Das Lied der Cheyenne
Mond oder Kleiner Falke. Einen Hundesoldaten wie Gelber Wolf.«
»Roter Mond macht Otterfrau den Hof«, hatte ihre Mutter geantwortet, »das weißt du doch. Und Kleiner Falke habe ich mit Blitzfrau gesehen. Sie trafen sich heimlich im Wald. Ich glaube, die beiden werden bald heiraten.«
»Kleiner Falke und Blitzfrau?« Büffelhöcker sah sie verwundert an. »Die beiden sind zusammen? Das wusste ich nicht.«
Weidenfrau lächelte. »Was wissen schon Männer? Hast du nicht gemerkt, dass ich dir heiße Blicke zuwarf? Damals, als wir im Fluss um die Wette schwammen.«
»Im Fluss? Du hast erst mit mir gesprochen, als wir ins Winterlager zogen«, erwiderte Büffelhöcker erstaunt. »Ich hatte schon viele Monde lang die Flöte für dich gespielt.«
»lm Fluss habe ich mich für dich entschieden.«
»So früh?«
»Noch bevor du die Flöte gespielt hast«, gab Weidenfrau zu. »Verstehst du jetzt, was ich dir sagen will?«
Büffelhöcker drückte sie fest an sich und drängte seine Beine zwischen ihre Schenkel. Sie stöhnten beide. Büffelfrau öffnete vorsichtig die Augen und sah, wie ihr Vater ihre Mutter bestieg und sie sich wild und ungestüm vereinigten. Weidenfrau schrie, als er sich in sie ergoss, und Büffelfrau glaubte, ein leises Kichern aus der Ecke zu hören, in der Windfrau schlief. Auch Büffelfrau schmunzelte. Es war gut, wenn sich zwei Menschen so sehr mochten wie ihre Eltern. Ob sie Weißer Biber genauso hingebungsvoll lieben würde? Würde ihr Schutzgeist erlauben, dass sie heiratete und Kinder bekam wie ihre Mutter?
»Was ist mit Gelber Wolf?«, fragte Büffelhöcker später, als Weidenfrau zufrieden in seinem Arm lag.
»Gelber Wolf ist zu alt«, antwortete sie.
»Er ist ein Hundesoldat.«
»Er ist zu alt«, erwiderte Weidenfrau, »und ich habe gesehen, wie er diesem Mädchen bei den Felsenleuten schöne Augen gemacht hat. Dem Ho-he-Mädchen, das sie vor vielen Wintern gefangen genommen haben. Hast du nicht gesehen, wie sie sich beim letzten Sonnentanz angesehen haben?«
»Ich habe nichts gesehen.«
Weidenfrau verspottete ihn lachend. »Du bist blind wie ein Präriehund, wenn ein Sandsturm über der Prärie tobt. Und jetzt schlaf, ich bin müde.«
Büffelfrau dachte an die Unterhaltung, als Weißer Biber vor ihr tanzte, und war selbst nicht sicher, ob er der richtige Mann für sie war. Der Verstand sagte ihr, dass er eine Frau wie Otterfrau brauchte, die an ihre fraulichen Pflichten dachte und nicht auf die Jagd oder in den Krieg ziehen wollte. Ihr Gefühl sagte ihr, dass es nichts Schöneres gab, als von Weißer Biber in die Arme genommen und gedrückt zu werden. Ich bin anders, wenn ich ihm in die Augen sehe, dachte sie. Ich sehne mich danach, von ihm geliebt zu werden und die Worte zu hören, die mein Vater meiner Mutter sagt, wenn sie in den Fellen liegen.
Nachdem er sich erhoben hatte, verschwand Weißer Biber. So angestrengt sie auch nach ihm suchte, er blieb verschwunden. Sie hatte vorgehabt, einige Worte mit ihm zu wechseln, auch wenn sie belanglos waren, aber er ließ sich nicht mehr blicken. Irgendetwas bedrückte ihn. Einen Tag später sprach Büffelfrau mit ihrer Mutter über dieses Problem. »Weißer Biber geht mir aus dem Weg«, sagte sie, »ich dachte, er interessiert sich für mich. Er spielt auch nicht mehr auf der Flöte, wenn ich in seiner Nähe bin. Kann es sein, dass er Angst vor mir hat?«
Weidenfrau saß vor dem Tipi und schabte ein Büffelfell. Es gab viel Arbeit nach der erfolgreichen Jagd, und alle Frauen waren von morgens bis abends beschäftigt. Sie schabten Felle, kochten Fleisch und Innereien oder schnitten das Fleisch in lange Streifen und hingen es zum Trocknen auf die Gestelle vor den Zelten. »Vielleicht interessiert er sich für eine andere.«
»Niemals!«, widersprach Büffelfrau. Ihre Mutter lachte. »Ich weiß, meine Tochter. Ich habe Weißer Biber oft beobachtet und das Leuchten in seinen Augen gesehen, wenn er dich ansieht. Es ist dasselbe Leuchten, das in den Augen deines Vaters stand, als wir älter wurden und einander beim Fluss begegneten. Er liebt dich, mein Kind.«
»Er geht an mir vorbei.«
»Ich habe es gesehen«, sagte Weidenfrau, »und ich mache mir deswegen Sorgen. Er interessiert sich für dich, daran hat sich nichts geändert. Aber er hat auch großen Respekt vor dir. Du hast mehr Büffel getötet als er. Er fühlt sich schlecht, weil eine Frau ihm das Leben gerettet hat, und er möchte dir beweisen, dass er genauso tapfer ist wie Roter
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