Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition)
und drückte ihm ein paar Munitionspäckchen in die Hand.
»Das müsste reichen, um etliche Harpyien vom Himmel zu holen.« Sie zwinkerte Thomas zu. »Oder sich den Weg freizuschießen.«
Thomas nickte ihr zu, dann schob er die Patronen in die Hosentasche.
Meine Echos regten sich, der Tod war nah. Sie erinnerten mich, dass es jetzt um alles ging.
»Benutze deinen Schrei nur dann, wenn es wirklich sein muss«, mahnte mich Pheme, dann schritt sie durch das Burgtor.
Augenblicklich stießen die Harpyien ein grässliches Geschrei aus, und ein Schauder rann mir über den Rücken. Ich krampfte die Hände um die Sphären und sah …
… dass sich Pheme verwandelte.
Sie stand genau einen Meter hinter dem Tor, als ihre Arme zu langen schwarzen Schwingen wurden. Ihr Haar verwandelte sich in einen Federmantel, der ihren Körper einhüllte, bevor er die Form eines riesigen Vogels annahm. Sie warf den Kopf in den Nacken und stieß einen hellen Schrei aus.
Mann, Black Bibo! Pheme würde mich vermutlich erschlagen, sollte ich sie jemals laut so nennen, aber irgendwie hatte sie schon ein bisschen Ähnlichkeit mit dem Federvieh aus der Sesamstraße. Allerdings war sie wesentlich schöner – und größer. Und sie behielt ihr menschliches Gesicht.
»Ich denke, wir sollten ihr folgen«, sagte Aiko und trat hinter Pheme.
»Was ist mit deinem Drachen?«
»Der kommt, wenn es an der Zeit ist.«
Kaum hatten wir ebenfalls das Tor durchschritten, erbebte die Erde unter uns. Würde jetzt der Wächter erscheinen?
Der Boden wölbte sich an einigen Stellen, als wollte er Blasen schlagen. Das Pflaster zersprang, und für einen kurzen Moment waren die Köpfe riesiger Würmer mit scharfen Zahnreihen sichtbar. Kurz nachdem sie sich zurückgezogen hatten, krochen ein paar vollkommen verdreckte Gestalten mit dünnen, verfilzten Haaren, schwarzen Augen und scharfen Reißzähnen aus den Löchern.
Ghule! In Macius’ Vorführung hatten sie ja schon schrecklich ausgesehen, aber die Wirklichkeit übertraf das noch um Längen. Die Kreaturen gaben gurgelnde Geräusche von sich, als sie sich vor uns aufbauten. Ich nahm nicht an, dass das ihre Version einer gepflegten Konversation sein sollte.
»Reißt sie in Stücke!«
Carmillas Schrei setzte sämtliche Nyxianer in Bewegung. Die Harpyien setzten zum Sturzflug an, wie eine schwarze Welle, die uns unter sich zu begraben drohte, und die Lamien erhoben sich ebenfalls in die Lüfte. Sogar die Ghule, die nicht sonderlich flink aussahen, bewegten sich mit höllischer Geschwindigkeit auf uns zu.
»Nehmt die Sphären«, kommandierte Pheme, deren Stimme sich in ihrer Vogelgestalt wesentlich melodiöser anhörte. Beinahe wie jener Gesang, der jahrhundertelang Seemänner ins Verderben gelockt haben soll.
Wir rissen die Kugeln hoch, während ich mich noch fragte, wie die Sache funktionieren sollte, drang auch schon ein Eisstrahl aus meiner Sphäre. Aiko hatte ebenfalls eine Eissphäre gewählt, Jean schoss eine Feuersphäre auf die Angreifer ab. Hinter mir ertönte das Klicken und Feuern der Pumpgun, die Thomas auf die Ghule abfeuerte.
Mein Eisstrahl fror erst eine Harpyie ein, dann eine zweite, die unvorsichtigerweise vor die erste geriet. Beide stürzten zu Boden und zerbrachen in mehrere Teile. Doch damit war die Kraft der Sphäre auch schon aufgebraucht.
»Mist«, schimpfte ich und warf die Kugel beiseite, die auf wundersame Weise nicht zerbrach, sondern über das Pflaster kullerte. Als ich nach der zweiten Kugel greifen wollte, spürte ich eine Kralle auf meinem Arm. Ich schrie auf und sprang zur Seite. Im selben Augenblick knallte es, und als ich aufblickte, sah ich, dass ein Ghul von einer Kugel getroffen zu Boden ging.
Erneut feuerte ich eine Eissphäre ab und erwischte diesmal neben einer Harpyie auch zwei Lamien, die gerade zum Angriff ansetzen wollten.
Die anderen waren wesentlich treffsicherer als ich und erwischten mit ihren Sphären meist gleich fünf oder sechs Nyxianer, doch die Verluste schienen unseren Gegnern nichts auszumachen, denn es drängten immer neue heran. Kamen die aus irgendwelchen Kellerlöchern?
Sie waren schon fast dabei, uns zu überrennen, als ich ein Rauschen über unseren Köpfen vernahm. Ließen es die Harpyien jetzt auch noch regnen?
Nachdem ich mit meiner letzten Sphäre – einer Feuersphäre – drei Ghule angesengt hatte, blickte ich nach oben und entdeckte einen rotglühenden Leib. Akame!
Mehrere Harpyien umkreisten ihn und stürzten sich auf den Kopf
Weitere Kostenlose Bücher