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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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James.
    Selbstverständlich waren auch die Bewohner der umliegenden Farmen gekommen. Gwyneira begrüßte Lord und Lady Barrington und ihre jüngeren Kinder. Die älteren studierten in Wellington oder in England; eine Tochter war auf der Nordinsel verheiratet. Die Beasleys, früher ihre nächsten Nachbarn, waren ohne direkte Erben verstorben, und die entfernte Verwandtschaft hatte die Farm verkauft. Nun führte ein Major Richland, ein Veteran des Krimkriegs, die Schaf- und Pferdezucht ebenso »gentlemanlike« wie Reginald Beasley. Zum Glück hatte er fähige Verwalter, die sich über die widersinnigsten Befehle des Möchtegernfarmers einfach hinwegsetzten.
    Aus Christchurch waren George und Elizabeth Greenwood erschienen, auch sie nur von ihren Töchtern begleitet. Einer ihrer Söhne studierte noch in England, der andere absolvierte Praktika in den australischen Niederlassungen des Handelshauses.
    Die ältere Tochter, Jennifer – ein blasses blondes Mädchen, das zur Schüchternheit neigte –, verstummte gänzlich, als es Kura-maro-tinis ansichtig wurde.
    »Sie ist wunderschön!«, flüsterte sie nur, als sie Kura in ihrem sahneweißen Brautkleid sah.
    Es war nicht zu leugnen. Das in Christchurch geschneiderte Kleid betonte Kuras perfekte Körperformen, ohne anstößig zu wirken. Ihr Brautkranz war aus frischen Blumen, und sie trug das hüftlange Haar offen, das war Schleier genug. Obwohl sie fast so unbeteiligt wirkte wie bei anderen Festen, die sie mit ihrer Anwesenheit beehrte, schimmerte ihre Haut, und ihre Augen funkelten immer dann, wenn sie den Blick auf ihren künftigen Gatten richtete. Als sie zum Altar ging, waren ihre Bewegungen so anmutig wie die einer Tänzerin. Allerdings gab es noch ein kleines Problem, bevor der tatsächlich aus Christchurch angereiste Bischof das Paar unter einem blumengeschmückten Baldachin trauen konnte.
    Jennifer Greenwood, die sonst in Christchurch die Orgel spielte – nach Ansicht des Bischofs »engelsgleich« –, verließ der Mut. Kein Wunder, hatte Dorothy Candler ihrer Mutter doch gerade in den leuchtendsten Farben geschildert, wie das Hochzeitspaar nach Kuras sensationellem Konzert in Haldon zusammengefunden hatte.
    »Ich kann nicht«, wisperte Jenny, hochrot im Gesicht, ihrer Mutter zu. »Nicht jetzt, wo ich sie gesehen habe. Bestimmt verspiele ich mich, und dann schauen alle zu mir hin und vergleichen uns. Ich dachte, das wäre alles übertrieben mit Elaine O’Keefe, aber ...«
    Gwyn, der diese Worte ans Ohr drangen, biss sich auf die Lippen. Natürlich, die Greenwoods kannten wahrscheinlich jede Einzelheit des Eklats um Elaine und Kura in Queens town. George und Elizabeth waren eng mit Helen befreundet; beide hatten als Jugendliche zu ihren Lieblingsschülern gehört. Helen hatte George in England als Hauslehrerin unterrichtet, und Elizabeth zählte zu den Waisenmädchen, die sie dann nach Neuseeland begleitet hatte. Dabei hielt sie besonders vor George bestimmt nichts geheim. Ohne die tatkräftige Unterstützung des Wollhändlers und Import-Export-Kaufmanns hätte ihr Mann Howard seine Farm nicht lange halten können, und Helens Eheleben wäre noch traumatischer verlaufen, als dies ohnehin schon der Fall war. Dazu hing Ruben O’Keefe mit geradezu abgöttischer Liebe an seinem »Onkel George«; sein jüngerer Sohn war nach ihm benannt. Es war gut möglich, dass Rubens Konversation mit Greenwood – oder die Georgies mit seinem Patenonkel – peinliche Geheimnisse offenbart hatte.
    Elizabeth, eine blonde, immer noch schlanke Frau in einem schlichten, eleganten Kleid, versuchte, ihrer Tochter zuzureden: »Es ist doch nur dieses einfache 
Treulich geführt
, Jenny. Das spielst du im Schlaf! Du hast es schon in der Kathedrale gespielt!«
    »Aber wenn sie mich so anguckt, versinke ich im Boden ...« Jenny wies auf Kura, die ihnen jetzt tatsächlich einen eher ungnädigen Blick zuwarf. Schließlich hätte die Musik längst einsetzen müssen.
    Dabei brauchte Jenny sich wirklich nicht zu verstecken. Sie war ein hochgewachsenes, sehr schlankes Mädchen mit goldblondem Haar und einem schmalen, hübschen Gesicht, das von mattgrünen, großen Augen beherrscht wurde. Doch jetzt versuchte sie es zu verbergen, indem sie den Kopf senkte und ihr Haar wie einen Vorhang darüberfallen ließ.
    »Das können wir nicht riskieren!« Galant erhob sich ein junger Mann, der sich bislang in der letzten Reihe versteckt hatte, obwohl Gwyn ihm natürlich einen Platz ganz vorn reserviert hatte:

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