Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition)
abgenutzt. Ich dachte, dass du vielleicht eines aus Holz fertigen könntest. Grischa, so heißt du doch, nicht wahr? « , fügte sie hinzu. Sie schlug vor, es aus geschliffenen und lackierten Brettern zu zimmern, um das Polster würde sie sich dann selbst kümmern.
» Ja, gnädige Frau « , sagte er und verbeugte sich. Da bemerkte er, dass sie schwanger war. Ob sie sich tatsächlich an seinen Namen erinnerte, oder hatte sie einen der Bediensteten gefragt?, dachte er. » Haben Sie an ein bestimmtes Holz gedacht? «
» Nein, du weißt am besten, welches sich für diesen Zweck eignet. « Sie ließ den Blick über die fertigen Fässer schweifen, bückte sich und nahm ein Brett in die Hand und roch daran. » Ich mag den Geruch in dieser Werkstatt. « Sie legte das Holzbrett wieder hin und lachte. Grischa fühlte einen seltsamen Anflug von Zufriedenheit, auch wenn ihre Freundlichkeit – danach zu urteilen, wie sie unbewusst eine Hand auf der Rundung unter ihrem weiten, fließenden Rock ruhen ließ – wahrscheinlich dem Kind geschuldet war, das sie unter dem Herzen trug.
Er fertigte das kleine Bettgestell und ließ es ins Gutshaus bringen, ohne damit zu rechnen, sie bald wiederzusehen. Doch eine Woche danach kam sie erneut in seine Werkstatt. » Ich bin gekommen, um dir zu sagen, wie sehr Tinka ihr kleines Bett liebt « , sagte sie, während sie den Hund an sich drückte. » Stimmt doch, nicht wahr, Tinka? « Sie küsste ihn auf die Nase. » Danke, Grischa, du hast wirklich großes handwerkliches Geschick. « Sie hob den Blick und sah ihn an.
» Es war mir eine Ehre, Gräfin Mitlowskaja « , antwortete er und verbeugte sich.
Aber sie ging noch nicht sofort, sondern sah sich in der Küferei um, berührte verschiedene Bretter und Werkzeuge, als hätte sie nichts Besseres zu tun. » Gehört das dir? «
Grischa verfluchte sich für seinen Leichtsinn, das Buch offen herumliegen zu lassen. Dachte sie jetzt vielleicht, dass er las, statt zu arbeiten, und würde ihn bestrafen lassen? » Ja. Ich lese, während ich mein Mittagsbrot esse. «
» Lesen viele der Leibeigenen auf Angelkow? « , fragte sie und sah ihn überrascht an.
» Ich bin kein Leibeigener, gnädige Frau. Ich bin ein freier Mann. «
» Ich habe Der Postmeister letztes Jahr gelesen « , fuhr sie fort. » Die Novelle ist sehr traurig, findest du nicht auch? Aber ich bin froh, dass Dunja ihrem Vater die Stirn bietet und mit dem Mann, den sie liebt, flieht. « Erschrocken schlug sie die Hand vor den Mund. » Tut mir leid. Habe ich dir jetzt zu viel verraten? «
Grischa schüttelte den Kopf. » Ich kenne die Novelle bereits « , sagte er. » Ich habe alle Werke von Puschkin mindestens zweimal gelesen. «
» Mir gefällt die Vorstellung, dass er viele seiner Bücher hier, in unserer Provinz, geschrieben hat, nachdem er Sankt Petersburg verlassen musste. Ich habe unser jüngstes Fohlen nach ihr benannt – Dunja, das Mädchen aus der Novelle, meine ich. Du liest also gern? «
» Ja, gnädige Frau. «
» Die Bibliothek von Angelkow ist leider nicht besonders gut bestückt. Aber ich gebe mir Mühe, die Regale allmählich zu füllen. Ich habe einen großen Teil meiner Bücher von zu Hause mitgebracht, und wann immer wir in die Stadt fahren, kaufe ich neue. «
» Oh … « , murmelte Grischa höflich. Die Gräfin machte ihn seltsam nervös, wie sie so freundlich mit ihm plauderte. Er hoffte, Mitlowski würde nicht nach seiner Frau suchen und hier auftauchen.
Sie drehte sich um und wandte sich zum Gehen. » Auf Wiedersehen « , sagt sie, » und nochmals danke. « Als sie hinausging, verfing sich das Sonnenlicht in ihrem kunstvoll hochgesteckten blonden Haar, und unwillkürlich musste er daran denken, was für ein ungleiches Paar sie und der Graf abgaben. Er versuchte, sie sich so unbeschwert lachend mit dem alten Mann vorzustellen.
Und im gleichen Moment erkannte er, dass es tatsächlich nichts auf der Welt gab, was man sich nicht mit Geld kaufen konnte.
Das nächste Mal sah er sie kurz nach der Geburt des Mitlowski’schen Erben.
Die junge Mutter spazierte über den Hof, gefolgt von der Kinderfrau mit dem dick eingemummten Baby. Die Gräfin wollte im Stall ein frisch geborenes Fohlen bestaunen. Sie besah sich das schwarze Araberfohlen mit seinen langen, staksigen Beinen, lächelte und schnalzte sanft mit der Zunge, doch als sie sich zum Gehen wandte, nahm sie nicht den Hauptausgang, sondern trat durch die Hintertür in einen der Innenhöfe, wo die Prügelbank
Weitere Kostenlose Bücher