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Das Lied der roten Erde (German Edition)

Das Lied der roten Erde (German Edition)

Titel: Das Lied der roten Erde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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wenige Tagesmärsche entfernt im Westen liegen sollte, gleich hinter den Blue Mountains. Es hieß, eine Straße führe direkt dorthin, man müsse sie nur finden. Manche nannten es China, andere das gelobte Land. Dort lebe man wie im Paradies, ohne arbeiten zu müssen. Und wer konnte ausschließen, dass sie recht hatten?  
    »Glaubst du wirklich daran?«  
    »Du nicht? Andere haben es auch geschafft!«  
    »Wer sagt dir, dass sie nicht einfach im Busch umgekommen sind? Oder von den Eingeborenen getötet wurden?«  
    »Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.« Samuel verzog sein Gesicht zu einer Grimasse, die wohl ein Grinsen darstellen sollte. »Hör mal, Duncan, ich habe nicht vergessen, was du für mich getan hast. Nur deshalb bin ich hier. Also, was ist? Kommst du mit?«  
    Duncan sah die unbedingte Entschlossenheit in den Augen des anderen. Samuel würde sich nicht umstimmen lassen. Und wenn einer es schaffen konnte, dann dieser Bär von einem Mann. Vielleicht gelang es ihm tatsächlich, China zu erreichen oder eine andere Siedlung weißer Männer und Frauen, wo man ihn mit offenen Armen aufnehmen würde. Es war ein Wagnis, aber was hatte Samuel schon zu verlieren? Er selbst dagegen …  
    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Ich bleibe. In wenigen Jahren bin ich frei.«  
    Falls der Hüne enttäuscht war, dann sah man es ihm nicht an. »In Ordnung. Dann sind wir quitt.« Er wandte sich zur Tür.  
    »Viel Glück«, sagte Duncan. »Möge Gott dir auf deinem Weg beistehen.«  
    »Amen«, gab Samuel zurück. Dann verschwand er in der Nacht.  
    Duncan sah ihm nach, bis er ihn nicht mehr erkennen konnte. Für einen Augenblick erdrückte ihn die Sehnsucht nach Freiheit fast. Dann fiel sein Blick auf das Haus des Doktors, weiß in der Dunkelheit, und die Sehnsucht brannte etwas weniger heftig. Er schüttelte den Kopf und schloss die Tür des Kutschenhauses.  
    Ein Pferd schnaubte. Duncan strich ihm beruhigend über die Flanke, klopfte leicht auf sein Fell. Der scharfe Geruch des warmen Pferdeleibes rief Erinnerungen an seine Kindheit zurück. Der Duft von Gras und Erde. Die Gemeinschaft der Gruppe beim Feiern. Sein Vater, der zu den Klängen der Geige tanzte. Pferde, die über Wiesen stoben. Auch damals war es seine Aufgabe gewesen, sich um die Pferde zu kümmern, die Tiere, die ihnen allen so wichtig waren. Tinker nannte man sie, Kesselflicker, fahrendes Volk. Den meisten Menschen waren sie ein Dorn im Auge, nirgends waren sie gern gesehen, nur geduldet, da sie sich darauf verstanden, den Leuten ihre beschädigten Töpfe und Pfannen zu reparieren.  
    Er war es gewohnt, ein Ausgestoßener zu sein. Und jetzt hatte es ihn hierher verschlagen, auf einen Kontinent am Rande der Welt, erneut ausgeschlossen von der Gesellschaft. Ein Sträfling. Doch in den vergangenen Tagen hatte sein Leben eine erstaunliche Wendung zum Besseren genommen. Bislang war die Arbeit nicht schwer, und es gab genug zu essen. Er kümmerte sich um die Pferde und um sonstige anfallende Arbeiten außer Haus. Der Doktor war erfreut gewesen, als er gehört hatte, dass er, Duncan, mit Metall umgehen konnte.  
    »Sehr gut«, hatte er gesagt und sich dabei über seinen breiten Backenbart gestrichen. »Sehr gut.«  
    Der Doktor war kein schlechter Mensch. Vielleicht ein wenig wunderlich, aber Duncan würde ihm nie vergessen, dass er ihn aus dem Straflager geholt hatte. Und dann war da noch die reizende Mrs McIntyre. Moira. Ihr Name klang süß wie Honig, mit einer scharfen Note dahinter. Wann immer er an sie dachte, wurde ihm warm ums Herz, und gleichzeitig legte sich Traurigkeit darüber. Sie tat ihm leid. Es gab keine Liebe zwischen den Eheleuten, das hatte er sofort gespürt. Die Vorstellung, wie sich der Mann, den er bis vor kurzem für ihren Vater gehalten hatte, zu ihr legte, hinterließ ein seltsames Gefühl bei ihm. Wie er sie bestieg. Tat er es jetzt?  
    Er zwang sich, diesen Gedanken fortzuschieben wie ein lästiges Insekt. Solche Überlegungen waren gefährlich. Er durfte sich nicht erlauben, so an Mrs McIntyre zu denken. Niemals.  
    Er wandte sich um und kletterte zurück auf den Heuboden.  

8.  
     
    Der Biss sah nicht sonderlich gefährlich aus. Die Handwurzel war leicht geschwollen und gerötet, die Bissstellen wirkten wie zwei nebeneinandergesetzte große Stiche. Alistair rückte seine Brille auf der Nasenspitze zurecht und bedachte den Gefangenen mit einem prüfenden Blick. »Eine Spinne, sagst du?«  
    Der Mann, ein ausgezehrter

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