Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
Vom Netzwerk:
Kräutersammlerin Leeshas zerschundenen Körper untersucht und nur gelegentlich einen Grunzer von sich gegeben, als sie die Wunden mit einer Salbe bestrich und verband. Der Alten war natürlich klar, dass sie sich die meisten ihrer Verletzungen nicht auf ihrer Flucht zugezogen haben konnte. Sie hatte Leesha auch gezeigt, wie man einen sauberen Lappen zusammenrollte und in die Scheide einführte, um den Blutfluss einzudämmen, und sie ermahnt, das Tuch möglichst oft zu wechseln.
    Nun jedoch lehnte sich Bruna in ihrem Schaukelstuhl zurück, als sei nichts Außergewöhnliches geschehen; die einzigen Geräusche im Raum waren das Klappern der Stricknadeln und das Knistern des Kaminfeuers.
    »Was hast du mit dem Horcling angestellt?«, fragte Leesha, als sie die Stille nicht länger aushielt.
    »Ich habe ihn mit flüssigem Dämonenfeuer übergossen«, erklärte Bruna. »Die Herstellung ist sehr schwierig. Und überaus gefährlich. Aber das ist meines Wissens nach die einzige Möglichkeit, um einen Baumdämon aufzuhalten. Normale Flammen können ihnen nichts anhaben, aber flüssiges Dämonenfeuer brennt so heiß wie Feuerspeichel.«

    »Ich wusste nicht, dass es überhaupt etwas gibt, das einen Dämon töten kann«, staunte Leesha.
    »Wie ich dir vor Kurzem schon einmal sagte, Mädchen, bewahren Kräutersammlerinnen die Wissenschaft der alten Welt«, erwiderte Bruna. Sie räusperte sich geräuschvoll und spuckte auf den Boden. »Jedenfalls einige wenige von uns. Vielleicht bin ich sogar die Letzte, die diese verfluchte Rezeptur kennt.«
    »Warum teilst du dein Wissen denn nicht mit anderen?«, fragte Leesha. »Wir könnten uns für immer von den Dämonen befreien.«
    Die Alte lachte gackernd. »Oh nein, wenn ich die Zusammensetzung dieser Mixtur verriete, würde ich Dinge entfesseln, die zu einer Katastrophe führen könnten. Die Menschen würden dieses Wissen keineswegs nur zum Wohle der Allgemeinheit nutzen. Im Gegenteil. Mit Dämonenfeuer könnten sie das ganze Dorf abfackeln. Die Wälder niederbrennen. Außerdem wäre es kein Patentrezept, das gegen sämtliche Horclinge hilft. Selbst die stärkste Hitze vermag einen Flammendämon nur zu kitzeln, und ein Felsendämon lässt sich durch nichts aufhalten. Kein Feuer entwickelt Flammen, die bis in die Höhen reichen, in die ein Winddämon aufsteigt, und wie soll man einen See oder einen Teich in Brand setzen, um einen Wasserdämon zu töten?«
    »Trotzdem«, beharrte Leesha, »wäre dieses flüssige Feuer - richtig eingesetzt - eine wirksame Waffe. Was du heute getan hast, beweist doch, dass es etwas nützt. Du hast mir das Leben gerettet.«
    Bruna nickte. »Wir hüten das Wissen der alten Welt bis zu dem Tag, an dem es wieder gebraucht wird. Aber dieses Wissen muss mit größter Verantwortung gewahrt werden. Wenn die Geschichten über die Kriege, die die Menschen früher führten,
uns etwas gelehrt haben, dann ist es die Erkenntnis, dass man den Menschen die Geheimnisse des Feuers nicht anvertrauen darf. Aus diesem Grund sind ausschließlich Frauen Kräutersammlerinnen«, fuhr sie fort. »Männer können nicht über eine so große Macht verfügen, ohne sie auch zu gebrauchen. Ich verkaufe Zündhölzer und Knallfrösche für Festlichkeiten an unseren guten Tavernenwirt Smitt, und dafür lasse ich ihn teuer bezahlen. Aber niemals würde ich ihm verraten, wie man solche Sachen herstellt.«
    »Darsy ist eine Frau«, wandte Leesha ein. »Die hast du auch nicht in die Geheimnisse eingeweiht.«
    Bruna schnaubte verächtlich durch die Nase. »Selbst wenn diese dumme Gans schlau genug wäre, um die Chemikalien zu mischen, ohne sich selbst in Brand zu setzen, würde ich ihr nichts sagen. Denn in ihrer Denkweise gleicht sie einem Mann. Ihr würde ich genauso wenig beibringen, wie man Dämonenfeuer oder Zündpulver anfertigt, wie ich es Steave zeigen würde.«
    Die Erwähnung von Steave ließ das Mädchen erschauern. »Morgen werden sie hier auftauchen und mich zurückholen wollen«, meinte sie.
    Bruna deutete auf Leeshas Tee, der mittlerweile abgekühlt war. »Trink das aus«, befahl sie. »Mit diesem Problem befassen wir uns, wenn es so weit ist.«
    Fügsam leerte das Mädchen den Becher und bemerkte noch, dass das Gebräu nach Bitterkraut und Himmelsblüten schmeckte, ehe ihr schwindelig wurde; nur noch verschwommen bekam sie mit, wie ihr der Becher aus der Hand fiel.

    Als Leesha am nächsten Morgen aufwachte, fühlte sie sich wie zerschlagen. Bruna gab Bocksteifwurzel in ihren

Weitere Kostenlose Bücher