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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Clarisse mochte es nach wie vor nicht, wenn sie im Pub Kirchenlieder spielte. Morgens war es ihr ziemlich egal, aber um diese Zeit waren schon die meisten Mädchen im Schankraum, um vor der Arbeit etwas zu essen.
    »Nicht, dass du mir die bekehrst!«, erklärte Madame Clarisse dann und drohte mit dem Finger.
    Elaine konnte über solche Witze inzwischen ganz entspannt lachen. Sie war auch die Reden der Mädchen gewohnt und errötete nicht mehr, wenn sie sich über ihre Freier austauschten. Ihre Geschichten bestärkten sie allerdings nur in der Vermutung, dass man nichts versäumte, wenn man sich vom anderen Geschlecht fernhielt. Zwar verdienten die käuflichen Mädchen weitaus mehr als sie selbst am Klavier, aber das Leben einer Hure hatte nichts Beneidenswertes, und das einer Ehefrau erst recht nicht.
     
    Elaine entschied sich für ein hellblaues Kleid, das die Farbe ihrer Augen betonte, löste ihren Zopf und bürstete ihr Haar aus. Dann war sie pünktlich am Klavier, nach wie vor gefolgt von Callie. Die kleine Hündin bellte längst nicht mehr, nur weil ihre Herrin Klavier spielte. Doch wenn ein Mann sich Elaine zu aufdringlich näherte, knurrte sie. Elaine gab das Sicherheit, und Madame Clarisse störte es nicht. Hier im Pub hatte das Mädchen auch keine Furcht, mit den Männern zu plaudern. Das gehörte zum Job, und sie ging ja auch kein Risiko ein. Schließlich war die Kneipe voll; niemand konnte ihr unbemerkt zu nahe treten. Im Grunde hätte sie sich zwar auch hier gern jeglicher Konversation entzogen, aber wenn sie zu stachelig war, spendierten die Kerle keine Drinks – und Elaine war auf die Zusatzeinnahmen angewiesen. Auch heute stand bald der erste »Whisky« vor ihr auf dem Klavier, nachdem sie zu spielen angefangen hatte. Charlene, die den Drink servierte, nickte ihr zu.
    »Du möchtest bitte 
Paddy’s Green Shamrock Shore
 spielen«, richtete sie ihr aus.
    Elaine nickte. Ein Abend wie jeder andere.
     
    Tim hatte inzwischen all seine Besorgungen erledigt. Nach endlosem Wälzen von Katalogen und Diskussionen über Vor- und Nachteile verschiedener Baumaterialien war es ihm sogar gelungen, den Baustoffhändler davon zu überzeugen, dass die Lambert-Mine diesmal nicht das billigste, sondern das beste Material ordern wollte. Der Mann war völlig verblüfft und bot Tim schließlich ein Bier an. Ein weiterer neuer Freund. Tim war höchst zufrieden und mehr als bereit, den Abend jetzt im Pub ausklingen zu lassen. Schade nur, dass er seine Verabredung mit Matthew so vage gehalten hatte. Jetzt wusste er nicht einmal, in welcher der Gaststätten der junge Steiger sein Bier zu trinken pflegte, nahm aber an, dass es sich um keins der vornehmen Hotels und Restaurants am Kai handelte. Und die erste Bergarbeiterkneipe, The Wild Rover, wirkte wenig vertrauenerweckend. Die Gäste schienen jetzt schon betrunken zu sein; die Atmosphäre war aggressiv. Tim hörte streitende Stimmen. Wenn Matthew hier verkehrte, musste er sich in ihm getäuscht haben. Also suchte er die andere Wirtschaft auf, Lucky Horse – Hotel und Pub, in dem sich auch das örtliche Freudenhaus befand. Aber das war fast immer gekoppelt; es musste nichts über die Stimmung im Gastraum und die Qualität des Whiskys aussagen.
    Tim wollte sein Pferd vor dem Hotel anbinden, doch ein anderer Reiter, der ebenfalls gerade eintraf, verriet ihm, dass es einen Stall gab.
    »Sonst ist Ihr edles Sattelzeug gleich nass«, erklärte er, während er Tims Pferd einer erkennbaren Musterung unterzog. Das Frühlingswetter vom Nachmittag hatte sich als unsicherer Vorbote des Sommers entpuppt. Inzwischen nieselte es wieder. »Und das wär doch schade. Englische Arbeit, nicht? Wo haben Sie ’s gekauft? In Christchurch?«
    Der Mann entpuppte sich als der örtliche Sattlermeister und der Stall als kleiner, aber sauberer und trockener Anbau der Kneipe. Eine Schimmelstute wieherte. Tim stellte sein Pferd neben sie und streichelte ihr die Nase. War das nicht der Cob von dem Mädchen? Sein Wallach schien die Stute ebenfalls wiederzuerkennen und begann mit zaghaften Annäherungsversuchen. Banshee antwortete animiert.
    Der Sattler, Ernest Gast, versorgte die Pferde noch mit Heu und warf ein paar Cent für den Stallburschen auf einen bereitstehenden Teller. Tim wollte ihn nach der Stute fragen, vergaß es dann aber, als sie den Schankraum betraten.
    Bei Madame Clarisse war es warm, und es roch nach Tabak, frisch gezapftem Bier und gegrilltem Fleisch. Timothy fühlte sich gleich

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