Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition)
ich es Ihnen und Grischa wird mit Ihnen reiten, um meinen Sohn zurückzuholen. Bitte, oh bitte. « Sie weint jetzt, wendet sich an den einen, dann wieder an den anderen, zupft sie am Ärmel, an den Jacken, ergreift ihre Hände. » Bitte! « , ruft sie abermals aus.
Lew schaut zwischen Grischa und Antonina hin und her. » Ja. Es geht um mehr Geld. Sobald sie die geforderte Summe haben, werden sie das Kind zurückgeben. Das, was ich Ihnen gebracht habe, beweist, dass er noch am Leben ist « , sagt der Mann, den Grischa mit Lew angesprochen hat.
» Was hat er gebracht, Grischa? «
» Ich werde es Ihnen zeigen, gnädige Frau, aber bitte, beruhigen Sie sich erst. Lassen Sie uns ins Haus gehen, dort gebe ich es Ihnen. «
» Nein, zeig es mir hier « , sagt Antonina. » Gib es mir, Grischa. «
Grischa fährt mit der Hand unter seine Tunika und zieht ein gefaltetes Blatt heraus. Er reicht es Antonina. Sie starrt die Noten an, die auf die Vorderseite gemalt sind, und dreht dann das Blatt um, um die kurze Nachricht auf der Rückseite zu lesen. Dann sinkt sie auf dem aufgeweichten Boden auf die Knie und küsst immer wieder das zerknitterte Blatt, während sie mit dem Oberkörper vor- und zurückschaukelt und das Blatt an die Brust drückt. Dazu bewegt sie die Lippen; sie betet. Tränen rinnen ihr über die Wangen, bis sie sich schließlich beruhigt. » Er lebt « , sagt sie flüsternd. » Mein Mischa lebt. «
Lilja hilft ihr aufzustehen.
Antonina nimmt einen tiefen Atemzug und wischt sich die Wangen ab. Sie strafft die Schultern und richtet den Blick erneut auf den Mann namens Lew. » Sagen Sie mir, woher Sie das haben. « Sie hält das Blatt hoch. » Sagen Sie es mir auf der Stelle. «
Lilja bemerkt das alt vertraute Blitzen in Antoninas Augen, einen Ausdruck, den sie schon lange nicht mehr bei ihr wahrgenommen hat. Ihre Stimme ist wieder die der Gräfin, nicht der gebrochenen, gramgebeugten Frau. So, wie sie jetzt dasteht, wirkt sie sogar größer.
Lew wirft Grischa einen flüchtigen Blick zu. » Gräfin, ich habe nichts mit der Sache zu tun. Ich bin nur ein Bote « , wiederholt er. » Ich bekomme meine Anweisungen schriftlich. Ich habe diese Leute noch nie gesehen. «
» Ich glaube Ihnen nicht. Grischa, glaubst du diesem Mann? Und wer ist er eigentlich? Woher kommt er? «
In der einsetzenden Stille krächzt eine Krähe, die auf einem Lindenzweig hockt. » Wir haben im Grunde keine andere Wahl als zu tun, was er verlangt, gnädige Frau « , sagt Grischa. » Wir werden ihm das Geld geben müssen. Und ich werde ihn nicht gehen lassen, ehe ich dafür gesorgt habe, dass er uns alles sagt, was er weiß. Dass er die Wahrheit spricht. Und, sagst du die Wahrheit? « , fragt Grischa und stößt den Fremden mit der flachen Hand gegen die Brust.
Lew stürzt, fällt rücklings in den Matsch, sieht gekränkt aus, aber auch trotzig.
» Ich werde ihn schon dazu bringen, den Mund aufzumachen. « Grischa drückt ihn mit dem Fuß flach auf den Boden.
Lew liegt mit Grischas Fuß auf der Brust im Matsch und starrt mit schmalen Augen zu Grischa hoch. Schließlich zerrt Grischa ihn am Arm auf die Füße. » Keine Sorge, gnädige Frau, wenn er mehr weiß, werde ich es aus ihm herausprügeln. «
» Was ist mit dem Geld? « , will Lew wissen. Der Mann ist kein bisschen eingeschüchtert.
» Wie viel verlangen sie diesmal? « , fragt Antonina ihn.
» Das Gleiche wie beim ersten Mal, Gräfin « , antwortet er nach kurzem Zögern.
» Und wann werden sie meinen Sohn zurückgeben? «
Lew zuckt die Achseln. » Wie gesagt, ich bin nur der Bote. « Sein Ton ist merkwürdig gelassen, trotz Grischas Drohung.
Dieser zerrt ihn in Richtung Stall. Er blickt über die Schulter zu Antonina. » Gehen Sie wieder ins Haus, gnädige Frau. Ich werde ihn auspeitschen lassen, bis er mir sagt, was er weiß, und Ihnen dann berichten. «
Mischas Nachricht an die Brust gepresst geht Antonina festen Schritts und zielstrebig ins Haus zurück und betritt Konstantins Arbeitszimmer. Sie zieht die Geldschatulle hervor und öffnet sie mit dem Schlüssel. Wahllos nimmt sie ein Bündel Rubel heraus, sieht – ohne sich weiter Gedanken darüber zu machen –, dass die Schatulle fast leer ist. Sie wickelt die Geldscheine in ihr Taschentuch und reicht es Lilja, die damit in den Stall hinauseilt.
Lilja übergibt das Bündel Grischa. Lew lehnt ihm gegenüber an eine Mauer.
» Lass uns allein, Lilja « , sagt Grischa, und die Frau geht wieder hinaus.
Als Lew unerwartet
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