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Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition)

Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition)

Titel: Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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nicht, Gräfin « , erwidert Pawel. » Aber jetzt ist es wieder gut. Ich sorge dafür, dass er sich nicht wieder aufregt. «
    » Kommen Sie mit « , sagt Grischa und fasst Antonina am Arm. Er bringt sie zu ihrem Zimmer. Sie zittert heftig, und Grischa führt sie zu dem Sessel beim Kamin. Er schenkt ihr ein Glas Wasser ein, aber als er es ihr reichen will, schüttelt sie den Kopf.
    » Wodka « , sagt sie. » Im Kleiderschrank. «
    Grischas dunkles, gewelltes Haar steht ihm widerspenstig vom Kopf ab, seine Wangen sind von dem Handgemenge mit Konstantin gerötet. Einen Moment lässt er den Blick auf ihrer geschwollenen, aufgesprungenen Lippe verweilen, bevor er die Doppeltür ihres geräumigen Schranks öffnet. Ratlos betrachtet er die zahllosen Kleider.
    » Weiter hinten im Regal « , sagt sie. » Hinter den Kleidern. «
    Er tut, wie ihm geheißen, und schenkt ihr ein Glas voll ein.
    » Nimm dir auch eines « , sagt sie, aber er lehnt ab. » Was sollen wir nur mit ihm machen, Grischa? «
    » Ich lasse nach dem Doktor schicken. « Aber er zögert noch. » Gräfin, es tut mir furchtbar leid, was in letzter Zeit alles geschehen ist. «
    » Du kannst ja nichts dafür. « Vorsichtig, weil der Alkohol auf ihrer wunden Lippe brennt, nippt sie an ihrem Wodka. » Ich bin froh, dass ich mich auf dich verlassen kann. « Sie nimmt noch einen Schluck. » Er hat gesagt, er hat Pawel entlassen. Sag Pawel, dass er natürlich bleiben kann. «
    Lilja erscheint in der Türöffnung. Als sie Grischa in Antoninas Schlafzimmer erblickt, erscheint ein gekränkter Zug um ihren Mund. » Ich habe es gerade erst gehört, gnädige Frau « , sagt sie. » Ich war im Treibhaus, um ein paar Rosen für Sie abzuschneiden. Geht es Ihnen gut? «
    » Ja « , antwortet Antonina. » Würdest du das bitte aufwischen? Die ausgeschüttete Tinte dort auf dem Läufer … Aber nimm zuerst Tinka mit hinaus und geh ein paar Schritte mit ihr. Sie ist völlig verängstigt. «
    Lilja hebt das zitternde Hündchen hoch und verlässt mit ihm das Zimmer, nicht ohne dem Verwalter einen Blick zuzuwerfen.
    » Danke, Grischa, du kannst gehen « , sagt Antonina zu ihm. » Ich komme jetzt allein zurecht. « Sie leert ihren Wodka.
    Grischa macht einen Schritt vor, bückt sich nach einem kleinen Gegenstand, der neben den Papieren auf dem Boden liegt. » Gnädige Frau? « Er steht da und hält die Putte hoch. Sie hat jetzt nur noch einen Flügel.
    In dem ganzen Chaos hat sie den Engel vergessen. Sie stellt das leere Glas ab und ergreift ihn. » Jetzt ist der Engel doch beschädigt « , sagt sie, und schon schießen ihr wieder Tränen in die Augen. «
    » Den Flügel kann man wieder ankleben, gnädige Frau. « Seine Stimme klingt tröstend, und plötzlich hat Antonina das Bedürfnis, ihre Wange in seine ausgestreckte Hand zu schmiegen. Sie kennt Grischa, seit sie nach Angelkow gekommen ist. Grischa ist zuverlässig und ein überaus tüchtiger Verwalter. Aber als sie jetzt vor ihm steht und ihn ansieht, erkennt sie etwas in seinen dunklen Augen, was sie noch nie an ihm wahrgenommen hat. Als empfände er einen Schmerz. Wegen ihr?
    » Grischa « , sagt sie und gibt ihm den Engel zurück.
    Er wartet, dass sie weiterspricht.
    » Grischa « , sagt sie erneut.
    Und diesmal antwortet er sanft: » Ja, gnädige Frau? «
    » Ich habe keine Ahnung, wie es weitergehen soll. «
    Er streicht mit dem Finger über die Putte. » Ich weiß, gnädige Frau. «
    » Wirst du mir helfen? Du kümmerst dich bereits um alles, was das Gut betrifft. Aber Konstantin … « Sie berührt mit ihren zitternden Fingern ihre Stirn. » Die Ungewissheit wegen Mischa. Ich weiß nicht, wer sonst … «
    Grischa macht einen Schritt auf sie zu und legt ihr die Hand auf die Schulter.
    Im selben Moment kommt Lilja mit Tinka zur Tür herein. Sie räuspert sich vernehmlich.
    Grischa zieht seine Hand zurück. » Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, Gräfin Mitlowskaja. « Er verbeugt sich und geht hinaus.
    Antonina blickt ihm nach, betrachtet seinen Rücken, seine breiten Schultern.
    Und Lilja beobachtet ihre Herrin.

ZWANZIG
    A ls er 1844 in Moskau eintraf, war Grischa ein anderer als der Junge, als der er Tschita verlassen hatte. Er war fast zwei Jahre älter und gestattete sich weder Selbstmitleid noch wehmütige Gefühle.
    Er hatte seine Lektion gelernt. Wenn einmal die schlimmsten Albträume wahr geworden waren und man sie überlebt hatte, gab es nichts mehr, wovor man sich fürchten musste. Er hatte vor nichts und

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