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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Scherze der Männer, die oft auf seine Kosten gingen, empfand er eher als beleidigend denn unterhaltend.
    So zog er von Farm zu Farm und gab sogar ein Gastspiel auf Lionel Station, wo er Genaueres über Elaines Tragödie erfuhr. William bedauerte diese Angelegenheit inzwischen zutiefst. Er wusste, dass ihm zumindest James McKenzie und sicher auch Elaines sonstige Familie eine Mitschuld an der überstürzten Heirat gaben – Elaine war nie ganz über ihre Verliebtheit in ihn hinweggekommen. Außerdem war er inzwischen längst zu dem Ergebnis gelangt, dass Elaine auch für ihn die bessere Partie gewesen wäre. Die Mitarbeit im O’Kay Warehouse hatte ihm weitaus besser gelegen als die Beschäftigung auf Kiward Station, und Elaine war zwar nicht so aufregend, dafür aber berechenbarer und sanfter gewesen als Kura.
    Allerdings schlug sein Herz schon wieder schneller, wenn er nur Überlegungen anstellte, in denen Kura eine Rolle spielte. Verdammt, er hatte sie wirklich geliebt, er liebte sie noch! Und er hätte alles auf sich genommen, auch die Schwierigkeiten auf der Farm, wenn sie nur bei ihm geblieben wäre. Warum konnte sie nicht zufrieden sein mit dem, was sie hatte?
    Aber letztlich hatte Elaine das ja ebenfalls nicht gekonnt. Zwar fand auch William John Sideblossom eher abstoßend, doch Lionel Station war ein wunderschöner Besitz. Und Elaine hatte doch immer davon geträumt, auf einer Schaffarm zu leben.
    William blieb nicht lange auf Lionel Station. Die Atmosphäre war düster, und John zahlte schlecht – kein Wunder; er sorgte ja offenbar selbst für einen nicht abreißenden Strom nachwachsender Billigarbeiter. Der scharfsichtige William hatte die Ähnlichkeit der Maori-Viehhüter mit ihrem Arbeitgeber gleich bemerkt. Mit seinen ehelichen Kindern hatte der Mann dagegen weniger Glück. Zoé Sideblossoms erstes Kind war bei der Geburt gestorben, und eben hatte sie wieder eine Fehlgeburt erlitten.
    William zog weiter auf die Goldfelder bei Arrowtown, hatte aber wieder kein Glück. Auch die Seehundjagd an der Westküste stieß ihn eher ab, als dass sie ihn lockte. Inzwischen war diese Jagd ohnehin ein recht mühsames Geschäft. Die Tiere warteten längst nicht mehr zu Hunderten am Strand auf ihre Jäger, sondern waren ängstlicher geworden. William versuchte es mit einem Aushilfsjob bei einem Sargtischler, aber diese Arbeit war ihm zu trübsinnig. Dabei war der Tischler der erste Chef, der seinen Weggang bedauerte: Seit William die Kunden beriet, gaben sie deutlich mehr Geld für schönere und aufwändigere Särge aus.
    Schließlich verschlug es ihn nach Westport, wieder ein bisschen in der Hoffnung, mit Kura zusammenzutreffen. Auf Kiward Station hatte man gemunkelt, dass die Westküste eine der letzten Tourneestationen sein würde. Allerdings sah und hörte William nichts von Opernensembles. Dafür wurden Arbeiter für Kohleminen gesucht. Das schien ein recht gut bezahlter Job zu sein, doch William scheute die Knochenarbeit in der Mine. Seiner Ansicht nach musste man zum Bergmann geboren sein. Also begab er sich lieber mit seiner Goldgräberausrüstung an den Buller River. Und endlich hatte er ein bisschen Glück: An nur einem Tag Arbeit holte er Goldstaub für etwa dreißig Dollar aus einem Bach. Die Hälfte steckte der Besitzer des Claims ein; William selbst hatte keinen Claim abgesteckt. Doch fünfzehn Dollar reichten immerhin, um ein paar Tage in einem Hotel zu wohnen, guten Whisky zu trinken und ins Badehaus zu gehen. William zog also in den offenbar recht gut geführten Pub, der auch Zimmer vermietete, und bestellte erst einmal einen Drink. Während der Besitzer sein Glas füllte, ließ er die Blicke durch den Raum schweifen – und wunderte sich!
    Der Gastraum war nicht wie üblich nur von Männern besucht, die allein oder in Gruppen ihren Whisky tranken, Karten oder Dart spielten. Stattdessen bildete ein Mann den Mittelpunkt, der eine seltsame kleine Maschine auf einem Tisch deponiert hatte und daran arbeitete. Er trieb das ratternde kleine Ding mittels einer Kurbel an der Seite an und hielt dabei einen Vortrag. Noch verwunderlicher war sein Publikum. Um Mann und Maschine versammelte sich eine Traube aufgeregt schnatternder Frauen und Mädchen. Ehrbare Frauen offensichtlich; ihre Kleider waren schlicht, und die älteren Damen hielten nicht nur die Maschine im Blick, sondern auch ihre Töchter, die wohl zum ersten Mal im Leben einen Pub betreten hatten. Dabei interessierten die Mädchen sich allerdings kein

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