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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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Tee, um die durch die Schläge verursachten Schmerzen sowie die Bauchkrämpfe zu lindern, aber diese Beimischung verwirrte ihre Sinne. Plötzlich glaubte sie, sie würde über der Pritsche schweben, auf der sie lag, obwohl ihre Gliedmaßen schwer wie Blei waren.
    Kurz nach Sonnenaufgang erschien Erny. Beim Anblick seiner Tochter brach er in Tränen aus, fiel neben der Pritsche auf die Knie und schloss sie fest in seine Arme. »Ich dachte schon, ich hätte dich verloren«, schluchzte er.
    Mit einer matten Bewegung streckte Leesha die Hand aus und strich mit den Fingern durch sein schütteres Haar. »Es war nicht deine Schuld«, flüsterte sie.
    »Ich hätte mich schon vor langer Zeit gegen deine Mutter wehren müssen«, bekannte er.
    »Da sagst du etwas Wahres«, knurrte Bruna, ohne von ihrer Strickarbeit aufzusehen. »Kein Mann sollte sich von seiner Frau so demütigen lassen.«
    Erny nickte, ohne etwas darauf zu erwidern. Sein Gesicht verzog sich, und hinter seiner Brille quollen noch mehr Tränen hervor.
    Jemand polterte laut gegen die Tür. Bruna warf Erny einen Blick zu; der ging hin und machte auf.
    »Ist sie hier?« Als Leesha die keifende Stimme ihrer Mutter hörte, bekam sie gleich wieder Bauchkrämpfe. Sie fühlte sich zu schwach, um Widerstand zu leisten. Ihr fehlte sogar die Kraft, um von ihrem Lager aufzustehen.
    Im nächsten Moment rauschte Elona herein; Gared und Steave folgten ihr auf dem Fuß wie zwei Jagdhunde.
    »Da bist du ja, du nichtsnutziges Luder!«, schrie Elona. »Weißt du überhaupt, welche Angst ich um dich hatte, als du
einfach so in die Nacht hinausgerannt bist? Wir haben das halbe Dorf alarmiert, um dich zu suchen! Ich sollte dich windelweich prügeln!«
    »Hier wird niemand geprügelt, Elona!«, fiel Erny ihr ins Wort. »Du selbst hast die Situation doch heraufbeschworen. Wenn jemand daran schuld ist, dass Leesha von zu Hause weggelaufen ist, dann bist du es!«
    »Halt den Mund, Erny!«, fauchte Elona. »Dieses Balg ist ja nur so eigensinnig, weil du sie verzogen hast. Du hättest viel strenger mit ihr sein müssen.«
    »Von dir lasse ich mir nicht mehr den Mund verbieten«, entgegnete Erny und baute sich vor seiner Frau auf.
    »Oh doch, du wirst die Klappe halten, wenn du weißt, was gut für dich ist«, brummte Steave und hob die geballte Faust.
    Erny sah ihn an und schluckte hart. »Du kannst mich nicht einschüchtern«, erwiderte er, aber es kam wie ein Quieken heraus und wirkte nicht überzeugend. Gared lachte höhnisch.
    Steave packte Erny am Hemd, hob ihn mit einer Hand mühelos vom Boden hoch und tat so, als wolle er zu einem Faustschlag ausholen.
    »Hör auf, dich wie ein Idiot aufzuführen«, blaffte Elona Erny an. Dann wandte sie sich an Leesha: »Und dich nehmen wir jetzt mit nach Hause.«
    »Das Mädchen bleibt hier«, erklärte Bruna. Sie legte ihr Strickzeug zur Seite, stützte sich auf ihren Stock und hievte sich schwerfällig auf die Füße. »Aber ihr anderen macht, dass ihr von hier verschwindet! Bis auf Erny, der darf bleiben.«
    »Sei still, du alte Hexe«, schnaubte Elona verächtlich. »Ich lasse nicht zu, dass du das Leben meiner Tochter ruinierst, so wie du meines zerstört hast.«

    Bruna zog verächtlich die Nase hoch. »Habe ich dir gewaltsam Pomeranzentee eingeflößt und dich gezwungen, für jeden Kerl in der Stadt die Beine breit zu machen? Dein Problem hast du dir selbst zuzuschreiben. Und jetzt raus hier, sonst …«
    Elona baute sich provozierend vor der Greisin auf. »Sonst passiert was?«, höhnte sie. »Du altes Weib willst uns drohen?«
    Bruna entblößte in einem Lächeln ihren zahnlosen Gaumen und rammte ihren Stock in Elonas Fuß, die vor Schmerz und Überraschung laut aufschrie. Der nächste Hieb traf Elona in den Bauch; die jüngere Frau kippte vornüber und rang nach Luft.
    »Was fällt dir ein, du greiser Krüppel!«, brüllte Steave. Er schleuderte den armen Erny durch das halbe Zimmer, und zusammen mit Gared stürzte er sich auf Bruna.
    Die schien genauso wenig Angst zu verspüren wie bei der Attacke des Baumdämons. Sie fasste in ihr Umschlagtuch, holte eine Handvoll von irgendeinem Pulver heraus und blies es den beiden Männern ins Gesicht.
    Gared und Steave fielen zu Boden, pressten sich die Hände auf die Augen und schrien.
    »Ich hab noch mehr von dem Pulver, Elona«, warnte die Alte. »Lieber mache ich euch alle blind, als dass ich mich in meinem eigenen Haus von euch herumkommandieren lasse.«
    Auf allen vieren krabbelte Elona zur

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