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Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition)

Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition)

Titel: Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janika Nowak
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inzwischen schon vertraute Feuchtigkeit in meiner Hosentasche. Die Seerose. Halt durch, Macius, wir sind fast da.
    Ich zerrte die Blüte mit zitternden Händen hervor. Wie Tränen lief das Wasser über die Blütenblätter. Mist, ich konnte es mir eigentlich nicht leisten, mich von dem Blütenstaub ausknocken zu lassen, aber was für eine Wahl hatte ich denn? Macius würde denken, wir hätten ihn aufgegeben, ihn verlassen. Ohne mich nach den anderen umzusehen, hob ich die Blume vor mein Gesicht und atmete den Duft ein.
    Mir wurde sofort schwarz vor Augen, doch ich hatte nicht das Gefühl, in eine andere Welt vorzudringen. Diesmal war es ganz anders als vorher. Ich spürte den Dschungel immer noch, als ob ich einfach die Augen zugemacht hätte, doch dann dehnte sich mein Echo aus. Was hatte das zu bedeuten. Kontaktierte mich jemand anders als Macius? Vielleicht die Nyxianer?
    »Aileen, hör mir jetzt gut zu.«
    Macius! Er war es also doch.
    »Ich habe nicht mehr viel Zeit, also tu genau das, was ich sage. Wenn ihr in der Burg seid, wird euch der Wächter entgegentreten. Genau in dem Moment ist der Spiegel in dem Raum, den du gesehen hast, unbewacht. Schicke deinen Galan hinab, nur er kann die Götter um Hilfe anflehen. Mit Hilfe des Spiegels.«
    »Wie soll er das machen?« Ich hörte meine Stimme nicht, die Worte klangen nur in meinem Geist nach. Aber Macius hatte sie vernommen, das war alles, was zählte.
    »In dem er einfach darum bittet. Nur ein Mensch kann sie bitten. Allein seine Stimme kann sie durch das Becken erreichen.«
    Damit brach die Nachricht ab.

    D er Wächter stand über dem Becken, in dem er die Welt erblicken konnte. Er sah Lichter durch die Straßen huschen und hörte die Gedanken von Millionen Menschen. Wurde Zeuge ihrer Träume. Das war die Aufgabe der Wächter: beobachten, wachen, lenken. Doch seine war zuallererst die Jagd, die Jagd nach den Götterkindern. Nur dann verdiente er seinen Namen als Wächter.
    Als er die Anwesenheit der Lamie gewahrte, hörte er auf, den Menschen nachzuspüren. Mit einer Handbewegung ließ er das Bild der Welt in dem Becken verschwinden.
    »Was bringst du für Nachrichten, Carmilla?«
    Die Lamie warf sich vor den Wächter auf den Boden. »Vergebt mir, Gebieter.«
    Polyphemos ließ sich auf seinem steinernen Thron nieder. »Was ist geschehen?«
    »Die Banshee, sie ist unglaublich stark.«
    »Berichte.«
    »Die Banshee ist hier, und sie ist stärker als jeder Gegner, dem ich bisher gegenübergestanden habe.«
    Die Stimme des Wächters nahm einen gefährlich sanften Ton an, als er die Lamie weiter befragte. »Wie konnte das passieren? Hast du nicht genug von deinen Geschwistern mitgenommen?«
    »Wir waren zu sechst, aber bei ihr waren noch eine Sirene, ein Satyr, ein Mensch und ein Wesen, das selbst ich nicht kenne. Sie waren allerdings nicht schuld an unserer Niederlage. Es war die Banshee, ihr Ruf hat meine Geschwister getötet.«
    »Warum dich nicht?«
    »Als ich sah, dass sie zum Schrei ansetzte, bin ich geflohen. Sonst hätte sie mich ebenfalls getötet.«
    »Du hast mich enttäuscht, Carmilla. Töte das Mädchen, oder du hast dein eigenes Leben verwirkt.« Mit diesen Worten wandte er sich ab und näherte sich gemessenen Schrittes dem Käfig. »Nun ist es Zeit, dass ich mir nehme, was mir zusteht.«
    Die Tür flog auf, noch bevor der Wächter sie erreicht hatte.
    Macius drückte die Seerose in seiner zitternden Hand rasch gegen seinen Körper. Zu gern hätte er der Banshee noch etwas gesagt, doch dazu war es nun zu spät. Gerade so schaffte es die Seerose, sich wieder mit seiner Haut zu vereinen, dann stand der Wächter vor ihm.
    »Ihr werdet sie nicht besiegen können«, sagte er, ohne aufzuschauen.
    Polyphemos packte den Wassermann an der Kehle und hob ihn in die Höhe. Er betrachtete ihn einen Moment, bevor er ihn durch den Raum schleuderte, bis er kurz vor den Harpyien-Käfigen zu liegen kam. Die Vogelwesen kreischten begeistert auf.
    »Er ist nicht für euch«, tönte der Wächter, während er den rechten Ärmel seines Gewandes hochzog. »Er gehört mir. Ihr dürft dafür seine Kameraden haben.«
    Damit ließ er eine Hand niedersausen, und ein greller Lichtstrahl traf Macius’ Brust. Der Wassermann bäumte sich hilflos auf und schrie, während der Lichtstrahl die Farbe änderte, zu einem dunklen Blaugrün wurde und zu pulsieren begann. Die Lebensenergie des Wassermanns strömte in die Hand des Wächters, und der Körper des Mannes verfiel mit jeder Sekunde

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