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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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gleichen Hotel wohnten, ein Umstand, der sie gänzlich lähmte. Elaine war nicht zu bewegen, auch nur einen Fuß aus ihrem Zimmer zu setzen, bevor es sich nicht mehr vermeiden ließ. Sie verschanzte sich in Tims Bett und fuhr bei jedem Laut zusammen – am liebsten hätte sie Roly vor der Tür postiert, um Wache zu stehen. Hier winkte Tim jedoch ab. Roly hatte schon den letzten Nachmittag mit seinem Herrn auf dem Zimmer verbracht. Er brannte jetzt darauf, die Stadt zu sehen, vor allem die berühmte Bucht, und wenn möglich die Wale. Tim zeigte Verständnis und drückte ihm ein paar Dollar für eine Bootsfahrt in die Hand. »Vom Ufer aus sieht man ja nichts.« Roly bedankte sich überschwänglich und zog mit dem Versprechen ab, pünktlich zum Konzert zurück zu sein.
    »Wollten diese Sideblossoms nicht heute abreisen?«, fragte Tim unwillig, während Lainie sich unter der Decke verkroch. »Die haben doch weiß Gott anderes zu tun mit ihrem Todesfall in der Familie, als hier herumzuhocken und dir Angst einzujagen!«
    »Thomas kann nicht reisen, hast du doch gehört ...« Elaine hatte die Information über die Sideblossoms dem langen Sermon des Geschäftsführers entnommen, der sich endlos darüber ausließ, dass er Zoés und Thomas’ Suite heute dreimal neu hätte vermieten können. Aber der Kranke hatte wohl einen Zusammenbruch erlitten, weshalb Zoé den Aufenthalt verlängern musste. »Und da wirft man die Leute natürlich auch nicht aus dem Zimmer, Sie verstehen ...«
     
    »Ich verstehe überhaupt nicht, weshalb er dir noch Angst macht!«, meinte Kura ungeduldig. Die Martyns waren am späten Nachmittag zurückgekehrt und brannten jetzt darauf, Neuigkeiten loszuwerden. Beide verdrehten die Augen, als Lainie sie stattdessen zitternd mit einem Bericht zum Thema Sideblossom erwartete.
    »Im Zweifelsfall gebe ich dir die Flöte, du bläst einmal rein und machst ihm ein weiteres Kompliment zu seinem netten Hund, dann kippt er gleich wieder um! Der Mann ist verrückt, aber völlig ungefährlich. Du sagst doch selbst, er ist zu krank, um auch nur aus dem Zimmer zu gehen. Aber du solltest mal hören, was sie in der Stadt reden! Wie sie mich angucken! Selbst Miss Heather scheint ein bisschen ... abergläubisch zu sein.«
    »Ein Teil der Leute sagt, Kuras Musik habe die Macht zu verfluchen, andere reden von Wunderheilungen«, freute sich William. »Auf jeden Fall will jeder sie sehen, aber wenn sie wirklich auftaucht, machen sie einen ehrfürchtigen Bogen um sie. Unglaublich! Wollen wir uns jetzt umziehen, Liebling? Wahrscheinlich werden die ersten Leute gleich kommen, und wir müssen uns auch noch was zu diesem Empfang nach dem Konzert überlegen ...«
    Die Martyns schwebten heraus. Die Geister waren zweifellos auf ihrer Seite.
    Tim warf Elaine einen gequälten Blick zu. »Lainie, ist es dir sehr wichtig, mich heute Abend in diesem Saal zu haben? Ich weiß, du wirst wundervoll spielen und hinreißend aussehen. Aber nach dieser Wunderheilergeschichte werden die Leute jeden wie mich anstarren, als wäre er das Kalb mit zwei Köpfen.«
    Elaine vergaß erstmals an diesem Tag ihre eigene Panik und bemerkte das schmale, abgespannte Gesicht ihres Geliebten. Tim hatte in den letzten Tagen wieder Gewicht verloren. Die Aufregungen, die erneute Verletzung und die strapaziöse Reise hatten seine Kräfte erschöpft. Er sah aus, als könne er keine weitere Demütigung, keinen weiteren Schock mehr ertragen.
    Elaine küsste ihn. »Von mir aus kannst du hierbleiben. Ich komme hinterher auch gleich herauf. Diesen Empfang tue ich mir nicht an, Kura wird schon allein zurechtkommen. Und was das Lampenfieber angeht: Ob heute Abend jemand neben Kura Klavier spielt oder ob ein Seehund einen Ball balanciert, ist völlig egal. Die Leute kommen doch nur wegen möglicher Wunder.«
    Tim lächelte. »Insofern wäre der Seehund noch besser. Sie könnte ihn mit der Flöte kontrollieren wie ein Schlangenbeschwörer. Ich kann euch übrigens von hier aus gut hören. Roly und ich sind gestern schon in den Genuss der Generalprobe gekommen. Also denk dran, dass du nicht allein bist!«
     
    Der Geschäftsführer hatte das Kunststück geschafft, zweihundertfünfzig zahlende Gäste in den Konzertsaal zu pferchen. Bevor Kura und Elaine auf die Bühne kamen, befürchtete William, das Rumoren im Publikum würde die Musik übertönen. Aber dann hätte man eine Stecknadel fallen hören können, als die Mädchen auftraten und Kura ein paar einführende Worte

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