Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
Vom Netzwerk:
aufgeregte Gesellschaft sich schließlich auflöste. William gesellte sich zu ihm, während er seine Stoffe und seine Maschine zusammenräumte.
    »Das ist ein faszinierendes Gerät!«, bemerkte er. »Wie nennt man es?«
    »Nähmaschine«, wiederholte der Mann. »Hat ein Mr. Singer vor vierzig Jahren erfunden. Das heißt ... erfunden hat er das Ding wohl nicht, aber auf den Markt gebracht. Zu erschwinglichen Preisen. Auf Raten sogar, wenn die Damen wollen. Nähen Sie jetzt, bezahlen Sie später. Genial!«
    Dem konnte William nur zustimmen.
    »Sie bauen die Dinger also nicht selbst? Darf ich Sie übrigens zu einem Drink einladen, Mister ...?«
    »Carl Latimer, zu Ihren Diensten. Und ich nehme gern einen Whisky.« Latimer schob die ordentlich verpackte Nähmaschine zur Seite und schuf so Platz für William und die Whiskyflasche. Dann erst beantwortete er dessen Frage.
    »Natürlich baue ich die Maschinen nicht selbst. Das könnte kein Mensch für hundert Dollar. Ist schließlich ein aufwändiges Teil. Was denken Sie, wie viele Patente da drinstecken! Zum Teil streiten die Erfinder sich heute noch darum, wer wem welche Ideen geklaut hat. Das geht mich alles nichts an. Ich bin Handelsvertreter. Ich bringe die Dinger nur an den Mann ... oder besser die Frau.«
    William schenkte ihm noch mal ein.
    »Handelsvertreter?«
    »So was wie ein Bibelverkäufer«, erwiderte Latimer lachend. »Das habe ich früher tatsächlich getan, aber es war längst nicht so interessant und einträglich. Aber letztlich ist es das gleiche Prinzip: Man geht von Haus zu Haus und erklärt den Menschen, der Kauf dieses Produkts führe umgehend zur ewigen Glückseligkeit. In Städten kann man sich das Tingeln von Haus zu Haus allerdings sparen. Da kommen die Leute ganz freiwillig zu meinen Demonstrationen dieses kleinen Wunderwerks. Aber meistens reise ich von Farm zu Farm und führe den Frauen die Maschinen einzeln vor.«
    »Dabei verkaufen Sie aber nicht so viele, oder?«, meinte William.
    Latimer nickte. »Stimmt, aber dafür fallen die Kosten für Essen und Hotel weg. Die Damen bieten mir mit Freuden ihre Gästezimmer an – und Sie glauben nicht, wie oft sich noch ein niedliches Töchterchen oder Dienstmädchen findet, das einem die Nächte verschönt! Und der Absatz ist gar nicht sooo schlecht. Man muss sich die Farmen halt aussuchen. Den kleinen Betrieben mangelt es oft an Geld, aber da greift dann die Ratenplan-Idee. Wenn die Frau hoffen kann, sich mit der Maschine noch ein bisschen was dazuzuverdienen, ist sie gleich begeistert. Und auf den großen Farmen haben sie Geld wie Heu, dafür langweilen sich die Frauen in der Einöde. Ich zeig ihnen dann immer französische Modezeitschriften und ködere sie mit der Idee, die Kleider nachzuschneidern. Also, ich will ja nicht angeben, aber zwei von drei Damen krieg ich rum. Das ist eine Sache der Beredsamkeit!«
    William nickte und hatte wieder die Stimme des Bankers in Queenstown im Ohr: »Warum versuchen Sie nicht, mit etwas Geld zu verdienen, das Ihnen wirklich liegt?«
    »Sagen Sie ...« William hob sein Glas. »Wie wird man Handelsvertreter? Braucht man dazu eine Ausbildung? Startkapital? Wo haben Sie überhaupt gelernt, diese Maschine zu bedienen?«
     
    William verdiente sich das Startkapital bei dem hocherfreuten Sargtischler und übte dabei weiter sein Verkaufsgeschick. Das Vorführgerät musste vom Vertreter selbst erworben werden; außerdem konnte man es nicht auf dem Pferd transportieren, sondern brauchte einen leichten Wagen.
    Doch schon kurz nach seiner Bewerbung bei der Firma, für die Latimer arbeitete, erhielt er eine Einladung zum Einführungslehrgang in Blenheim. Er lernte, das Prinzip der Nähmaschine zu verstehen, das Gerät auseinanderzunehmen und wieder zusammenzusetzen und im Notfall auch kleine Reparaturen durchzuführen. Natürlich übten die künftigen Vertreter – ausnahmslos junge, gut aussehende und charmante Männer – auch perfekt gerade Nähte zu produzieren und rasch kleine Kleidungsstücke herzustellen und zu verschönern.
    »Es reicht nicht, einfach nur zu nähen! Sie müssen die Frauen verblüffen, begeistern – und da geht nichts über ein Kinderkleidchen, das Sie in wenigen Minuten zusammennähen!«, erklärte der Lehrer, doch William hörte nur halb zu. Es würde ihm ein Leichtes sein, seine Kundinnen zu überzeugen. Reden hatte er schließlich schon immer gekonnt. Wie hatte Elaine diese Kunst genannt? 
Whaikorero?
    William hatte endlich etwas gefunden, das

Weitere Kostenlose Bücher