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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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natürlich Bescheid, aber Keerin gab ihnen ein Zeichen, zu schweigen und den jüngeren die Antwort zu überlassen.
    »Wir vergaßen die Magie«, piepste Gim aus dem Tal der Holzfäller und wischte sich die Nase mit dem Handrücken ab.
    »Du hast Recht!«, lobte Keerin und schnippte mit den Fingern. »Wir lernten eine Menge über die Vorgänge der Welt, über Medizin und Maschinen, aber wir verlernten die Magie. Und was noch schlimmer war, wir dachten nicht mehr an die Horclinge. Nachdem dreitausend Jahre ins Land gegangen waren, glaubte niemand mehr, dass es tatsächlich einmal Dämonen gegeben hatte.
    Und deshalb«, schloss er grimmig, »waren wir völlig unvorbereitet, als sie zurückkamen. Während die Welt sich jahrtausendelang um ihre eigenen Belange kümmerte und aufhörte, sich mit den Dämonen zu beschäftigen, hatten sich die Horclinge vermehrt. Eines Tages, vor dreihundert Jahren, stiegen sie eines Nachts in Heerscharen aus dem Horc herauf an die Oberfläche, um die Welt zurückzuerobern.
    In der ersten Nacht wurden ganze Städte zerstört, als die Horclinge ihre Rückkehr wie in einem Rausch feierten. Die Menschen wehrten sich, doch selbst die mächtigen Waffen aus dem Zeitalter der Wissenschaft konnten gegen die große Zahl der Dämonen nichts ausrichten. Das Zeitalter der Wissenschaft gelangte zu einem jähen Ende und wurde vom Zeitalter der Zerstörung abgelöst. Der Zweite Dämonenkrieg hatte begonnen.«
    Vor Arlens geistigem Auge entstand ein Bild von den entsetzlichen Vorgängen, die sich in jener Nacht abgespielt hatten. Er
sah brennende Städte, aus denen die Menschen in Panik flüchteten, nur um von den ihnen auflauernden Horclingen zerfleischt zu werden. Er sah Männer, die sich opferten, um ihren Familien die notwendige Zeit für eine Flucht zu verschaffen, er sah Frauen, die sich den tödlichen Krallen entgegenwarfen, welche nach ihren Kindern griffen. Vor allem sah er tanzende Horclinge, die in wilder Ausgelassenheit herumtobten, während das Blut von ihren Zähnen und Klauen tropfte.
    Keerin pirschte sich zu den ersten Sitzreihen vor, und die kleineren Kinder wichen furchtsam zurück. »Der Krieg dauerte ein paar Jahre, und unaufhörlich wurden die Menschen grausam abgeschlachtet. Ohne einen Anführer wie den Erlöser waren sie den Horclingen nicht gewachsen. Über Nacht gingen stolze Nationen unter, und das gesamte Wissen aus der letzten Epoche, die ein Zeitalter der Erkenntnisse gewesen war, verbrannte, als Flammendämonen ihr Unwesen trieben.
    In den kümmerlichen Resten, die von den einstmals großartigen Bibliotheken übrig geblieben waren, suchten die Gelehrten verzweifelt nach Antworten. Die alten Wissenschaften boten keine Hilfe, doch schließlich entdeckten sie nützliche Hinweise in Legenden, die man früher als fantastische Geschichten und abergläubischen Humbug abgetan hatte. Die Menschen begannen wieder, grobe Symbole in den Erdboden zu ritzen, die die Horclinge fernhalten sollten. Die altertümlichen Siegel hatten ihre Macht nicht verloren, aber die zitternden Hände, die sie zeichneten, machten oftmals Fehler, und dafür mussten die Leute bitter büßen.
    Diejenigen, die überlebten, holten andere Menschen zu sich, um sie während der langen Nächte zu schützen. Diese Männer wurden die ersten Bannzeichner, ein Berufsstand, der uns bis zum heutigen Tag beschützt.« Der Jongleur riss einen Arm hoch und deutete mit ausgestrecktem Finger auf die Menge.
»Und wenn ihr das nächste Mal einem Bannzeichner begegnet, dann bedankt euch bei ihm, weil er euch Nacht für Nacht das Leben rettet.«
    Diese Variation der Geschichte hatte Arlen noch nie gehört. Bannzeichner? In Tibbets Bach lernte jeder das Anfertigen von Schutzzeichen, sowie er nur alt genug war, mit einem Stock Striche zu malen. Viele Leute besaßen kein großes Talent dazu, aber Arlen konnte sich nicht vorstellen, dass es Menschen gab, die sich nicht die Zeit nahmen, um sich die grundlegenden Symbole zur Abwehr von Flammen-, Felsen-, Wasser-, Windund Walddämonen einzuprägen.
    »Jetzt bleiben wir innerhalb der von den Siegeln gesicherten Grenzen«, erklärte Keerin, »und überlassen es den Dämonen, sich draußen allein auszutoben. Kuriere«, fuhr er mit dramatisch erhobener Stimme und einer Geste auf Ragen fort, »die tapfersten aller Männer, reisen für uns von einer Stadt zur anderen. Sie bringen uns Neuigkeiten und begleiten Reisende sowie Wagentrecks.«
    Er stolzierte hin und her und fasste die ängstlich

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