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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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Gesicht war nass. Die Nacht hatte sich herabgesenkt, und das hätte ihm Angst
machen müssen, aber ihm fehlte die Kraft, um sich zu fürchten.
    Er sah nach unten und realisierte, dass sein Gesicht am Rand des Teichs ruhte, der sich in der Oase der Morgendämmerung befand; eine Hand lag im Wasser.
    Er wusste nicht, wie er dorthin gekommen war. Das Letzte, woran er sich erinnerte … aber hier ließ ihn sein Gedächtnis im Stich. Der Marsch durch die Wüste verschwamm im Nebel seiner Gedanken, aber das kümmerte ihn nicht. Wichtig war nur, dass er es geschafft hatte. Das war das Einzige, was zählte. Umgeben von den mit Siegeln versehenen Obelisken der Oase konnte ihm nichts mehr zustoßen.
    Gierig trank Arlen aus dem Teich. Doch gleich darauf würgte er das Wasser wieder aus, weshalb er sich anschließend zwang, nur einen kleinen Schluck nach dem anderen zu nippen. Als sein Durst gestillt war, schloss er wieder die Augen, und zum ersten Mal seit über einer Woche fiel er in einen erholsamen Schlaf.
    Als er wach wurde, machte er sich über die Vorräte der Oase her. Hier lagerten nicht nur Lebensmittel, sondern auch andere wichtige Dinge wie Decken, Heilkräuter und Werkzeug, um Siegel anzufertigen. Da er zu schwach war, um auf Nahrungssuche zu gehen, schonte er sich die ersten Tage, aß von dem gedörrten Obst und Fleisch, erquickte sich mit kühlem Wasser und säuberte seine Wunden. Nach einer Weile fühlte er sich kräftig genug, um sich wenigstens frische Früchte zu besorgen. Eine Woche später mutete er sich bereits zu, mit dem Netz auf Fischfang zu gehen. Nach zwei Wochen konnte er endlich aufstehen und sich strecken, ohne dabei Schmerzen zu haben.
    Die Vorräte in der Oase reichten aus, um ihn durch die Wüste zu bringen. Wenn er die von der Sonne steinhart gebackenen
Lehmebenen verließ, wäre er vielleicht halb tot, aber er wäre auch halb lebendig.
    In den Lagern der Oase befanden sich auch ein paar Speere, doch verglichen mit der herrlichen Waffe aus Metall, die man ihm abgenommen hatte, kam ihm angespitztes Holz unzulänglich vor. Ohne Lack, um die Symbole zu härten, würden die eingeritzten Zeichen beim ersten Stoß durch die zähe, schuppige Haut eines Horclings abgeschürft werden.
    Was tun? Er kannte Siegel, die einen Dämon töten konnten, aber was nützten sie ihm ohne eine Waffe, an der er sie anbringen konnte?
    Er überlegte, ob er Steine mit den Kampfsymbolen bemalen sollte. Die konnte er dann schleudern oder vielleicht sogar mit der Hand gegen die Horclinge pressen …
    Arlen lachte. Wenn er einem Dämon so nahe kam, dann konnte er sich die Siegel auch gleich auf die Hände malen.
    Sein Lachen brach abrupt ab, als sich die Idee in seinem Kopf einnistete und er den Gedanken weiterspann. Ob so etwas funktionieren konnte? Wenn ja, dann besäße er eine Waffe, die ihm niemand stehlen konnte, kein Horcling wäre imstande, sie ihm zu entreißen oder ihn ungeschützt zu überrumpeln.
    Arlen nahm sein Notizbuch und studierte die Siegel an der Speerspitze und am Ende des Schafts. Das waren die Angriffssymbole; die Zeichen längs des Schafts dienten der Abwehr. Ihm fiel auf, dass die Siegel am Ende durch keine durchgehende Linie mit den anderen Symbolen verbunden waren, im Gegensatz zu den Zeichen längs der Speerspitze. Sie waren isoliert, wobei das gleiche Symbol sich rings um den Schaft wiederholte und auch auf dem abgeflachten Ende zu sehen war. Vielleicht bestand der Unterschied darin, dass die Zeichen an der Spitze beim Zustechen halfen, und die am Ende stumpfe Schläge unterstützten.

    Als die Sonne tiefer sank, zeichnete Arlen das Symbol für die Schläge so oft in den Sand, bis er die Linien auswendig kannte und seine Hand sicher war. Dann nahm er aus dem Kästchen mit den Werkzeugen Farbe und einen Pinsel und malte dieses Symbol mit akribischer Genauigkeit auf seine linke Handfläche. Als er damit fertig war, blies er solange darauf, bis die Farbe trocknete.
    Das Bemalen der rechten Handfläche erwies sich als schwieriger, aber aus Erfahrung wusste Arlen, dass er mit seiner linken Hand genauso gute Siegel zeichnen konnte; er musste sich nur konzentrieren, und es dauerte länger.
    Als es dunkelte, bewegte Arlen vorsichtig die Hände und überzeugte sich davon, dass die Farbschicht keine Risse bekam oder abblätterte. Zufrieden mit dem Ergebnis, stellte er sich an die Steinobelisken, die die Oase mit einem schützenden Netz umgaben; er beobachtete, wie die Horclinge um die Barriere

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