Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition)
vordudelten.
Ich war auch echt blöd! Warum musste ich unbedingt allein ins Huxleys fahren? Es wäre viel schöner gewesen, wenn Thomas mich abgeholt hätte!
»Nächste Station Hermannplatz.«
In meiner Panik hätte ich beinahe die Ansage überhört.
Als mir klar wurde, dass ich endlich aussteigen konnte, sprang ich von meinem Sitz auf und stürmte zur Tür. Nicht gerade die richtige Methode, um furchtlos zu wirken, aber das war mir egal. Während ich meine Tasche umklammerte, drückte ich auf den Öffnen-Knopf, und sobald die Bahn hielt, hastete ich nach draußen. In der festen Überzeugung, dass die Kerle ebenfalls aussteigen und mich verfolgen würden, bereitete ich mich auf den Sprint meines Lebens vor.
Doch als das Geräusch der sich schließenden Türen ertönte, blieben Rufe und Stiefelgetrampel aus. Ich wandte mich um und beobachtete, wie die Bahn wieder anfuhr. Die Schläger waren dringeblieben, wenngleich ich hätte schwören können, dass sie mich durch das Fenster weiter beobachteten.
Ich atmete tief durch. Okay, anscheinend hatte ich ein ernsthaftes Problem: Ich litt unter Verfolgungswahn. Kaum sah mich jemand etwas länger an als normal, unterstellte ich ihm verbrecherische Absichten. Das war nicht gut.
Aber egal, falls ich mich zur Psychopathin entwickelte, hatte das auch noch bis morgen Zeit.
Das Huxleys war natürlich proppenvoll. Menschenmassen warteten vor dem Eingang, und es kamen immer noch mehr Leute herbei. Ein paar von denen hätten ja auch wirklich mal U-Bahn fahren können.
Der Andrang überraschte mich. War ich die Einzige, die die »Flying Mushrooms« nicht kannte? Oder erhoffte sich die Hälfte des Publikums einfach nur eine Kostprobe magischer Pilze?
Ich renkte mir fast den Hals aus bei dem Versuch, Thomas in der tobenden Menge ausfindig zu machen.
Nicht, dass ich etwas gegen größere Menschenmengen hatte, doch nach der Begegnung mit den seltsamen Gestalten in der U-Bahn wäre es mir lieber gewesen, ich hätte ihn auf Anhieb gefunden. Mehr als verrückt gekleidete, aufgekratzte Mädchen, gegen die die Kichertanten in der Bahn geradezu ruhig wirkten, konnte ich zunächst aber nicht ausmachen.
Im nächsten Augenblick entdeckte ich einen der schwarzgekleideten Kerle aus der U-Bahn.
Ich blinzelte, und als ich wieder hinsah, war der Mann verschwunden. Waren das doch die Ordner für das Konzert? Oder war ich jetzt endgültig paranoid geworden?
Das war total absurd. Was sollten denn ein paar völlig Fremde von mir wollen? Aber was, wenn sie doch nach mir suchten? Mein Herz pochte unangenehm laut in der Brust.
Das war so ziemlich der schlechteste Moment, um mich zu überraschen. Als mir jemand von hinten auf die Schulter tippte, schrie ich laut auf und wirbelte herum. Anstatt irgendeiner finsteren Gestalt blickte ich Thomas ins Gesicht.
Erleichtert atmete ich auf, doch gleich darauf stockte mir erneut der Atem, denn Thomas hatte sich in Schale geworfen. Das dunkelblaue Hemd, das er unter seiner Jacke trug, sah zu den engen schwarzen Jeans einfach umwerfend aus, außerdem ging ein angenehmer Duft nach Aftershave von ihm aus. Nicht das Aftershave, das er sonst benutzte, nein, diesmal war es ein anderes, das irgendwie erdiger roch. Sinnlicher. Auch wenn ich mir doof dabei vorkam, das Wort auch nur zu denken.
»He, was ist denn mit dir los? Hast du einen Geist gesehen?«
Es wäre ja auch zu viel erwartet, dass er meinen Panikanfall nicht bemerkt, dachte ich. Sollte ich Thomas von der seltsamen Begegnung erzählen? Ich war schon drauf und dran, den Mund zu öffnen, als mir aufging, dass das vermutlich keine gute Idee wäre. Dann würde ich vor ihm nur wie eine dumme Gans dastehen. Oder wie eine paranoide Gans. »Ich hab mich bloß erschrocken«, sagte ich schnell.
Außerdem wollte ich nicht, dass Thomas sich zu meinem selbsternannten Bodyguard aufschwang. Er würde sicher darauf bestehen, mich zum Wohnheim zu begleiten – selbst wenn er mich für bescheuert hielt. Bei meinem Glück würden wir dann gewiss auf Bettina treffen, die mich die ganze Nacht mit Fragen löchern würde. Und mal ehrlich, ich hatte mein Pensum an unheimlichen Begegnungen für heute schon übererfüllt. Allein das sollte mir eine ruhige Heimfahrt garantieren.
»Ist wirklich alles in Ordnung?«, fragte Thomas angesichts meiner Sprachlosigkeit noch einmal. »Du bist doch sonst nicht so still.«
»Es ist nur das Gedränge, ich gehe nicht so oft auf Konzerte, weißt du.« Das war in meinen Augen die beste
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