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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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ein.
    »Das 
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«, bemerkte James. »Sprechen Sie Maori? Sie sollten es lernen. Und es wäre sicher keine schlechte Idee, die Hochzeitszeremonie neben der normalen Feier nach den Riten von Kuras Volk zu vollziehen.«
    William verzog angewidert das Gesicht. »Ich glaube nicht, dass Kura diese Leute als ihr Volk ansieht«, bemerkte er. »Und auf keinen Fall gedenke ich, Kura vor dem versammelten Stamm beizuliegen, wie deren Gesetze es vorschreiben. Das wäre gegen alle guten Sitten ...«
    »Nicht bei den Maoris«, meinte James gemütlich. »Und Sie brauchen ihr nicht gleich in aller Öffentlichkeit beizuliegen. Es reicht, das Lager mit ihr zu teilen, mit den Leuten zu essen und zu trinken ... Kuras Mutter würde sich freuen. Und Sie hätten gleich einen besseren Einstand. Tonga, der Häuptling, ist nämlich nicht begeistert davon, dass Sie hier einheiraten.«
    William grinste schief. »Na, da haben Sie und Tonga wohl einiges gemeinsam, oder?«, fragte er angriffslustig. »Was soll das jetzt heißen? Muss ich mit einem Speer im Rücken rechnen?«
    James schüttelte den Kopf. »Nein. Die Leute sind im Allgemeinen nicht gewalttätig.«
    »Ach ja? Und Kuras Vater?«
    James seufzte. »Das war mehr oder weniger ein Unfall. Paul Warden hatte die Maoris bis aufs Blut provoziert. Aber sein Mörder kam nicht von hier. Ein minderjähriger Dummkopf von Sideblossoms Farm, der mit den 
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 schlechte Erfahrungen gemacht hatte, seit er ein Kleinkind war. Paul büßte da nicht nur für seine eigenen Sünden. Tonga hat seinen Tod ausdrücklich bedauert.«
    »Da hatte er viel davon!«, spottete William.
    James antwortete nicht darauf. »Ich meine nur, dass es für alle Beteiligten besser wäre, wenn Sie ein gutes Verhältnis zu den Maoris hätten. Ich bin sicher, das läge auch Kura am Herzen.«
    Tatsächlich war James zwar der Meinung, dass Kura nichts anderes am Herzen lag als die Erfüllung ihrer eigenen, spontanen Begehrlichkeiten, aber das behielt er besser für sich.
    »Dann sollte Kura mir das auch sagen«, erklärte William. »Aber von mir aus können wir die Leute ja zur Hochzeit einladen. Es wird doch sowieso ein Fest für das Gesinde geben, oder?«
    James sog scharf die Luft ein, sagte aber nichts dazu. Der junge Mann würde sehr schnell merken, dass Tonga und seine Leute sich ganz sicher nicht als das »Gesinde« der Wardens betrachteten.
     
    Das Lager der Maoris war jetzt, am Nachmittag, weitgehend verlassen; nur ein paar alte Frauen kümmerten sich um die Vorbereitung des Nachtmahls und beaufsichtigten die am See spielenden Kleinkinder. Der Rest des Stammes war unterwegs; ein Teil der Leute arbeitete bei den Wardens, die anderen waren auf der Jagd oder auf ihren Feldern. William jedenfalls sah fast ausschließlich runzelige, mit Tattoos bedeckte Gesichter, die ihm Angst eingejagt hätten, hätten sie zu jungen Menschen gehört.
    »Grässlich, diese Tätowierungen!«, bemerkte er. »Gott sei Dank, dass niemand auf die Idee gekommen ist, Kura derart zu verschandeln.«
    James lächelte. »Aber Sie hätten sie zweifellos trotzdem geliebt, oder?«, spottete er. »Und keine Sorge, die jüngeren Maoris sind nicht mehr tätowiert – außer Tonga, der hat sich die Häuptlingszeichen stechen lassen, um zu provozieren. Ursprünglich bezeichnete man damit die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Stamm. Jede Gemeinschaft hatte verschiedene Tattoos, ähnlich wie Wappen beim englischen Adel.«
    »Die hat man den Kindern aber nicht eintätowiert!«, erregte sich William. »In England ist man zivilisiert!«
    James grinste. »Ja, ich vergaß, die Engländer haben ihren Dünkel mit der Muttermilch eingesogen. Das hat mein Volk anders gesehen. Wir Schotten haben uns schon mal blau angemalt, wenn es gegen die Besatzer ging. Wie lief das bei den echten Iren?«
    William sah aus, als wollte er sich gleich auf James stürzen.
    »Was soll das hier, McKenzie?«, fragte er. »Wollen Sie mich beleidigen?«
    James blickte unschuldig zu ihm hinüber. »Beleidigen? Ich? Sie? Wie käme ich dazu? Ich dachte nur, ich erinnere Sie vielleicht etwas an Ihre eigenen Wurzeln. Ansonsten gebe ich nur gute Ratschläge. Wovon der erste lautet: Machen Sie sich die Maoris nicht zu Feinden!«
    Die Männer ritten nun durchs Lager und passierten ein lang gezogenes Schlafhaus, Vorratshäuser auf Stelzen – 
patakas
, erklärte James – und einige Einzelhäuser. James grüßte die alten Leute und wechselte ein paar scherzhafte Worte mit ihnen. Eine Frau

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