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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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auf, ihn und Richland zu begleiten; allein traute er sich nicht zu, die ausgesuchten Schafe zu finden. McAran, der wohl sah, dass ihm nichts anderes übrig blieb, wenn das Ganze nicht in eine völlige Blamage ausarten sollte, ließ sich dann tatsächlich dazu herab, mitzukommen, legte jedoch ein mörderisches Tempo vor und ignorierte William, als der ihn mit Rücksicht auf den alten Major bat, es langsamer anzugehen. Richland hielt sich allerdings ganz gut auf seinem Vollblüter, und seine Stimmung hob sich mit jedem Schluck aus der Taschenflasche, die er mit sich führte. William trank schließlich ebenfalls, während Andy kopfschüttelnd ablehnte.
    »Nicht bei der Arbeit, Mr. William, das sieht Miss Gwyn nicht gern.«
    William, der sich gemaßregelt fühlte, tat Richland daraufhin erst recht Genüge, doch wie sich herausstellte, war er nicht halb so trinkfest wie der alte Soldat. Zunächst versagte er kläglich beim Zusammentreiben der Schafe. Sein Hund gehorchte ihm nicht, sondern drückte sich nur verängstigt an den Boden, als er ihn anschrie. Und dann scheute sein Pferd auch noch vor einem starrköpfig die Linie der Treiber durchbrechenden jungen Widder, und William fand sich im nassen Gras wieder.
    Andy McAran beherrschte sich eisern und blieb ernst, aber Major Richland wurde nicht müde, seinen Gastgeber auf dem Rückweg zur Farm zu foppen. All das war demütigend – und außerdem regnete es immer noch, die Männer waren längst bis auf die Haut durchnässt. Richland würde an diesem Abend auf keinen Fall heimkehren, sondern noch einmal auf Kiward Station übernachten und die McKenzies zweifellos mit Williams sämtlichen Missgeschicken des Tages unterhalten. Dies alles hier entwickelte sich zur Katastrophe. Wenn nur Kura wiederkäme! Aber die schien nach wie vor glücklich in ihrem Opernensemble zu sein. Ab und zu schrieb sie Gwyneira begeisterte Briefe – William schrieb sie nie.
    Natürlich war wieder kein Stallbursche zu sehen, als die Männer endlich auf den Hof von Kiward Station ritten, und William musste sein Pferd selbst abwarten. Immerhin bestand McAran nicht darauf, dass er ihn auch noch zu den Pferchen begleitete, in denen die Schafe während der Nacht untergebracht werden sollten. Er stank sowieso schon nach nasser Wolle und Lanolin. William kam zu dem Schluss, dass er die Arbeit mit den Schafen im Grunde seines Herzens hasste.
    Gwyneira und James erwarteten Richland und William im Salon, doch sie machten keine Anstalten, die beiden zu einem Begrüßungsschluck zu bitten. Schließlich erkannten sie schon an den geröteten Gesichtern und dem unsicheren Gang der Ankömmlinge, dass da bereits genug Alkohol geflossen war. Gwyn und James verständigten sich mit einem Blick: Kein weiterer Schnaps vor dem Essen, wenn der Abend nicht unangenehm werden sollte. Stattdessen schickten sie die Männer zum Waschen und Umziehen nach oben – und natürlich schleppte der Hausdiener das warme Wasser zunächst in die Räume des Gastes ...
    William hätte sich am liebsten mit einer Whiskyflasche ins Bett gelegt, doch als er dann die Zimmer betrat, die er so liebevoll für sein Leben mit Kura eingerichtet hatte, erwartete ihn eine Überraschung: Aus dem kleinen Salon drang der aromatische Geruch von frischem Tee. Ein Stövchen hielt das Getränk warm; daneben warteten zwei Gläser und eine Flasche Rum.
    William konnte sich nicht bezähmen. Er griff zuerst nach der Rumflasche und nahm einen tiefen Schluck. Aber wer mochte das hier für ihn vorbereitet haben? Gwyneira bestimmt nicht, und Moana oder Kiri wohl auch nicht. Die Maoris hatten wenig Sinn für solche Dinge, und die Dienerschaft war mit dem Hausgast schon genug beschäftigt.
    William sah sich misstrauisch um – bis er ein perlendes Lachen aus dem Bad hörte.
    »Dieser Tag war grauenhaft! Ich musste Schule bei den Maoris halten, und das Wasser drang durchs Dach ... wie kann man nur darauf kommen, die Hütte mit Palmblättern zu decken? Und dann dachte ich an dich da draußen ... du musstest doch frieren ...«
    Im Eingang zum Bad stand Heather Witherspoon, ein strahlendes Lächeln im Gesicht, ein Schürzchen vor ihrem dunklen Kleid wie ein artiges Hausmädchen. Mit einer Handbewegung wies sie ihm den Weg zur Badewanne, gefüllt mit heißem, duftendem Wasser.
    »Heather, ich ...« William schwankte zwischen Dankbarkeit, Begehren und dem Wissen, dass es Wahnsinn wäre, sich von ihr verführen zu lassen. Aber Kura war schon so lange fort ...
    »Komm, William!«,

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