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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Ein Rotstich war nicht erkennbar, und das Haar war auch nicht glatt und kräftig, wie bei Kura schon als Kleinkind, sondern lockig und flaumig weich. Auch ihre Gesichtszüge wirkten nicht exotisch wie Kuras, sondern wiesen eher leichte Ähnlichkeiten mit Paul und Gerald Warden auf. Ihr energisches Kinn war ganz sicher Warden’sches Erbe, ansonsten waren ihre Züge jedoch weicher als die ihres Großvaters; hier schlug wohl eher William durch.
    »Für uns bist du schön genug!«, raunte Gwyneira ihrer Urenkelin zu und wiegte sie sanft hin und her. »Und jetzt kommst du mit mir, wir nehmen dein Körbchen mit, und du schläfst heute bei Granny Gwyn ...«
    Sie trug das Kind aus dem Zimmer und ging über den dunklen Flur. Dabei konnte sie den Lichtschein nicht übersehen, der aus Kuras Wohnung fiel.
    Gwyneira runzelte die Stirn. William war offensichtlich schon nach oben gegangen, denn im Salon hatte sie niemanden mehr angetroffen. Aber was machte er hier in Kuras Räumen? Erinnerungen auffrischen? Sein eigenes Zimmer befand sich am anderen Ende des Ganges.
    Gwyn schalt sich für ihre Neugierde und wollte schon weitergehen, als sie vermeinte, Raunen und Kichern in den Zimmern zu hören. William? Plötzlich erinnerte sie sich an James und sein Misstrauen gegenüber Heather Witherspoon. Bislang hatte sie diesen Verdacht stets als absurd abgetan, aber das hier ...
    Gwyneira wollte es jetzt wissen. Wer immer sich in Kuras Privaträumen vergnügte, war nicht befugt. Dies war immerhin ihr Haus.
    Gwyn stellte das Körbchen ab, behielt Gloria jedoch auf dem Arm. Dann riss sie die Tür auf. Sie vernahm das Flüstern und Stöhnen jetzt ganz deutlich. Im Schlafzimmer ...
    Gloria begann zu schreien, als ihre Urgroßmutter auch diese Tür öffnete und sie plötzlich mit hellem Licht übergossen wurde, doch Gwyn konnte sich jetzt nicht um die Kleine kümmern. Beinahe ungläubig blickte sie auf William und Heather in Kuras Bett.
    Heather erstarrte. William rutschte hastig von ihr herunter und versuchte, seine Blöße zu bedecken.
    »Miss Gwyn, es ist nicht, wie Sie glauben ...«
    Gwyneira hätte fast aufgelacht. Sie wollte schon eine sarkastische Bemerkung machen, aber dann gewann ihre Wut die Oberhand.
    »Danke, ich brauche keine Erklärung! Ich habe soeben eine bekommen! Ist es das, weshalb Kura gegangen ist, William? Hat sie gemerkt, was vor sich ging?«
    »Miss Gwyn, Kura hat ...« William wusste nicht, wie er die Entschuldigung formulieren sollte. Er konnte schwerlich Gwyn erklären, wie Kura sich ihm verweigert hatte. »Sie ... Sie wollte nicht ...«
    Gwyneira blickte ihn kalt an. »Sparen Sie sich das. Ich weiß Bescheid, und ich könnte mich ohrfeigen, dass ich nicht früher darauf gekommen bin. Mit Elaine war es schließlich das Gleiche, nicht wahr, William? Die haben Sie mit Kura betrogen, und jetzt betrügen Sie Kura mit dieser ... Sie packen auch Ihre Sachen, Miss Witherspoon! Auf der Stelle! Ich will auch Sie morgen aus dem Haus haben!«
    »Auch?«, fragte William verwirrt.
    »Ja, auch! Denn Sie werden verschwinden. Und wagen Sie jetzt bloß nicht, Ihre Tochter auch nur zu erwähnen. Kein Richter wird sie einem Ehebrecher zusprechen!« Gwyneira hatte begonnen, das Kind in ihren Armen zu wiegen, woraufhin Gloria sich gleich beruhigte. Neugierig blickte das kleine Mädchen nun auf seinen Vater und Miss Witherspoon. »Schlimm genug, dass sie das mit ansehen musste.«
    »Aber ich liebe Kura ...«, flüsterte William.
    Gwyneira verdrehte die Augen. »Da haben Sie aber eine seltsame Art, Ihre Liebe zu zeigen. Es interessiert mich nicht, wen Sie gerade mal kurzzeitig lieben. Wenn Sie meinen, dass es etwas nutzt, können Sie Kura ja suchen und um Verzeihung bitten. Aber bei mir lungern Sie jetzt nicht mehr herum, trinken meinen Whisky und verführen das Hauspersonal. Verschwinden Sie aus diesem Zimmer! Und verschwinden Sie morgen früh von Kiward Station!«
    »Sie können doch nicht ...«
    »Und ob ich kann!«
    Gwyneira wartete mit steinhartem Gesichtsausdruck, bis William und Heather sich halbwegs züchtig bekleidet hatten. Sie machte sich gerade mal die Mühe, sich umzuwenden, als die beiden aus dem Bett stiegen und ihre Sachen suchten. Dann löschte sie das Licht und verschloss Kuras Zimmer hinter ihnen.
    »Morgen früh sind Sie weg!«, erklärte sie dann noch einmal. »Ihren restlichen Lohn lasse ich im Salon auf dem Tisch liegen, Miss Witherspoon. Ich werde gegen neun zum Frühstück herunterkommen. Dann will ich Sie nicht

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