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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Entfernung verfehlt. Wie sollte es ihr da gelingen, einen Hasen zu erlegen?
    Einmal erwischte allerdings Callie ein Kaninchen. Ohnehin ein glücklicher Tag, denn Elaine entdeckte eine trockene Höhle in den Bergen und schaffte es, Feuer zu machen. Der mit Haut und Haaren geschmorte Hase war zwar kein kulinarisches Wunder, doch er machte Elaine endlich einmal satt. Die Tage darauf aber wurden schlimm – an der Westküste schien nichts Essbares zu wachsen; hier gab es nur Farne, die aber immerhin Regenschutz boten. Einmal traf Elaine auch auf einen Maori-Stamm, der sie gastfreundlich aufnahm. Noch nie hatten ihr gekochte Süßkartoffeln so gut geschmeckt.
    Die Maoris wiesen ihr schließlich den Weg nach Greymouth – Mawhera, wie sie es nannten. Es hatte wohl eine lange Geschichte als Maori-Festung, war jetzt aber schon länger ganz in der Hand der 
pakeha
. Trotzdem bedeuteten die Maoris ihr, der Ort sei besonders sicher – wahrscheinlich wieder so eine Geistergeschichte. Elaine war es egal; für sie war eine Stadt so gut wie die andere, und irgendwann musste sie ihr Wanderleben sowieso aufgeben. Also beschloss sie, dem Rat ihrer neuen Freunde zu folgen und sich in Greymouth Arbeit zu suchen. Immerhin war es die größte Stadt an der Westküste. So leicht würde man sie hier nicht finden, und vor allem brauchte sie mal wieder ein richtiges Bett und saubere Kleidung. Auch Banshee schien erfreut über den trockenen Stall, den Elaine als Erstes für sie anmietete – klopfenden Herzens, denn eine Vorauszahlung hätte sie nicht leisten können. Der Stallbesitzer fragte aber gar nicht danach, sondern wies der Stute gleich eine sauber eingestreute Box zu und gab ihr Heu im Überfluss.
    »Ist ein bisschen mager, die Hübsche«, bemerkte er, was kein Wunder war: Banshee hatte das magere Gras in den Highlands nur ungenügend ernährt. Jetzt fraß sie sich gründlich satt – Elaine hatte noch keine Ahnung, wie sie Banshees Luxusleben letztendlich bezahlen sollte. Und für sich selbst musste sie ja ebenfalls sorgen. Der Stallbesitzer hatte sie schon vielsagend gemustert, als wollte er damit zu verstehen geben, dass die Reiterin genauso abgerissen wirkte wie ihr Pferd. Elaine fragte nach einer Pension und nach einer Arbeit. Der Mann überlegte.
    »Am Kai gibt’s ein paar Hotels, aber die sind teuer. Da steigen höchstens mal die reichen Fräcke ab, die ihr Geld mit den Minen verdienen.« In diese Kategorie schien er Elaine eindeutig nicht einzuordnen. »Und das Lucky Horse ... also, das würd ich nich’ so empfehlen. Obwohl man Sie da wahrscheinlich mit Freuden aufnähme, wenn Ihnen die Art der Arbeit egal wäre.« Er grinste vielsagend. »Aber die Witwe Miller und die Frau vom Barbier vermieten Zimmer. Da können Sie nachfragen, sind beide ehrbar. Wenn Sie allerdings kein Geld haben ...«
    Elaine verstand den Wink. Von freien Arbeitsstellen für allein lebende, ehrbare Frauen wusste der Mann nichts. Aber das musste nichts bedeuten. Elaine machte sich tapfer auf den Weg durchs Zentrum der Stadt. Sie würde schon etwas finden.
    Sehr vielversprechend wirkte die Stadt aber wirklich nicht. Und Elaines Entschluss, in ausnahmslos jedem Laden nach Arbeit zu fragen, kam schon in der chinesischen Wäscherei ins Wanken. Zunächst raubten ihr die herausquellenden Dämpfe noch mehr die Luft zum Atmen, und dann schien der Besitzer ihr Anliegen auch kaum zu verstehen. Stattdessen versuchte er, ihr Callie abzukaufen. Dabei hatte er garantiert keine Schafe ... Elaine dachte an das Gerücht, Chinesen äßen Hunde, und ergriff umgehend die Flucht.
    Auch die Frau des Barbiers hatte zwar ein freies Zimmer, aber keine Arbeit. Dabei hatte Elaine hier Hoffnungen gehegt, schließlich war sie mit den in einer Pension anfallenden Arbeiten durchaus vertraut. Aber die drei Zimmer, die Mrs. Tanner vermietete, hielt sie selbst sauber, und beim Kochen für ihre maximal drei Kostgänger brauchte sie auch keine Hilfe.
    »Kommen Sie wieder, wenn Sie etwas gefunden haben«, beschied sie Elaine schließlich. Die junge Frau verstand auch diesen Wink: Bevor sie kein Einkommen nachweisen konnte, gab es kein trockenes Bett oder etwas zu essen.
    Der nächste Betrieb war ein Sargtischler, den Elaine schlechten Gewissens ausließ. Aber was sollte sie dort machen? Dagegen erschien ihr der Gemischtwarenladen aussichtsreich, aber leider bewirtschaftete ihn eine Familie mit fünf aufgeweckten Kindern. Helfende Hände gab es da genug. Nebenan arbeitete ein Schneider –

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