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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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an ihren Fingern zu schnüffeln, denn sie verließ sich nicht nur auf ihre Augen, sondern auch auf Berührung und Gerüche. Ohne hinzuschauen, huschten Brunas Hände zu
den verschiedenen Taschen und sie fing an, mit Mörser und Stößel Kräuter zu vermischen.
    Unterdessen entzündete Darsy ein kleines Feuer. Dann blickte sie suchend hoch und entdeckte Leesha, die vom Bach aus zu ihr und der alten Bruna herüberstarrte. »Leesha! Bring Wasser, aber schnell!«, blaffte sie.
    Während Leesha sich beeilte, der Aufforderung nachzukommen, richtete Bruna sich aus ihrer knienden Stellung auf und schnupperte an den Kräutern, die sie zerstampfte.
    »Du dussliges Gör!«, kreischte Bruna. Leesha fuhr zusammen und glaubte, sie sei gemeint, aber Bruna schleuderte den Mörser mitsamt Stößel in Darsys Richtung; das Geschoss traf sie schwer an der Schulter, und ein Regen aus gemahlenen Kräutern ergoss sich über das verdatterte Mädchen.
    Brunas Finger flogen nur so über die einzelnen Taschen und förderten den Inhalt jeder einzelnen zutage, den sie dann eingehend beschnüffelte wie ein Tier, das Witterung aufnimmt.
    »Du hast das Stinkkraut in die Tasche gesteckt, in die der Eberwurz reingehört, und sämtliche Himmelsblüten hast du mit Bitterkraut vermischt!« Die alte Vettel hob ihren Knotenstock und zog ihn Darsy über die Schultern. »Willst du diese Leute umbringen, oder bist du zu blöd, um lesen zu lernen?«
    Leesha hatte schon ihre Mutter so toben sehen, und wenn Elona wüten konnte wie ein Horcling, dann gebärdete sich die Hexe Bruna wie die Mutter aller Dämonen. Vorsichtig rückte sie von den beiden Frauen ab, weil sie um keinen Preis deren Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollte.
    »Ich lasse mich nicht länger von dir misshandeln, du böse alte Hexe!«, schrie Darsy.
    »Dann hau doch ab!«, zeterte Bruna. »Eher würde ich jedes einzelne Siegel in diesem Ort zerstören, als dir meine Kräutertasche zu überlassen, wenn ich einmal sterbe! Unter deinen
Händen würden die Menschen genauso krepieren wie bei einem Dämonenangriff!«
    Darsy lachte höhnisch. »Du schickst mich fort?«, spottete sie. »Und wer soll dann deine Flaschen und Dreibeine schleppen, du altes Weib? Wer macht dir ein Feuer, damit du nicht frierst, bereitet dir deine Mahlzeiten zu und wischt dir die Rotze ab, wenn du einen Hustenanfall kriegst? Wer karrt deine alten Knochen durch die Gegend, wenn Nässe und Kälte deine Gelenke versteifen? Du bist auf mich angewiesen! Du brauchst mich mehr als ich dich brauche!«
    Bruna schwenkte ihren Stock, und Darsy wieselte flugs zur Seite, wobei sie über Leesha stolperte, die sich bemüht hatte, nicht bemerkt zu werden. In einem Gewirr aus Armen und Beinen stürzten die Mädchen zu Boden.
    Bruna nutzte die Gelegenheit, um abermals mit ihrem Stock auszuholen. Leesha rollte sich durch den Dreck, um den Hieben auszuweichen, aber Bruna schlug zielsicher zu. Darsy schrie vor Schmerzen und legte schützend die Arme über ihren Kopf.
    »Weg mit dir!«, brüllte Bruna. »Ich muss Kranke versorgen!«
    Darsy stieß ein Knurren aus und rappelte sich auf die Füße. Leesha fürchtete, sie könne die alte Frau schlagen, doch stattdessen rannte sie davon. Bruna schickte ihr einen Schwall derber Flüche hinterher.
    Mit angehaltenem Atem blieb Leesha auf den Knien liegen und rutschte nur Zoll für Zoll zur Seite. Gerade als sie glaubte, die Flucht könne ihr gelingen, nahm Bruna von ihr Notiz.
    »Du da, Elonas Balg!«, kreischte sie, und zeigte mit dem Knotenstock auf Leesha. »Bring das Feuer in Gang und stelle meinen Dreifuß darüber auf!«

    Danach wandte sich Bruna wieder den Verwundeten zu, und Leesha blieb gar nichts anderes übrig, als ihrem Befehl zu gehorchen.
    Während der nächsten Stunden schnauzte Bruna eine Anweisung nach der anderen, und beschimpfte Leesha, wenn sie die Instruktionen nicht hurtig genug ausführte. Das Mädchen schleppte Wasser und brachte es über dem Feuer zum Sieden, zerstampfte Kräuter, braute Tinkturen und stellte Salben her. Noch ehe sie eine Arbeit halb zu Ende gebracht hatte, wies die greise Kräutersammlerin ihr die nächste Aufgabe zu, und sie musste sich immer mehr beeilen, um die hohen Anforderungen zu erfüllen. Obendrein gab es weitere Verletzte, weil die Leute, die die Feuer bekämpften, Verbrennungen erlitten oder herabstürzende Balken ihnen die Knochen zertrümmerten. Leesha befürchtete, das halbe Dorf stünde in Flammen.
    Für einige Verwundete brühte die Alte einen

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