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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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verwirklichen? James, wenn sie wirklich nach England geht, und es wird nichts mit der Singerei, verkauft sie uns die Farm womöglich unter dem Hintern weg!« Gwyn füllte ihr Glas nicht mehr, ging jetzt aber nervös im Zimmer auf und ab. »Ich habe hier vierzig Jahre gearbeitet, und jetzt hängt alles von den Launen eines Kindes ab!«
    »Bis sie volljährig wird, vergehen noch sechs Jahre«, begütigte James. »Was ist mit Helens Vorschlag, sie in ein Internat nach England zu schicken? Fleur schrieb mir so was, und ich fand es ganz vernünftig.«
    »Das war vor William«, meinte Gwyn. »Und der erscheint mir die sicherere Lösung. Aber vorerst ist da ja nichts entschieden. Ich hab ihm nicht erlaubt, um sie zu werben, James. Er darf nur mit ihr zur Kirche gehen ...«
     
    Kura erfreute sich zwei Monate der »offiziellen Begleitung« durch William Martyn. Dann war sie die Sache gründlich leid. Natürlich war es wundervoll, den Geliebten jetzt ohne Heimlichkeiten sehen zu dürfen, aber mehr als ein verstohlener Kuss oder ein paar hastig getauschte Zärtlichkeiten waren nicht drin. Haldon war konservativer als Queenstown; hier gab es keine Goldgräber und Hurenhäuser, nur den Kirchenverein und das Damenkränzchen. Wer mit wem »ausging«, wurde genauestens beobachtet – selbst wenn Heather Witherspoon kurzfristig in ihrer Aufmerksamkeit nachließ, standen Dorothy Candler oder ihre Schwägerin, der Reverend oder seine Gattin bereit, die Liebenden im Auge zu behalten. Natürlich mit überschäumender Freundlichkeit. Alle waren außerordentlich nett zu der wunderschönen Warden-Erbin, die sich nun endlich mal in der Dorfgemeinschaft sehen ließ, und ihrem absolut passenden Galan. Dorothy seufzte, dass es seit Gwyneira und Lucas Warden kein so schönes Paar in der Gegend gegeben habe, und konnte stundenlang davon erzählen, wie sie damals als Mädchen bei der Hochzeit bedient hatte.
    Kura allerdings wollte nicht Tee trinken und plaudern, während alle Leute wie hypnotisiert auf ihre und Williams ineinander verschlungenen Hände starrten. Sie verging vor Begehren und wollte endlich alles das mit William ausprobieren, was Tiare sie über die körperliche Liebe gelehrt hatte. William, so nahm sie an, dürfte das Spiel ebenfalls virtuos beherrschen, sonst hätte er ihre prüde kleine Cousine kaum zu Zärtlichkeiten am Seeufer verführen können. Wenn sie doch nur eine oder zwei Stunden mit ihm allein sein könnte! Aber was das anging, hatte ihr bisheriges zurückhaltendes Leben ihr alle Chancen verbaut. Kura fürchtete sich vor Pferden – also kam ein gemeinsamer Ausritt nicht in Frage. Sie hatte die Umgebung des Haupthauses kaum je verlassen – also konnte sie nicht behaupten, William die Farm, den See, den Steinkreis oder auch nur die Schafe zeigen zu wollen. Nicht einmal das Klavier stand in ihren Privaträumen. Wenn sie William einlud, um ihm vorzuspielen, geschah es im Salon und in aller Regel im Beisein von Heather Witherspoon. Ein- oder zweimal hatte Kura versucht, sich auf den Pfad zum Maori-Dorf zu schleichen und William dort zu treffen, nachdem er offiziell schon weggeritten war. Dabei gelang es ihr immerhin, Miss Heather abzuhängen. Aber einmal folgten ihr Jack und seine Freunde – und beschossen sie beim Küssen kichernd mit Papierkugeln aus ihren Schleudern. Das zweite Mal wurde sie von ein paar Maori erwischt, die natürlich gleich im Lager verbreiteten, dass Kura einen Liebsten hatte. Tiare stellte sie daraufhin zur Rede, was Kura natürlich nicht anfocht. Tongas Wutanfall ging ihr schon eher nahe. Der Häuptling war alles andere als begeistert von einem englischen Zuwanderer, der plötzlich die Hand auf das Stammland seines Volkes legen wollte.
    »Es ist deine Pflicht, dem Stamm das Land zurückzugeben! Du solltest einen der Unseren zum Mann nehmen, zumindest ein Kind mit einem der Unseren zeugen. Danach kannst du machen, was du willst!«
    Auch Tonga wusste von Kuras hochfliegenden Plänen, doch die Maoris sahen es gelassener als ihre Großmutter. Solange Kura einen Erben hinterließ und in England nicht auf die Idee kam, Kiward Station zu verkaufen, konnte sie nach Tongas Ansicht gehen, wohin sie wollte. Allerdings befürchtete auch der Maori-Häuptling das Schlimmste, wenn man Kura sich selbst überließ. Die Eingeborenen wussten nichts von der Disziplin einer Sängerin. Sie sahen nur das überaus sinnliche Mädchen, das schon mit dreizehn Jahren begehrliche Blicke auf die Jungen des Stammes geworfen

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