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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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persönlich dazu stand.
    Also bat sie Kura, wenn auch widerstrebend, um eine Unterredung und breitete Helens Plan vor ihr aus.
    »Geh zwei Jahre in England zur Schule. Wir suchen ein Internat, an dem du Gesangsunterricht nehmen kannst. Wenn dich dann ein Konservatorium aufnimmt, studierst du Musik. Heiraten kannst du immer noch.«
    Gwyn war überzeugt, dass Kura William spätestens nach dem ersten Studienjahr vergessen hätte. Aber das sagte sie ihr nicht.
    Kura reagierte alles andere als begeistert. Dabei wäre sie ein paar Wochen zuvor noch entzückt gewesen, hätte Gwyn ihr ein solches Angebot gemacht. Jetzt stand sie nur trotzig auf und wanderte ungeduldig im Zimmer herum.
    »Du willst nur verhindern, dass ich William heirate!«, warf sie ihrer Großmutter vor. »Glaub bloß nicht, dass ich das nicht durchschaue. Du bist nicht besser als Tonga!«
    Gwyn blickte verwirrt. Tongas und ihre Absichten waren im Allgemeinen eher gegensätzlich. Soweit sie es beurteilen konnte, war William für den Maori-Häuptling zwar ein rotes Tuch, aber immer noch besser als ein Weggang von Kura aus Kiward Station.
    »Ich warte nur darauf, dass du mir auch noch mit der Zuchtstuten-Idee kommst!«
    Gwyneira verstand jetzt zwar gar nichts mehr, doch Kura hörte nicht auf, ihr Vorwürfe entgegenzuschleudern.
    »Aber da habt ihr euch alle geschnitten! Ohne William kriegen mich hier keine zehn Pferde weg. Und ich denke gar nicht daran, mich gleich schwängern zu lassen. Ich werde beides haben, Grandma, William und die Karriere. Ich werde es euch allen zeigen!« Kura sah bildschön aus, wenn sie sich ärgerte, aber auf Gwyn machte das keinen Eindruck.
    »Du kannst nicht alles haben, Kura. Neuseeländische Ehefrauen stehen nicht auf Europas Opernbühnen. Erst recht nicht, wenn der Ehemann sich als ›Schafbaron‹ gefällt!«
    Gwyn biss sich auf die Lippen. Die letzte Bemerkung war zweifellos ein Fehler gewesen. Kura entging das nicht.
    »Jetzt gibst du es also zu! Ihr haltet William für einen Mitgiftjäger! Ihr denkt, er wollte nicht mich, sondern Kiward Station! Aber da täuscht ihr euch. William will mich – nur mich allein! Und ich will ihn.«
    Gwyn zuckte die Achseln. Niemand konnte ihr vorwerfen, dass sie es nicht versucht hätte.
    »Dann sollst du ihn haben«, sagte sie ruhig.
     
    »Mr. Martyn?« James McKenzie rief William an, als der eben mit strahlendem Gesicht aus dem Haupthaus von Kiward Station trat. Gwyneira hatte ihm gerade mitgeteilt, dass sie seiner Werbung zustimmte. Sofern auch Kuras Mutter nichts dagegen hätte, würde sie mit den Hochzeitsvorbereitungen beginnen.
    James wusste das natürlich und war deshalb seit Tagen verstimmt. Gwyneira hatte ihn gebeten, sich aus der Sache herauszuhalten, aber jetzt konnte er sich doch nicht verkneifen, diesem William noch einmal gründlich auf den Zahn zu fühlen. Er trat ihm in den Weg und baute sich fast bedrohlich vor ihm auf.
    »Sie haben doch gerade nichts vor? Außer vielleicht Ihren Erfolg zu feiern, nehme ich an. Aber Sie feiern die Katze im Sack. Bislang haben Sie Kiward Station nicht einmal gesehen. Gestatten Sie mir, Sie herumzuführen?«
    Auf Williams Gesicht gefror das Lächeln. »Ja, sicher, aber ...«
    »Nichts aber«, unterbrach James ihn. »Es wird mir ein Vergnügen sein! Kommen Sie, satteln Sie Ihr Pferd, und wir machen einen kleinen Rundritt.«
    William wagte nichts einzuwenden. Warum auch, im Grunde brannte er seit Wochen darauf, sich auf Kiward Station umzusehen. Auch wenn er sich vielleicht einen anderen Führer gewünscht hätte als Gwyneiras grimmigen Ehemann. Aber daran ließ sich nun mal nichts ändern. Gehorsam ging er in den Stall und legte seinem Pferd den Sattel auf. Gewöhnlich machte er das nicht mehr selbst; meist trieb sich irgendein Maori-Junge bei den Ställen herum und konnte diese Aufgabe übernehmen. Heute aber traute er sich nicht, die Sache zu delegieren. James McKenzie hätte sicher eine wenig freundliche Bemerkung dazu gemacht. Er wartete geduldig mit seinem Braunen vor dem Stall, bis William sein Pferd herausführte und aufsaß.
    Wortlos schlug James zunächst den Weg Richtung Haldon ein, verließ dann aber die Straße und ritt in Richtung Maori-Dorf. William sah die Ansiedlung zum ersten Mal und war überrascht. Er hatte mit primitiven Hütten oder Zelten gerechnet; stattdessen stand hier ein schmuckes, mit aufwändigen Schnitzereien verziertes Gemeinschaftshaus direkt am See. Große Steine neben einem Erdofen luden zum Sitzen

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