von Fackeln beleuchtet wurden, und das Ganze erinnerte mehr an ein unterirdisches Gewölbe als an ein Verlies. Auf dem Boden lag auch kein Stroh herum, dafür gab es eine Art Becken, in dem eine leuchtende Flüssigkeit waberte. Mehr konnte ich nicht erkennen, denn das Bild zog sich wieder zurück.
»Hast du das Wappen gesehen?« Macius’ Stimme klang beängstigend schwach.
Ich verfluchte meine Hilflosigkeit. In diesem Augenblick konnte ich nicht das Geringste tun, um ihn von diesem Ort fortzuholen. Anscheinend hatte ich nicht mal gesehen, was Macius mir zeigen wollte.
»Nein, tut mir leid.«
»Es ist das Wappen der Lusignans . Ich …«
Just in diesem Moment fiel ich in ein bodenloses Loch und wurde zurück in die Wirklichkeit geschleudert. Verdammt, verdammt, verdammt. Was hatte Macius mir bloß sagen wollen?
Ich hätte am liebsten laut geschrien und mit den Füßen aufgestampft, doch im ersten Moment konnte ich nicht mal die Augen öffnen. Das Schwarz zog sich nur allmählich zurück und wurde wieder zu dem prächtig eingerichtetem Büro.
»Was hat er dir gesagt?«, fragte Pheme, die sich über mich beugte.
Zunächst sah ich ihr Gesicht nur verschwommen, dann wurde es klarer und ich erkannte schließlich auch Thomas, Aiko und den Satyr.
»Das Wappen der Lusignans …«, krächzte ich. »Er hat mir einen Raum gezeigt, in dem es gewesen sein soll. Ich habe es nicht bemerkt, aber er hat mich noch mal extra darauf hingewiesen.«
»Lusignan?« Monsieur Lacrosse zog verwundert die Augenbrauen hoch.
»Es ist wahrscheinlich der Ort, an dem er gefangen gehalten wird«, brachte ich hervor. »Er war bereits sehr schwach. Da war auch ein leuchtendes Becken, das irgendwie gruselig ausgesehen hat.«
Pheme und Aiko blickten sich erschrocken an. »Das Weltenbecken.«
»Was ist das?«, fragte Thomas, der mich noch immer festhielt.
»Das Becken, in dem er die gesamte Welt überblicken kann. Diese Burg ist nicht nur der Ort, an dem Macius gefangen gehalten wird, er ist auch der Unterschlupf des Wächters. Durch das Becken kann er mit den Göttern sprechen.«
»Ich verstehe hier zwar nur die Hälfte von dem, was vor sich geht, aber ich glaube, es ist
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