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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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auswendig kannte und auch zu wissen glaubte, was zwischen den Zeilen stand.
    »Beim Schöpfer, Arlen«, ächzte er. »Und ob ich dich verstehe!«
    Dann weinte er.

Teil III
    Krasia
    328 Nach der Rückkehr

17
    Ruinen
    328 NR
     
     
     
    W as tust du da, Arlen?, fragte er sich, als das Licht seiner Fackel einladend über die steinernen Stufen flackerte, die hinunter ins Dunkel führten. Die Sonne stand schon tief am Himmel, und der Rückweg zu seinem Lager dauerte einige Minuten, doch die Treppe lockte ihn in einer Weise, die er sich nicht erklären konnte.
    Cob und Ragen hatten ihn eindringlich vor derlei Versuchungen gewarnt. Der Vorstellung, in solchen Ruinen Schätze zu finden, konnten manche Kuriere nicht widerstehen, und sie gingen ungeheure Risiken ein. Dieses Verhalten war leichtsinnig und dumm. Arlen wusste, dass er zu diesen unvorsichtigen Kurieren gehörte, aber es reizte ihn nun mal, die »verlorenen Punkte auf der Landkarte«, wie Fürsorger Ronnell sich auszudrücken pflegte, zu erforschen. Mit dem Geld, das er sich durch seine Arbeit als Kurier verdiente, finanzierte er diese Exkursionen, die ihn manchmal mehrere Tagesritte von der nächsten Landstraße entfernten. Doch trotz all seiner Bemühungen hatte er bis jetzt nur wertlosen Plunder entdeckt.
    Er dachte an die Bücher aus der alten Welt, die zu Staub zerbröselten, als er sie anfasste. An einer rostigen Klinge hatte er
sich einmal die Hand verletzt und der tiefe Schnitt hatte sich so stark entzündet, dass es sich anfühlte, als würde der Arm verbrennen. Als er einmal in einem Weinkeller herumstöberte, war die Decke eingebrochen; er brauchte drei Tage, um sich aus den Trümmern herauszugraben, und hatte noch nicht mal eine einzige Flasche geborgen. In Ruinen auf Schatzsuche zu gehen zahlte sich niemals aus, und er rechnete damit, dass diese Leidenschaft ihm eines Tages zum Verhängnis werden würde.
    Geh zurück, mahnte er. Iss einen Happen. Prüfe deine Schutzsiegel. Ruh dich aus.
    »Die Nacht soll dich holen!«, verfluchte Arlen sich selbst und stieg langsam die Treppe hinunter.
    Obwohl Arlen völlig bewusst war, dass er wider jede Vernunft handelte und er deshalb mit sich haderte, pochte sein Herz nun voll freudiger Erregung. Er fühlte sich frei und lebendig, und nichts, was die Freien Städte zu bieten hatten, konnte diese Stimmung in ihm erzeugen. Deshalb war er Kurier geworden.
    Am Fuß der Treppe angekommen, wischte er sich mit einem Ärmel den Schweiß von der Stirn und trank einen kleinen Schluck aus seinem Wasserschlauch. Bei der jetzt herrschenden Hitze konnte man sich nur schwer vorstellen, dass die Temperaturen in der Wüste da oben nach Sonnenuntergang bis fast auf den Gefrierpunkt sinken würden.
    Er pirschte durch einen sandigen Gang aus behauenen Steinen, und der Schein seiner Fackel tanzte über die Wände wie eine Horde Schattendämonen. Ob es hier Schattendämonen gibt?, fragte er sich. Dann hätte ich wirklich großes Pech. Er seufzte. Es gab noch so vieles, was ihm unbekannt war.
    In den vergangenen drei Jahren hatte er eine Menge gelernt; er hatte das Wissen anderer Kulturen und die Erzählungen über ihre Kämpfe mit den Horclingen in sich aufgesogen wie
ein Schwamm das Wasser. Wochenlang hatte er sich in den Angieranischen Wäldern aufgehalten und dort die Baumdämonen studiert. In Lakton bekam er Boote zu sehen, die wesentlich größer waren als die winzigen Zwei-Mann-Kanus, die man in Tibbets Bach benutzte, und seine Neugier, mehr über Wasserdämonen zu erfahren, brachte ihm eine hässliche Narbe an einem Arm ein. Er hatte noch einmal großes Glück gehabt, weil er sich mit den Füßen einen festen Stand verschaffen, an den Tentakeln des Horclings zerren und ihn aus dem Wasser ziehen konnte. Das Monstrum, das die Luft nicht vertrug, hatte ihn daraufhin losgelassen und war wieder unter die Wasseroberfläche geglitten. Ein paar Monate lang war Arlen in Lakton geblieben und hatte gelernt, wie man Wassersiegel anfertigte.
    Fort Rizon erinnerte ihn an seine alte Heimat in Tibbets Bach. Die Ansiedlung glich weniger einer Großstadt, sondern war eine Zusammenballung bäuerlicher Gemeinden, die einander halfen, um die Schäden und Verluste zu verkraften, die unweigerlich auftraten, wenn sich Horclinge an den schützenden Pfosten vorbeimogelten.
    Aber Fort Krasia, der »Wüstenspeer«, war Arlens Lieblingsort. Krasia, von scharfen Winden gepeitscht, das tagsüber in der Sonnenglut schmachtete, und wo in bitterkalten Nächten

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