Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition)
hatte.
Ihr Vater sah sie seufzend an und nickte dann. » Na gut, aber nur, wenn du dafür sorgst, dass er in den Stallungen bleibt. «
Antonina runzelte die Stirn. » Er ist doch noch ein Welpe und viel zu klein, um ihn allein zu lassen, Papa. Er wird sich fürchten. Außerdem könnte ein Pferd auf ihn treten. Bitte, Papotschka, lass ihn mich bei mir behalten, bis er älter ist. «
Sesja näherte sich kläffend dem größten der Windhunde. Der ließ ein warnendes Knurren vernehmen, und sofort legte sich Sesja winselnd auf den Rücken.
» Siehst du? « , fragte der Prinz. » Er ist ein kriecherischer Leibeigenenköter, dieser kleine Laika. In ihm steckt kein Kampfgeist, kein Mut. Er ist nicht dazu geboren, ein Gutshund zu sein. «
Antonina hob ihn schnell hoch, worauf Sesja jaulend protestierte. » Ich werde ihn von deinen Hunden fernhalten, versprochen, Papa. «
Doch der Prinz gab nicht nach. » Nein. Dieses ewige Gebell wird uns allen auf die Nerven gehen. Er ist ein Tier, das es gewohnt ist, draußen zu sein. Bring ihn zu Borja in den Stall. Dort kannst du ihn nach Lust und Laune besuchen. Das ist mein letztes Wort, Antonina. «
Er setzte sich wieder in seinen Sessel, nahm sein Buch auf, während seine Windhunde unbeweglich, aber weiterhin wachsam, dalagen. Von draußen hörte man, wie der Wind an den Zweigen der Bäume riss.
Antonina wusste, dass nichts mehr zu machen war, ihr Vater würde sich nicht umstimmen lassen. Also brachte sie Sesja zu Borja, der sie missmutig ansah, als sie ihm sagte, er müsse sich um den Welpen kümmern.
» Bitte fege den letzten Ständer am Ende der Stallgasse aus und leg frisches Stroh für ihn hinein « , sagte sie. » Und eine Pferdedecke. Ich werde jeden Tag kommen, um ihn zu füttern und mit ihm zu spielen, Borja. Das Einzige, worum ich dich bitte, ist, dafür zu sorgen, dass die Boxentür immer geschlossen ist, sodass er nicht zu den Pferden entwischen kann und Gefahr läuft, niedergetrampelt zu werden oder gar in den Hof zu rennen. Und bitte halte ihn von den Wachhunden fern.«
Borja nickte. Antonina wartete, bis er das schmutzige Stroh entfernt und durch frisches, würzig duftendes ersetzt hatte. Dann bereitete sie in einer Ecke der Pferdebox ein warmes, trockenes Bett für Sesja, damit er es trotz der hohen Decke und der dichten Tür, die ihm die Sicht raubte, gemütlich hatte.
Vier Tage später lief Antonina in den Stall, um mit Sesja zu spielen, so wie sie es seit seiner Ankunft jeden Tag gehalten hatte. Die Boxentür stand offen.
» Wo ist er, Borja? « , fragte sie den Stallmeister, der am anderen Ende der Stallgasse ein Pferd striegelte. » Wo ist Sesja? «
Borja sah sie nicht an und hörte nicht auf, rhythmisch die Flanke des Pferds zu bürsten. » Tut mir leid, Prinzessin. « Er runzelte die Stirn und striegelte noch inbrünstiger. » Ich habe ja versucht, auf ihn aufzupassen. Aber er ist ein Welpe. Er hat einfach nicht aufgehört, zu bellen und zu winseln. Es war nicht zu ertragen. Da habe ich ihn rausgelassen – nur ein paar Minuten –, ich dachte, er würde sich beruhigen, wenn er in meiner Nähe ist. Aber irgendwie ist er in den Hof hinausgeschlüpft und … « Er unterbrach sich, um die Kardätsche gegen eine mit längeren Borsten auszutauschen, dann fing er an, die Mähne zu bearbeiten.
Antonina stand reglos da. » Und dann, Borja? «
Endlich sah er sie an. » Es war einer der Wachhunde, Prinzessin. Der Welpe war wirklich lästig. Der Elsässer hatte keine Geduld und … « Er wandte sich wieder ab. » Hat ihn an der Kehle gepackt. Es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, der Kleine musste kein bisschen leiden. «
Antonina streckte die Hand aus, um sich an der Mauer festzuhalten. » Ist er tot, Borja? Ist Sesja tot? « Sie hatte die Stimme zu einem Flüstern gesenkt.
Borja nickte. » Tut mir leid, Prinzessin. Ich habe wirklich getan, was ich konnte, aber es ist schließlich nicht meine Aufgabe, auf einen Laika-Welpen aufzupassen. «
Antonina weinte. » Wo ist er? Wo hast du ihn beerdigt? «
Borja schüttelte den Kopf. » Beerdigt? Es war ein Hund, Prinzessin, kein Kind. «
» Aber … was hast du mit ihm gemacht? «
Eine Weile antwortete Borja nicht. Schließlich sagte er: » Prinzessin Olonowa, wenn ein Tier stirbt, verbrennen wir den Kadaver. Das wissen Sie doch. «
Antonina schlug sich die Hände vor den Mund. Sie drehte sich um und rannte ins Haus. Ihr Vater befand sich auf der vorderen Veranda und knöpfte sich den Mantel zu. Der
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