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Das Lied der Cheyenne

Das Lied der Cheyenne

Titel: Das Lied der Cheyenne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
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folgten, konnten es kaum fassen, dass ihre Freundin sich den Jägern angeschlossen hatte.
    »Sie ist anders als wir«, sagte Otterfrau.
    »Sie ist tapfer wie ein Mann«, sagte Blitzfrau.
    Die Sonne stand über den heiligen Bergen, als sie das Tal mit den Büffeln erreichten. Sie zügelten die Pferde und ließen den Anblick der gewaltigen Herde auf sich wirken. Büffelfrau bat die Geister in einem stillen Gebet, ihnen auf dieser Jagd beizustehen. Sieht-hinter-die-Berge war im Dorf geblieben und hatte versprochen, in die Schwitzhütte zu gehen und zu singen, aber er sagte, dass seine Medizin schwächer wurde, und sie wollte sich später nichts vorwerfen. Es war schwer, sich an ihre neue Rolle bei den Hügelleuten zu gewöhnen. »Maheo, beschere uns eine gute Jagd und stehe uns bei«, sagte sie laut.
    Büffelhöcker nickte zustimmend und führte den Jagdtrupp in das Tal hinab. Die Flussbiegung bildete eine natürliche Grenze für die Büffel, und sie konnten nicht entkommen. Die Krieger näherten sich der Herde gegen den Wind. Büffelfrau hielt ihren Bogen umklammert und hatte den ersten Pfeil zwischen ihre Zähne geschoben, um ihn sofort auf den Bogen spannen zu können. Sturmwind bewegte sich zielstrebig und sicher. Der Hengst schien zu wissen, dass es jetzt auch auf ihn ankam.
    Ein Schrei zerriss die Stille, und die Jagd begann. Die Krieger sprengten auseinander und stürzten sich wie Raubtiere auf die Herde. Die Büffel gerieten in Panik. Ihre Hufe trommelten über den staubigen Boden, und ihre fetten Leiber zuckten in dem Staub und der hochspritzenden Erde. Es war ein elementares Schauspiel, das die Krieger immer wieder in seinen Bann zog und sie in einen wilden Rausch versetzte. Sie verwuchsen mit ihren Pferden und schrien und jauchzten, Pfeile und Lanzen bohrten sich in die braunen Leiber. Bullen stürzten blutend in den Staub, fette Kühe schlugen wie Steine auf den Boden.
    »Houp! Houp!«, rief Büffelfrau in den Lärm. Sie lag tief auf dem Rücken ihres Ponys und galoppierte neben eine schnaubende Büffelkuh. Um sie herum war das Chaos, wallten Staub und wilde Schreie. Ihr erster Pfeil schoss über den Kopf des Tieres hinweg, der zweite blieb im Hinterteil stecken. Die Büffelkuh rannte unbeirrt weiter. Büffelfrau trieb ihr Pony mit dem ganzen Körper an, zog einen dritten Pfeil aus dem Köcher und spannte ihn auf den Bogen. »Houp! Houp!« Der wippende Kopf der fliehenden Büffelkuh war dicht neben ihr, sie hätte ihn mit dem Fuß berühren können. Sie ließ die Sehne schnellen, und der Pfeil bohrte sich durch eine Niere des schweren Tieres.
    Sie stieß einen Triumphschrei aus, als die Kuh stolperte und wie von einer schweren Axt gefällt in den Staub stürzte. »Aiee, ich habe eine Büffelkuh getötet!«, triumphierte sie laut. Sie lenkte ihr Pony aus dem Staub und beobachtete Weißer Biber, der es auf einen starken Bullen abgesehen hatte. Ho, er ist ein tapferer Krieger, dachte sie. Ihr Herz machte einen Sprung, als er mit seiner federgeschmückten Lanze ausholte und den Bullen am Hals verletzte. »Aiee!«, rief er. »Aiee! Ich töte dich, Bulle!«
    Er stieß noch einmal zu, aber diesmal verfehlte er den Bullen und verlor das Gleichgewicht. Er wurde von seinem Pony geschleudert und landete unsanft auf dem Boden. Seine Lanze war ihm entfallen und unter den Hufen der Herde verschwunden.
    »Nein!«, schrie Büffelfrau.
    Weißer Biber war nur leicht verletzt und kam sofort vom Boden hoch. Er blieb schwankend stehen und beobachtete entsetzt, wie der Bulle aus der Herde schwenkte und auf ihn zurannte, als hätte er gemerkt, dass der Krieger, der ihn töten wollte, ungeschützt auf der Prärie stand. Das mächtige Tier war schwer getroffen. Blut tropfte aus seinem Maul, und in seinen Augen wartete bereits der Tod. Aber seine Hufe trugen ihn immer noch, und er würde noch die Kraft haben, den jungen Krieger aufzuspießen und in den Boden zu rammen.
    »Auf der Büffeljagd ist jeder auf sich allein gestellt«, hatte Büffelhöcker gesagt. Büffelfrau kümmerte sich nicht um die Worte ihres Vaters, als sie ihr Pony antrieb und in Windeseile einen Pfeil auf ihren Bogen spannte. Sie dachte an den ersten magischen Augenblick in ihrem Leben, als sie einen wütenden Bullen mit der Kraft ihrer Sinne aufgehalten hatte. So erzählte man es sich bei den Hügelleuten. Damals hatten ihr die Geister geholfen, weil sie wollten, dass sie am Leben blieb und ihre Aufgabe erfüllte. Aber jetzt ging es um Weißer Biber, und wer

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