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Das Lied der roten Erde (German Edition)

Das Lied der roten Erde (German Edition)

Titel: Das Lied der roten Erde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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gefüllt hatten.  
    Neben Alistair und dem Major bestand der kleine Trupp aus dem jungen, schlaksigen Sergeant Gillet sowie vier einfachen Soldaten. Alistair rutschte auf dem unbequemen Sattel herum und suchte vergeblich eine für ihn angenehme Position. Sein Hinterteil fühlte sich so wund an, als hätte man ihn übers Knie gelegt. Der gestrige Weg von Toongabbie nach Parramatta war schlimm genug gewesen, aber da hatte er wenigstens auf einem halbwegs befestigten Pfad reiten können. Sich querfeldein durch den feuchten, feindseligen Busch quälen zu müssen war jedoch eine unzumutbare Steigerung. Von überall tropfte es auf ihn herab, der letzte ausgiebige Regenguss lag noch nicht lange zurück. Wohin er auch blickte, sah er nur grün, in allen möglichen Schattierungen. Von allen Seiten lärmte, schnatterte und kreischte es. Erschrocken fuhr er zurück, als sich in Augenhöhe eine braune Schlange von einem Baum herunterließ und vor ihnen im Gebüsch verschwand.  
    Er hasste dieses Land. Er hasste diese fremdartige Natur mit all ihren widerwärtigen Kreaturen. Für einen Naturforscher mochte dieser Ausflug in die Wildnis sicher höchst erbaulich sein. Aber er war kein Naturforscher. Er war Arzt und wollte nichts mehr, als in seinem Studierzimmer zu sitzen und sich um seine Forschungen und seine Patienten zu kümmern.  
    Und am Ende dieser Qualen stand womöglich Duncans Festnahme. Würde der Major später etwa auch darauf bestehen, dass Alistair der Hinrichtung des jungen Sträflings beiwohnte? Kalter Schweiß brach ihm bei dieser Vorstellung aus. Gott mochte verhindern, dass er sich das antun musste.  
    Sie waren der Fährte noch keine halbe Stunde gefolgt, als der Major sein Pferd anhielt und behände aus dem Sattel sprang. Alistair hoffte schon auf eine Pause, doch der Major pflückte lediglich einen bunt schillernden Käfer samt Blatt von einem Baum. Dann übergab er ihn Higgins, einem blassen, pickligen Obergefreiten, der den Fund in ein Tuch wickelte und in seiner Satteltasche verstaute. Zu Hause würde der Major den Käfer wahrscheinlich mit einer Nadel durchbohren und ihn auf einem Papier befestigen.  
    Der Boden war immer sumpfiger geworden, überall erstreckten sich Tümpel und riesige Pfützen, Froschgequake erfüllte die heiße, stickige Luft. Nach zwei Stunden hatte der Major nicht nur weitere Insekten gefangen, sondern seiner Sammlung auch noch einen grasgrünen Baumfrosch hinzugefügt, den er mit einem Schlag auf den Kopf getötet hatte. Alistair schwitzte, sein Hemdkragen war durchnässt und klebte an seinem Hals. Erneut holte er sein Taschentuch aus der Westentasche, fuhr sich über sein verschwitztes Gesicht und trank nach kurzer Überwindung ein paar lauwarme Schlucke Wasser aus der Feldflasche, die der Sergeant ihm reichte. Inzwischen waren alle abgestiegen und führten die Pferde, da Reiten bei diesem Untergrund kaum möglich war. Alistair war einerseits dankbar, da er auf diese Weise seinem geschundenen Hinterteil eine Pause gönnen konnte, andererseits war auch das Laufen unangenehm, denn die Schuhe versanken nun tief im weichen Boden. Bei jedem Schritt gab die feuchte Erde die Füße nur widerwillig mit einem schmatzenden Laut frei.  
    Die Männer blieben stehen, als der Major erneut die Hand hob, den Finger auf die Lippen legte und nach vorne deutete. Im ersten Moment hoffte und fürchtete Alistair gleichermaßen, sie könnten am Ziel ihrer Suche sein, aber dann sah er vor sich, neben dem sumpfigen Gelände, einen flachen Hügel aus aufgeschichteten Blättern und Gräsern. Ein kleiner See, eher ein Tümpel, erstreckte sich daneben.  
    »Leise!«, flüsterte der Major. Er drückte Alistair, der ihm am nächsten stand, die Zügel seines Pferdes in die Hand, zog seinen Degen und ging ein paar vorsichtige Schritte nach vorne. Mit einer raschen Bewegung ließ er seinen Degen senkrecht niederfahren. Dann hob er die Waffe. Auf der Klinge wand sich eine kleine gepanzerte Kreatur, so lang wie ein Unterarm, und stieß ein paar klägliche, fiepsende Laute aus. Ein paar Augenblicke später war sie still und rührte sich nicht mehr.  
    »Higgins, hierher!« Er winkte dem Obergefreiten, der auch seine bisherigen Funde an sich genommen hatte. »Es sieht aus wie ein winziges Krokodil. McIntyre, was sagt Ihr dazu? Wusstet Ihr, dass es in Neuholland Krokodile gibt?«  
    »Nein, Major, das wusste ich nicht.« Alistair bezweifelte, dass irgendjemand es wusste. Dieses riesige Land war zum großen Teil

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