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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Impresario zu besuchen, tat Brigitte so, als merke sie es nicht.
    Kura zog der gut aussehende Tenor durchaus an; sie musste sich gar nicht sehr verstellen, wenn sie seinen Avancen nachgab. Allerdings gab auch er sich nicht lange mit Küssen und harmlosen Zärtlichkeiten zufrieden. Über Kuras Befürchtungen, schwanger zu werden, lachte er nur.
    »Unsinn, Kleine, ich pass schon auf! Bei mir geht nichts schief, keine Angst!«
    Kura wollte das glauben, und sie bemerkte auch durchaus, dass Roderick sich bei der Liebe schneller aus ihr zurückzog, als William es getan hatte. Aber da war immer noch die Sache mit Brigitte. Schließlich vertraute sie sich pochenden Herzens Sabina Conetti an. Sie hegte zwar die Befürchtung, dass die Sängerin sie nicht besonders mochte – Roderick studierte jetzt auch die Sopranrollen mit seiner Neuentdeckung ein –, aber ihr traute sie am ehesten Geheimwissen über Frauenfragen zu. Sabina wies sie denn auch bereitwillig in das Wenige ein, das sie wusste.
    »Du kannst dich an den gefährlichen Tagen zurückhalten. Aber ganz sicher ist es nie, ganz sicher ist gar nichts«, warnte sie zum Schluss. »Am allerwenigsten die Schwüre der Kerle, dich im Zweifelsfall zu heiraten ... oder alles, was sie sonst so erzählen. Glaub mir, Roderick verspricht dir jetzt das Blaue vom Himmel, aber darauf kannst du nicht zählen. Im Moment gefällt er sich als Pygmalion, aber auf die Dauer ist er sich selbst der Nächste. Wenn es seinen Zielen dient, lässt er dich fallen.«
    An Kura war diese Warnung allerdings verschwendet. Erstens hatte sie keine Ahnung von griechischer Mythologie, und zweitens war sie überzeugt, dass Roderick es gut mit ihr meinte. Wenn er selbstsüchtig wäre, davon war sie überzeugt, gäbe er ihr schließlich nicht immer größere Rollen, und vor allem nicht jeden Tag kostenlos Gesangsstunden. Tatsächlich verbrachte er die halben Nachmittage mit Kura am Flügel, während die anderen Ensemblemitglieder ihre Freizeit genossen, Städte wie Auckland und Wellington erkundeten oder Ausflüge zu Naturwundern wie Regenwäldern und Geysiren unternahmen.
    Des Nachts war Kura ihm dann zu Diensten; aber sie genoss das Spiel ja auch, obwohl Roderick als Liebhaber stark gegen William abfiel. Kura vermisste die Ekstase, die rauschhaften Höhepunkte, zu denen ihr Mann sie getrieben hatte, und war Roderick mitunter ein wenig böse, dass er sie nicht auf die gleiche Weise für das Risiko entschädigte, schwanger zu werden. Aber das alles vergaß sie, wenn sie abends auf der Bühne stand und den Applaus des Publikums entgegennahm. Dann war sie glücklich, verspürte überschwängliche Dankbarkeit Roderick gegenüber und überschüttete ihn anschließend mit Zärtlichkeiten. Und Roderick zeigte sich alles andere als eitel. Im Gegenteil, er ließ sie glänzen, schickte sie immer wieder auch allein vor den Vorhang, um die Ovationen der Zuhörer entgegenzunehmen, und überreichte ihr Blumen auf der Bühne.
    »Unser Gockel scheint echt verliebt!«, raunte Fred Houver, der Bariton, eines Abends Sabina Conetti zu. »Und die Kleine wird tatsächlich immer besser. Noch hat sie ihre Probleme mit der Atemführung, aber eines Tages lässt die uns alle alt aussehen – und ihn zuallererst.«
    Die Sänger standen im Hintergrund, während Barrister sich auf der Bühne zum fünften Mal vor Kura verbeugte. Sie hatten den Chor gebildet, während Kura und Roderick die Carmen und ihren Torero gaben.
    Sabina nickte zu Fred Houvers Worten und schaute in Kuras strahlendes Gesicht. Barrister war der Kleinen zweifellos verfallen. Aber ob sie das rettete, wenn dieser Tag wirklich kam?
     
    William hatte die Nase voll. Dies war wieder einer dieser Tage, an denen er Kiward Station lieber heute als morgen verlassen hätte – wenn er sich nur eine Alternative hätte vorstellen können. Gwyneira hatte eine Herde Jungtiere an Major Richland verkauft und William gebeten, die Tiere für ihn einzutreiben. Da das Wetter am Tag zuvor noch vielversprechend erschienen war, hatte Richland beschlossen, mitzureiten, und war über Nacht auf Kiward Station geblieben. Natürlich hatte er noch lange mit William gezecht, auch nachdem Gwyneira und James sich schon zurückgezogen hatten, und beide waren verkatert und schlecht gelaunt. Dazu regnete es bereits den ganzen Morgen, und die zwei Maori-Viehtreiber, die Gwyneira William zugeteilt hatten, waren nicht erschienen. Im Stall lungerte nur Andy McAran herum. William forderte den alten Viehhüter

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