Das Lied der Dunkelheit
die die Menschen zu gewinnen schienen.
Mitten im Raum stand ein Sarg aus Obsidian; der Stein war grob zu der Form eines Mannes behauen worden, der einen Speer festhielt. Arlen näherte sich dem Sarg und bemerkte die Siegel an seiner Längsseite. Als er die Hände ausstreckte, um sie zu berühren, fiel ihm auf, dass seine Finger zitterten.
Er wusste, dass ihm bis zum Sonnenuntergang nicht mehr viel Zeit blieb, doch jetzt hätte er nicht umkehren können, selbst wenn alle Dämonen aus dem Horc aufstiegen, um ihn zu verfolgen. Schwer atmend trat er an das Kopfende des Sarkophags und stemmte sich dagegen. Er wollte den Deckel so beiseiteschieben, dass er auf den Boden fiel, ohne zu zerbrechen. Ihm war klar, dass er zuerst die Siegel hätte kopieren sollen, aber das hätte zu viel Zeit in Anspruch genommen. Um den Sarkophag zu öffnen, hätte er dann am nächsten Morgen wiederkommen müssen, und er konnte einfach nicht warten.
Der wuchtige Stein bewegte sich nur langsam. Während Arlen unter Aufbietung all seiner Kräfte dagegendrückte, lief sein Gesicht rot an, und die Muskeln und Sehnen an seinen Armen traten deutlich hervor. Dicht hinter ihm befand sich eine Wand, und um zusätzlich Kraft zu gewinnen, stützte er sich mit einem Fuß daran ab. Mit einem Schrei, der durch den Korridor hallte, stieß er wieder zu. Der Deckel rutschte herunter und krachte auf den Boden.
Doch Arlen kümmerte sich nicht um den Deckel, sondern starrte in das Innere des großen Sargs.
Der mit Stoffbahnen umwickelte Leichnam war überraschend gut erhalten, doch für ihn hatte Arlen nur einen flüchtigen Blick übrig. Das Einzige, was seine Aufmerksamkeit fesselte, war das Objekt in den bandagierten Händen: ein Speer aus Metall.
Ehrfürchtig befreite er die Waffe aus dem hartnäckigen Griff des Leichnams und wunderte sich über das geringe Gewicht des Speers. Er hatte eine Gesamtlänge von sieben Fuß, und der Schaft war dicker als ein Zoll. Selbst nach so langer Zeit war die Spitze immer noch scharf genug, um jemanden damit verletzen zu können. Das Metall, aus dem er bestand, kannte Arlen nicht, doch dieser Umstand interessierte ihn nicht mehr, als ihm noch etwas anderes auffiel.
Der Speer war mit Schutzzeichen bedeckt. Sie waren über die gesamte silbrig glänzende Oberfläche eingeätzt, eine Handwerkskunst von so hoher Qualität, wie man sie in seiner Zeit nicht mehr fand. Diese Technik war verloren gegangen. Und die Schutzzeichen glichen keinem der Siegel, die Arlen je gesehen hatte.
Als Arlen sich die enorme Tragweite dieser Entdeckung vergegenwärtigte, erkannte er auch, in welcher Gefahr er sich befand. Oben ging die Sonne unter. Nichts von all dem, was er hier gefunden hatte, wäre noch von Bedeutung, wenn er starb, bevor er es schaffte, diese Schätze in die Zivilisation zurückzubringen.
Hastig griff er nach der Fackel, stürmte aus der Grabkammer und rannte den Gang hinunter; als er die Treppe erreichte, nahm er mit jedem Satz drei Stufen auf einmal. Nur seinem Instinkt folgend hetzte er dann durch das Labyrinth aus Korridoren und betete, dass er sich nicht in der Richtung irrte.
Endlich sah er den Ausgang zu den halb vom Sand verschlungenen Straßen, doch kein Lichtschimmer drang durch die Öffnung. Als er das Tor erreichte, erkannte er, dass der Himmel immer noch in intensiven Farben prangte, die Sonne war gerade erst untergegangen. Sein Lagerplatz befand sich in Sichtweite, und die ersten Horclinge stiegen aus dem Boden auf.
Ohne darüber nachzudenken, was er tat, ließ Arlen die Fackel fallen und stürzte aus dem Gebäude heraus; Sandfontänen aufwirbelnd, sauste er im Zickzack um die langsam feste Gestalt annehmenden Horclinge herum.
Sanddämonen waren eng mit Felsendämonen verwandt und kleiner und behänder als diese, doch sie gehörten immer noch zu den stärksten und am besten gepanzerten Ausgeburten des Horcs. Während die Felsendämonen von großen, dunkelgrauen Körperplatten geschützt wurden, besaßen die Sanddämonen ein Kleid aus kleinen, scharfkantigen Schuppen, deren schmutzig gelbe Tönung sie mit ihrer Umgebung beinahe verschmelzen ließ; und im Gegensatz zu ihren Vettern, den Felsendämonen, die vornübergebeugt auf zwei Beinen gingen, flitzten die Sanddämonen auf allen vieren herum.
Aber ihre Gesichter ähnelten sich; mehrere Zahnreihen ragten aus den Kiefern hervor wie eine Schnauze, und die Nasenschlitze lagen weit hinten, direkt unter den großen, lidlosen Augen. Dicke, von der Stirn
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