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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Elaine wünschte sich verzweifelt, wenigstens ein bisschen nähen zu können. Aber sie hatte Handarbeiten immer gehasst, und Fleurette hatte sie nicht dazu gezwungen. So hatte sie nur bei Helen ein wenig Nähen gelernt, doch es ging kaum über das Annähen eines Knopfes hinaus. Trotzdem betrat Elaine jetzt das Atelier und erkundigte sich nach Arbeit. Der Schneider schien recht nett zu sein, schüttelte aber nur den Kopf.
    »Hier gibt’s nicht viele Leute, die sich Maßanzüge leisten können. Die Minenbesitzer, klar, aber die kaufen gern in den größeren Städten. Zu mir kommen sie nur mit Änderungen, und die schaffe ich leicht allein.«
    Das war es im Wesentlichen auch schon mit den ehrbaren Geschäftsleuten in Greymouth – nur in den großen Hotels hätte Elaine sich noch als Zimmermädchen bewerben können. Aber so abgerissen, wie sie im Moment aussah? Vielleicht sollte sie es in einem Pub versuchen! Als Bedienung oder Köchin? Zwar war mit ihren Kochkünsten kein Staat zu machen, aber versuchen konnte sie es ja. Sie war an einer Wirtschaft vorbeigekommen. Ob sie zurückgehen sollte, um zu fragen? Schon der Eingang hatte so hässlich und schmierig ausgesehen! Elaine kämpfte mit sich – und fand sich unversehens vor dem Lucky Horse – Hotel und Pub wieder.
    Elaine fühlte sich sehr an Daphnes Etablissement erinnert. Auch hier war der Eingang bunt bemalt und wirkte beinahe einladend. Zumindest für Männer, denn an die richtete sich eindeutig das Angebot. Für Mädchen schien sich dagegen die einzige Möglichkeit weit und breit zu ergeben, Geld zu verdienen – wenn auch nicht auf ehrbare Weise.
    Elaine schüttelte energisch den Kopf. Nein, das nun doch nicht. Nicht, nachdem sie einer nächtlichen Hölle gerade so entronnen war! Andererseits konnte dies hier kaum schlimmer sein als die Ehe mit Thomas. Wenn sie so tief sinken wollte ... Elaine musste fast lachen. Sie war eine Mörderin! Viel tiefer ging es wohl kaum!
    »Gehen Sie jetzt weiter, kommen Sie rein, oder haben Sie da draußen im Regen etwas Dringendes zu tun?« Die Stimme kam von der halb offenen Tür des Pubs. Callie musste hindurchgeschlüpft sein und ließ sich begeistert von einer Frau streicheln, die Elaine nun forschend musterte. Callies Blick dagegen war wieder einmal anbetend ... oder eher berechnend, denn aus dem Pub drang Bratenduft, der auch Elaine das Wasser im Munde zusammenlaufen ließ. Außerdem war es drinnen warm und trocken.
    Elaine kämpfte ihre Bedenken nieder. Die hellblonde, sehr hellhäutige, stark geschminkte Frau wirkte nicht gefährlich. Im Gegenteil, mit ihrem großen Busen, ihren vollen Hüften und dem breiten, gutmütigen Gesicht machte sie einen eher mütterlichen Eindruck. Ein ganz anderer Typ als Daphne.
    »Also, raus mit der Sprache! Warum starren Sie meinen Eingang an wie die Maus die Falle?«, fragte die Frau. »Noch nie einen netten, gepflegten Puff gesehen?«
    Elaine lächelte. Daphne hätte ihr Etablissement niemals »Puff« genannt.
    »Doch«, sagte sie. »Ich war nur noch nie drin.«
    Die Frau lächelte. »Im Puff oder in der Falle? Ehrlich gesagt sehen Sie aus, als wären Sie gerade aus einer geflüchtet.«
    Elaine wurde blass. Konnte man ihr wirklich ansehen, dass sie vor etwas weglief? Und wenn das dieser Frau schon auffiel, wie würden erst die ehrbaren Matronen über sie tuscheln?
    »Ich ... suche Arbeit. Aber nicht ... so. Ich könnte vielleicht sauber machen, oder ... in der Küche helfen. Ich bin das gewohnt. Meine ... äh ... Tante hatte eine Pension ...« Im letzten Moment fiel Elaine ein, dass sie besser nicht von ihrer Großmutter sprach. Je mehr von ihrem bisherigen Leben verborgen blieb, desto besser.
    »Kindchen, um sauber zu machen sind Sie zu hübsch! Da würden die Kerle nicht lange sauber bleiben, wenn Sie mich recht verstehen. Ansonsten hätte ich aber durchaus noch ein Zimmer frei. Und meine Mädchen verdienen recht gut, kannst sie fragen, bei mir sind alle zufrieden. Mein Name ist übrigens Clarisette Baton. Französisch aussprechen bitte. Sag einfach ›Madame Clarisse‹.« Madame Clarisse begann ganz selbstverständlich, das Mädchen zu duzen.
    Elaine wurde rot.
    »Ich kann nicht. So eine Arbeit ... das kann ich nicht, ich mag keine Männer!« Letzteres brach wie ein Aufschrei aus ihr heraus und ließ Madame Clarisse in dröhnendes Lachen verfallen.
    »Na, na, Kleine, erzähl mir jetzt nicht, dass du aus deinem feinen Zuhause ausgerissen bist, weil du auf Mädchen stehst! Das glaub ich

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