Das Lied der Cheyenne
bin schwach, und es wird Zeit, dass du die Hügelleute in eine neue Zukunft führst.« Er deutete mit seinem Stock zu den fernen Hügeln. »Wenn die Sonne am längsten über den heiligen Bergen steht, werden wir uns zum Sonnentanz treffen, und du wirst tapfer sein und deine Vision suchen. Wenn du zurückkehrst, werde ich im Dorf auf der anderen Seite sein.«
»Das ist nicht wahr, Onkel!«
»Maheo will es so, mein Kind.« Sein faltiges Gesicht verzog sich zu einem Lächeln. »Und ich will es auch. Das Leben ist zu hektisch für mich geworden. Ich will in der Sonne sitzen und meinen Körper mit einer Rückenlehne stützen. Meine Knochen sind schwach, die Gedanken sind träge, und ich kann kaum noch sehen. Vor vielen Jahren habe ich die Büffel gefunden und die frohe Kunde ins Dorf gebracht. Jetzt bist du so weit. Du hast das zweite Gesicht, mein Kind. Du bist mit den Geistern im Bunde und weißt, welchen Weg unser Volk gehen muss.«
Das war eine lange Rede für den im Alltag eher wortkargen Schamanen. Büffelfrau hatte das Gefühl, dass er diese Gedanken schon seit einiger Zeit mit sich herumgetragen hatte. Sein Wissen stimmte sie traurig. Sie verehrte den alten Mann und schätzte seine große Weisheit. Es war unvorstellbar, in naher Zukunft ohne ihn auskommen zu müssen. »Ich werde deinen Namen immer ehren«, sagte sie würdevoll.
Nach dem Essen erklärte Büffelfrau ihrem Vater, dass sie an der Büffeljagd teilnehmen würde. Ihre Stimme klang fest und wie die eines Kriegers, der keinen Widerspruch duldete.
»Ich weiß«, erwiderte Büffelhöcker. Er hatte seinen Körper mit zahlreichen Symbolen bemalt und trug nur einen Lendenschurz. »Ich habe es in deinen Augen gesehen. Du hast deinen Bogen?«
»Ich trage ihn immer bei mir.«
»Das ist gut«, sagte er, »ich weiß, dass du tapfer wie ein Krieger sein wirst, wenn wir auf die Jagd gehen. Du hast uns oft genug dabei zugesehen, und du hast viele Winter geübt.« Er lächelte zufrieden und fügte ernst hinzu: »Du weißt, dass du allein sein wirst. Auf dem Kriegspfad und auf der Jagd sind wir alle gleich. Die Krieger werden dich wie eine Erwachsene behandeln, und niemand wird dir helfen, weil du eine Frau bist.«
»Ich weiß, Vater.«
»Dann ist es gut.«
Sie verbrachten den Nachmittag damit, sich auf die Büffeljagd vorzubereiten. Die Krieger überprüften ihre Waffen und suchten ihre besten Büffelpferde aus der Herde heraus. Sie wurden mit Symbolen bemalt und vor den Tipis angebunden. Die Frauen besserten die Kleidung aus und legten die Schleppbahren bereit, die sie frühmorgens an ihre Pferde binden würden. Die Kinder rannten zum Fluss und jagten unsichtbare Büffel, und sogar die Hunde spürten die Aufregung und bellten laut.
Am Abend tanzten die Krieger.
Sieht-hinter-die-Berge hielt einen weißen Büffelschädel nach Osten und betete laut. Er sprach zu den Geistern und bat um eine gute Jagd, und der Klang seiner Rassel vertrieb die bösen Geister, die aus der Erde kamen und die Hügelleute um ihre Beute bringen wollten. Das große Feuer brannte bis weit nach Mitternacht, aber die meisten Krieger legten sich früh schlafen, um am Morgen ausgeruht zu sein, und nur der Schamane blieb auf und betete immer wieder. Im Feuer sah er die schemenhafte Gestalt von Büffelfrau, die mit wehenden Zöpfen auf den Kriegspfad ritt und das Bündel mit den heiligen Pfeilen zum Himmel reckte.
Mit dem ersten Morgengrauen machten sich die Hügelleute auf den Weg. Die Krieger sprachen kaum ein Wort, als sie die Ponys losbanden und aus dem Lager ritten. Die meisten Männer waren nur mit einem Lendenschurz bekleidet. Sie hatten ihre Gesichter bemalt und hielten ihre Waffen in den Händen. Büffelhöcker, Läuft-rückwärts, Weißes Pferd und Gelber Wolf hatten Gewehre, alte Vorderlader, die man auf der Büffeljagd nur einmal benutzen konnte, weil die Zeit zum Nachladen zu knapp war, und sie trugen auch Lanzen und andere Waffen. Sie ritten im Gänsemarsch, wie es ihnen zur Gewohnheit geworden war.
In ihren Gesichtern stand die große Anspannung, aber auch die Vorfreude auf eine erfolgreiche Jagd. Besonders bei den jungen Kriegern. Bei Roter Mond und Kleiner Falke, die zum dritten Mal an einer Büffeljagd teilnahmen, bei Weißer Biber, der zum zweiten Mal dabei war, und bei Büffelfrau, die zum ersten Mal mit den Kriegern auf die Jagd zog. Sie war die einzige Frau, und alle bewunderten sie. Otterfrau und Blitzfrau, die den Männern mit den Pferden und den Schleppbahren
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