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Das Lied der Luege

Das Lied der Luege

Titel: Das Lied der Luege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Martin
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plötzlich Sebastian Eathorne auf. »Ich habe das Gefühl, die Viscountess von Tredary möchte nicht länger in Ihrer Gegenwart verweilen.«
    Erleichtert stieß Lavinia die Luft aus. Sie wusste nicht, wie lange Eathorne ihr Gespräch bereits belauscht hatte, trotzdem erschien er ihr wie ein rettender Engel. Zwischen ihr und Polkinghorn waren keine verräterischen Worte gefallen, jedenfalls nicht von ihrer Seite.
    Eathorne baute sich vor Polkinghorn auf. Er überragte den jüngeren Mann fast um einen Kopf. Polkinghorn zuckte mit den Schultern und steckte die Hände in die Hosentaschen.
    »Ich glaube, ich muss jetzt gehen. Danke für unser nettes Gespräch.« Spöttisch verbeugte er sich vor Lavinia. »Wir werden es zu gegebener Zeit fortsetzen, Mylady.«
    Zitternd, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, blieb Lavinia ans Geländer gelehnt stehen, als Polkinghorn die Treppe hinunterlief. Nachdem er außer Sicht war, wandte sie sich Sebastian Eathorne zu.
    »Danke, Mr. Eathorne. Ich habe keine Ahnung, was dieser Mann von mir wollte.«
    Aufgrund der Dunkelheit konnte Lavinia Eathornes Gesicht nur undeutlich erkennen, seine Stimme klang jedoch desinteressiert, als er sagte: »Ich war auf der Suche nach dem Badezimmer, als ich Ihre Stimmen hörte. Sie, Mylady, klangen, als würden Sie sich gerne von der Anwesenheit dieses Herrn befreien.«
    Lavinia fiel auf, wie gewählt Eathorne sich ausdrückte, aber es gefiel ihr. Seit der Jahrhundertwende war der Umgangston weniger konventionell und leichter geworden, Lavinia jedoch mochte, wenn ein Mann einer Frau gegenüber in angemessener Art und Weise sprach. Sie vermutete, Eathorne stamme aus einer guten alten Familie, umso mehr interessierte es sie, was ihn hierher nach Cornwall verschlagen hatte.
    »Sie dürfen nicht glauben, was Polkinghorn gesagt hat«, sagte sie, er unterbrach sie jedoch mit einer Handbewegung.
    »Ich habe nur Ihren letzten Satz verstanden. Außerdem gehen mich Ihre Familienverhältnisse nichts an, Mylady.« Er verbeugte sich. »Es ist spät und Zeit für mich, mich zu verabschieden. Ich habe noch einen weiten Weg bis Lostwithiel vor mir.«
    »Sie können gerne auf Sumerhays übernachten«, rief Lavinia spontan. »Die Gästezimmer sind jederzeit bereit …«
    »Das ist sehr freundlich, aber danke nein.« Zum ersten Mal an diesem Abend zeigte Eathorne die Andeutung eines Lächelns. »Ladbrooke House habe ich gewählt, weil ich meine Ruhe möchte. Ich danke Ihnen, Mylady, für die freundliche Einladung, der ich gerne gefolgt bin, aber nun muss ich mich verabschieden.«
    Das ist schade, dachte Lavinia und konnte gerade noch verhindern, dass ihr diese Worte über die Zunge kamen. Ihr Interesse an Sebastian Eathorne stieg, sie hätte gerne mehr von ihm erfahren.
    »An Silvester werden wir einen kleinen Empfang geben«, sagte sie hastig. Der Gedanke war ihr eben ganz spontan gekommen, weder Zenobia noch Edward wussten etwas davon. »Ganz zwanglos, nur im Kreis von ein paar Freunden. Möchten Sie vielleicht kommen?«
    Eathorne zog überrascht die Augenbrauen hoch.
    »Ich ahnte nicht, dass ich nach der kurzen Zeit, in der wir uns kennen, mich bereits zu Ihren Freunden zählen darf, Mylady.«
    Lavinia war über die Dunkelheit froh, denn sie errötete bis zu den Haarwurzeln. Sie wusste nicht, was sie dazu gebracht hatte, Eathorne so spontan einzuladen.
    »Ich dachte nur, es wäre für Sie kurzweiliger, den Jahreswechsel nicht allein zu verbringen«, sagte sie hastig.
    »Ich werde es mir überlegen.« Er verbeugte sich erneut und wandte sich der Treppe zu. Auf der ersten Stufe stehend, drehte er noch einmal den Kopf zu Lavinia und sagte: »Vielleicht gestattet Ihr Gatte, dass Sie einmal mit mir zusammen ausreiten und mir die Gegend zeigen? Ich kenne kaum etwas von Cornwall.«
    »Um auszureiten, brauche ich nicht die Erlaubnis meines Mannes«, erwiderte Lavinia schnell. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, als er zustimmend nickte.
    »Wie wäre es mit übermorgen? Wir könnten uns um zehn Uhr an der Kreuzung der Straße zwischen Lostwithiel und East Taphouse treffen.«
    »Um zehn Uhr«, sagte Lavinia.
    Ein kurzes Kopfnicken, dann war Sebastian Eathorne verschwunden. Lavinia presste beide Hände auf ihre Brust, in der ihr Herz wie ein aufgescheuchter Vogel flatterte. Mein Gott, was hatte sie getan? Sich mit einem fast Fremden, über den seltsame Gerüchte kursierten, zu einem Ausritt verabredet. Edward würde das wenig gutheißen oder darauf bestehen, sie zu

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