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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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erlaubte.
    »Selbstverständlich, der Par’chin ist ein vielbeschäftigter Mann«, stimmte Abban zu und schnippte mit den Fingern. Rasch schleppten
die Frauen eine Auswahl an Gewürzen, Parfums, Seidenstoffen, Juwelen, Teppichen und anderen Krasianischen Erzeugnissen herbei.
    Abban prüfte die Waren von Arlens Kunden im Norden, während Arlen die Produkte begutachtete, die dagegen eingetauscht werden sollten. Der dicke Händler fand an allem etwas auszusetzen und runzelte finster die Stirn. »Du durchquerst die Wüste, nur um diesen Schund zu verkaufen?«, fragte er in angewidertem Ton, nachdem er seine Inspektion beendet hatte. »Für solch minderwertiges Zeug hat sich die Reise kaum gelohnt.«
    Arlen verkniff sich ein Grinsen, als sie dasaßen und ihnen frischer Tee gereicht wurde. Das Feilschen begann immer auf diese Art und Weise.
    »Blödsinn«, entgegnete er. »Ein Blinder könnte sehen, dass ich ein paar der erlesensten Güter mitgebracht habe, die Thesa zu bieten hat. Sie sind bei weitem hochwertiger als der Plunder, den deine Frauen mir gezeigt haben. Ich kann nur hoffen, dass du irgendwo noch etwas versteckt hast«, er befingerte einen Teppich, ein Meisterwerk der Webkunst, »denn in Ruinen habe ich verrottete Teppiche gesehen, die immer noch besser waren als dieses Stück hier.«
    »Du kränkst mich«, jammerte Abban. »Ich gewähre dir Wasser und Schatten! Womit habe ich es verdient, dass ein Gast in meinem Zelt mich so schändlich behandelt!«, lamentierte er weiter. »Meine Frauen haben Tag und Nacht am Webstuhl gearbeitet und nur die erlesenste Wolle benutzt, um dieses Teil anzufertigen! Einen besseren Teppich wirst du nirgends finden!«
    Danach drehte sich alles nur noch um das Feilschen, und Arlen hatte nicht vergessen, was er gelernt hatte, als er vor einer halben Ewigkeit den alten Rusco Vielfraß und Ragen
beim Schachern beobachten durfte. Wie immer endete auch dieses Zusammentreffen damit, dass beide Männer so taten, als hätte man sie beraubt, insgeheim jedoch der Überzeugung waren, sie hätten den anderen übervorteilt.
    »Meine Töchter packen deine Sachen ein und bewahren sie bis zu deiner Abreise auf«, erklärte Abban zum Schluss. »Möchtest du heute unser Nachtmahl mit uns teilen? Meine Frauen decken für dich eine Tafel, die sich mit nichts vergleichen lässt, was es bei euch im Norden gibt!«
    Arlen lehnte bedauernd ab. »Heute Nacht werde ich kämpfen.«
    Abban schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, du hast dich unserer Kultur zu sehr angepasst, Par’chin . Du suchst genauso den Tod wie alle anderen Krieger.«
    »Keineswegs, mein Freund. Ich will nicht sterben, und ich erwarte kein Paradies im nächsten Leben.«
    »Ach, niemand möchte in der Blüte seiner Jugend zu Everam gehen, aber dieses Schicksal ereilt diejenigen, die in den alagai’sharak ziehen. Ich kann mich noch an eine Zeit erinnern, als es hier so viele Männer gab wie Sandkörner in der Wüste, doch jetzt …« Traurig wiegte er den Kopf. »Die Stadt ist praktisch leer. Wir sehen zu, dass unsere Frauen ein Kind nach dem anderen gebären, aber nachts sterben immer noch mehr Menschen, als tagsüber zur Welt kommen. Wenn wir diesen Zustand nicht ändern, wird Krasia binnen zehn Jahren von der Wüste verschluckt werden.«
    »Was würdest du sagen, wenn ich einen Weg gefunden hätte, um diese Entwicklung aufzuhalten?«
    »Im Herzen des Sohnes von Jeph ruht die Wahrheit«, erwiderte Abban, »doch die Damaji werden nicht auf dich hören. Everam verlangt den Krieg, behaupten sie, und kein chin wird sie umstimmen.« Die Damaji waren der regierende Rat der
Stadt und setzten sich aus den ranghöchsten dama jedes der zwölf Krasianischen Stämme zusammen. Sie dienten Andrah, Everams bevorzugtem dama , dessen Wort unanfechtbar war.
    Arlen lächelte. »Ich kann die hiesigen Krieger nicht vom alagai’sharak abbringen«, meinte er, »aber ich kann ihnen helfen, ihn zu gewinnen.« Er befreite den Speer von der Umhüllung und hielt ihn Abban entgegen.
    Beim Anblick dieser herrlichen Waffe weiteten sich Abbans Augen ein wenig, doch er hob eine Hand und schüttelte den Kopf. »Ich bin ein khaffit , Par’chin . Mit meinen unreinen Fingern darf ich den Speer nicht berühren.«
    Arlen zog die Waffe wieder zurück und verbeugte sich tief, um sich zu entschuldigen. »Ich wollte dich nicht beleidigen, mein Freund.«
    »Ha!« Abban lachte. »Du bist der einzige Mann, der sich jemals vor mir verneigt hat. Selbst der Par’chin braucht keine

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