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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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überrascht drein, als er den Beutel in der Hand wog und das erfreuliche Klacken der hölzernen Münzen darin hörte. Er zögerte kurz, dann gab er einen Grunzer von sich und steckte die Geldkatze mit einem Achselzucken ein.
    Arrick schlief immer noch, als Rojer zurückkehrte. Der Junge wusste, dass sein Meister niemals darauf kommen würde, dass die Miete beglichen worden war. Er würde dem Gasthofbesitzer geflissentlich ausweichen und sich dann selbst gratulieren, weil er es geschafft hatte, ihn um zehn Tage Miete zu prellen.
    Die wenigen noch verbliebenen Münzen ließ er in Arricks Börse. Er wollte seinem Meister erzählen, er hätte sie zwischen all dem Krempel in der Magischen Tasche gefunden. Seit das Geld bei ihnen knapp geworden war, kam so etwas höchst
selten vor, doch Arrick würde dieses unverhoffte Glück nicht anzweifeln, wenn er sah, was Rojer außerdem noch mitgebracht hatte.
    Während Arrick auf seiner Matratze lag und völlig weggetreten war, stellte er die Flasche Wein neben die Schlafstatt.

    Am nächsten Morgen stand Arrick noch vor Rojer auf und prüfte in einem zersplitterten Handspiegel seine Schminke. Er war kein junger Mann mehr, aber so alt war er auch noch nicht, dass er nicht durch die Utensilien im Schminkkästchen eines Jongleurs ein paar Jahre wegmogeln konnte. Sein langes, von der Sonne gebleichtes Haar wies zwischen den goldblonden Strähnen nur wenige graue Fäden auf, und sein brauner Bart, den er künstlich nachgedunkelt hatte, verbarg das ständig wachsende Doppelkinn. Die auf das Gesicht aufgetragene Farbe hatte nahezu die gleiche Tönung wie seine gebräunte Haut, sodass die Krähenfüße um seine blauen Augen verdeckt wurden.
    »Letzte Nacht haben wir noch mal verdammtes Glück gehabt, mein Junge«, meinte er, während er ein paar Grimassen schnitt, um sich zu überzeugen, dass die Schminke hielt. »Aber ewig können wir Keven nicht aus dem Weg gehen. Dieser haarige Dachs wird uns früher oder später erwischen, und wenn es so weit ist, möchte ich gern mehr als …«, er griff in den Beutel, holte die Münzen heraus und schleuderte sie in die Luft, »… sechs Klats mein eigen nennen.« Mit Bewegungen, die so flink waren, dass das Auge ihnen nicht folgen konnte, fing er die Holzscheiben wieder auf und fing an, mit ihnen zu jonglieren.

    »Hast du Jonglieren geübt, Junge?«, erkundigte er sich.
    Ehe Rojer zu einer Antwort ansetzen konnte, schnippte Arrick eine Münze in seine Richtung. Rojer kannte diesen Trick, doch egal, ob er darauf eingestellt war oder nicht, er verspürte einen Anflug von Angst, als er die Holzscheibe mit der linken Hand auffing und sie in die Luft warf. Weitere Münzen folgten rasch hintereinander, und er musste sich anstrengen, um sie mit der verkrüppelten Hand zu schnappen, sie sofort in die gesunde Hand zu schnellen und dann wieder in die Luft zu katapultieren.
    Während er dabei war, mit vier Münzen zu jonglieren, geriet er beinahe in Panik. Als Arrick dann noch eine fünfte hinzufügte, musste Rojer einen wilden Tanz aufführen, um keine fallen zu lassen. Arrick verzichtete darauf, ihm die sechste zuzuschnippen, sondern wartete stattdessen geduldig ab. Wie es nicht anders zu erwarten war, stolperte Rojer im nächsten Moment über seine eigenen Füße und landete umgeben von klappernden Münzen auf dem Boden.
    Rojer krümmte sich innerlich und wappnete sich für die übliche Schimpftirade seines Meisters, doch Arrick stieß lediglich einen schweren Seufzer aus. »Zieh deine Handschuhe an«, befahl er schließlich. »Wir müssen rausgehen und unsere Geldkatze füllen.«
    Der Seufzer verletzte ihn mehr als ein donnerndes Gebrüll und eine Maulschelle. Wenn Arrick wütend wurde, hieß das, dass er ihm zutraute, seine Fertigkeiten zu verbessern. Seufzen hieß, dass sein Meister ihn aufgegeben hatte.
    »Nein«, erwiderte Rojer. Das Wort war ihm herausgeschlüpft, ehe er es verhindern konnte, doch nachdem es einmal ausgesprochen war, fand der Junge, dass er richtig gehandelt hatte. Seine Weigerung vermittelte ihm ein gutes Gefühl, das genau der Empfindung glich, die ihn stets überkam, wenn er den Fiedelbogen in die verstümmelte Hand nahm.

    Arrick schnaufte durch seinen Bart, fassungslos angesichts der Kühnheit des Jungen.
    »Ich meine die Handschuhe«, erklärte Rojer und sah, wie Arricks Zorn sich in Neugier verwandelte. »Ich werde sie nie wieder tragen. Ich hasse sie.«
    Arrick blies langsam den Atem aus, entkorkte die neue Flasche Wein und

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