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Das Lied der Maori

Das Lied der Maori

Titel: Das Lied der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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hatte. Und jetzt dieser Engländer, mit dem sie nur deshalb noch nicht das Lager teilte, weil die 
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 sie fast mit Gewalt davon abhielten. Wenn der richtige Mann kam, würde sie Kiward Station aus einer Laune heraus für ihn aufgeben. Tonga hätte Kura also genauso gern an das Land gebunden wie Gwyn – nur möglichst nicht gleichzeitig an einen 
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, der ihn penetrant an seinen alten Feind Paul Warden erinnerte. Nicht vom Aussehen her, denn Paul war dunkelhaarig gewesen und kleiner als William, aber da war etwas im Auftreten des Neuankömmlings, in der Art, wie er die Maori-Arbeiter auf der Farm einfach übersah. Da war seine ungeduldige Hand am Zügel seines Pferdes, sein herrisches Auftreten ... Tonga schwante nichts Gutes, und das hatte er Kura auch vor Augen gehalten. Wenig diplomatisch, wie Gwyneira ihrem Gatten grinsend berichtete, nachdem Kura sich allen Ernstes bei ihr über den Häuptling beschwert hatte. Gwyneira war nach wie vor angetan von Kuras Verehrer, während James ähnliche Beobachtungen machte wie Tonga.
    Kura jedenfalls war enttäuscht. Sie hatte sich die »offizielle Begleitung« anders vorgestellt. Von nun an Frühlingsfeste auf benachbarten Farmen zu besuchen oder in Haldon um den Maibaum zu tanzen, den man hier im Oktober aufstellte, reizte sie ganz und gar nicht.
    William ging es nicht viel anders, obwohl er die Feste genoss. Vor allem die Einladungen auf benachbarte Farmen oder nach Christchurch interessierten ihn. Schließlich bot das die Möglichkeit, neue Leute kennen zu lernen, die ihn in aller Regel auch gern über ihr Land führten. So gewann William einen Überblick über die Praxis der Schafzucht in den Canterbury Plains, ohne auf Kiward Station neugierige Fragen zu stellen. Nach ein paar Monaten fühlte er sich der Leitung einer solchen Zuchtfarm mehr als gewachsen und brannte darauf, sich als »Schafbaron« zu versuchen. Der Job in Candlers Laden langweilte ihn dagegen zusehends.
    Doch bei all diesen Hoffnungen auf Kiward Station – es war vor allem Kura, nach der es ihn verlangte. Er erwachte jede Nacht aus Träumen von ihr und musste dann klammheimlich das Laken wechseln, damit Dorothys Schwägerin nicht womöglich kichernd herumerzählte, dass seine pralle Manneskraft sich allnächtlich ungefragt entlud. Wenn er sich mit Kura traf, fehlten ihm sogar die schönen Worte; er war dann nur Fühlen und Sehnen, und mitunter konnte er die Erektion kaum verbergen, die schon ihr Anblick bei ihm auslöste. Er musste das Mädchen haben. Bald.
    »Kleines«, sagte er schließlich, als sie wenigstens mal außer Hörweite der restlichen Bevölkerung von Haldon waren. Das monatliche Pfarrpicknick war mit einer Bootsfahrt verbunden, und so ruderte William seine Liebste über den Lake Benmore. Freilich immer in Sichtweite des Ufers und mindestens dreier Boote, in denen andere junge Paare die gleichen Qualen erlitten. »Wenn du wirklich nicht warten willst, müssen wir heiraten.«
    »Heiraten?«, fragte Kura erschrocken. Bisher hatte sie nie daran gedacht. Sie träumte nur davon, ihre Liebe zu leben – und nebenbei Triumphe als Sängerin zu feiern. Darüber, wie das praktisch aussehen sollte, zerbrach sie sich nicht den Kopf.
    William lächelte und legte – gerade noch erlaubt – locker den Arm um sie. »Möchtest du mich denn nicht heiraten?«
    Kura biss sich auf die Lippen. »Kann ich denn noch singen, wenn ich verheiratet bin?«
    William schüttelte verwundert den Kopf. »Was für eine Frage! Die Liebe wird deine Stimme erst voll erblühen lassen!«
    »Und du gehst mit mir nach London? Und nach Paris?« Kura räkelte sich in seinem Arm und versuchte, so viel Nähe wie möglich zu erzwingen.
    William schluckte. London? Paris? Aber warum eigentlich nicht? Die Wardens waren reich. Warum sollte er ihr also keine Europareise versprechen?
    »Aber natürlich, Liebste. Mit allergrößter Freude! Europa wird dir zu Füßen liegen!«
    Kura wand sich anmutig in seinem Arm und küsste, von neugierigen Blicken einen Moment abgewandt, seine Schulter und seinen Hals.
    »Dann lass uns bald heiraten«, schnurrte sie.
     
    Im Grunde ging Gwyneiras Rechnung mit Williams Heiratsantrag auf, doch als seine förmliche Bitte um Kuras Hand schon so bald erfolgte, meldete sich doch ihr Gewissen. Und letztendlich triumphierte ihre Liebe zu Kura über die zu Kiward Station. James hatte Recht, sie musste dem Mädchen die Wahl zwischen einer Heirat und einer künstlerischen Karriere lassen, egal wie sie

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