Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition)
gefallen ist. Und wie die meisten von uns konnte er halt nicht schwimmen. Der Kommandant hat keine Fragen. Ich weiß also nicht, was du willst.« Er stopfte seine Pfeife, zündete sie an und setzte sich auf das untere Bett gegenüber von Dowd. »Und wen kratzt es überhaupt? Der Kerl war ein übles Schwein, so viel steht fest.«
»Das stimmt schon«, fand Dowd. Er sah zu, wie McLean zwei Kartenspiele auf der Decke ausbreitete. Mit einer Hand nahm er die Karten auf, während er sich mit der anderen über den Nacken unter seinem strähnigen Haar rieb. »Hier zieht es heute Abend ganz besonders, mir ist richtig eiskalt.« Verstohlen blickte er sich in der dämmrigen Bara cke um. Die Beleuchtung bestand nur aus ein paar mick rigen Kerzen in Wandhaltern und gelegentlich mal einer auf einer Armeekiste, die gespenstische Schatten an die Wand warfen. »Es ist nur so, weißt du«, flüsterte er und wischte sich über die schweißfeuchte Stirn, » ihr Fluch . Ru pert, glaubst du …«
»Bist du bekloppt, Mann? Halt die Klappe, Tom«, zischte McLean und ballte die Faust, als wolle er ihn schlagen.
Dowd zuckte zurück. »Is ja schon gut!«
McLean warf ihm einen vernichtenden Blick zu. »Was willst du einsetzen? Lass uns Karten spielen und Elijah vergessen und auch … du weißt schon wen.«
Etwa eine Stunde später spielten sie immer noch Karten, im Licht einer einzigen verbleibenden Kerze. Rupert McLean hatte Dowd so ziemlich alles von Wert abgenommen. Sein Gewinnstapel bestand aus ein paar Münzen, einem hübsch gravierten Zinnteller, einer kleinen Silberschachtel mit einer Goldrandbrille und einer schönen Wolldecke, auf die schon einige andere Soldaten neidisch waren, besonders in den Winternächten.
»Du hast heute Abend verdammt viel Glück, was?«, knurrte Dowd. »Hast mich völlig ausgenommen.«
»Hör auf zu jaulen, Tom, schlechte Verlierer kann ich nicht ausstehen.«
»Und du verlierst selten, stimmt doch, oder?«, be schwerte sich Dowd missmutig.
Sarah, die den Männern und dem Kartenspiel vom oberen Bett aus zugesehen hatte, fand Thomas' Feindseligkeit interessant. Andere Soldaten gingen ähnlichen Beschäftigungen nach wie die beiden, einige lagen auf ihren Betten, einer las ein Buch, und andere redeten, erzählten sich Geschichten und lachten dabei.
Sarah merkte, dass sich Thomas immer mehr aufregte.
Seine Haut hatte eine rötliche Färbung angenommen, und sein Atem ging schwer. Der Mann war schon sonst ziemlich humorlos und hatte Gerüchten zufolge ein hitziges Temperament. In der Küche der Stewarts hatte sie außerdem Gerüchte über McLean gehört. Als er nach Norfolk gekommen war, hatte er den Ruf, ein Falschspieler zu sein, aber Dowd hatte ihn nicht dabei erwischen können. Sie jedoch sah, dass er in jedem zweiten Spiel die Karten unter dem Stapel wegnahm und dass er ein oder zwei Extrakarten im Ärmel hatte, um seine Gewinnchancen zu erhöhen.
Vielleicht sollte sie Dowd helfen und ihm Ruperts Unehrlichkeit bewusst machen …
Rupert eine Karte aus dem Ärmel zu zupfen und auf den Boden flattern zu lassen, war leicht. Selbst der kurzsichtige Dowd konnte das kaum übersehen.
»Zum Teufel, Mann, du betrügst ja! Ich weiß es!« Dowds Wut kochte über, als er das Ass auf dem Boden sah. »Das ist dir grade aus dem Ärmel gefallen, du betrügerischer Schweinehund! Ich hab's gesehen!«
Rupert lachte verlegen, da er sah, dass sich auch andere Männer jetzt für sie zu interessieren begannen. »Ganz ruhig, Kumpel. Ich glaube, du täuschst dich. Das kam woanders her.«
»Nennst du mich etwa einen Lügner?«, fuhr Dowd auf, erhob sich vom Bett und griff McLean am Unterhemd.
Innerhalb von Sekunden entbrannte ein Faustkampf. McLean war im Vorteil, weil er größer war und eine größere Reichweite hatte, aber Dowd, untersetzter und weniger fit, war so wütend, dass er mit aller Kraft auf McLean losging.
Der Kampf zog die anderen Soldaten an. Sarah sah, wie sie sich im Kreis um die Kämpfenden aufstellten, Schimpfwörter riefen und sie heftig anfeuerten. Innerhalb von Minuten stellte sich heraus, dass McLean der bessere, ausdauerndere Kämpfer war. Er schlug Dowd voll auf die Nase, aus der Blut schoss, und das Knirschen von Knochen machte allen klar, dass er ihm die Nase gebrochen hatte.
Blutend und zerschlagen schrie Dowd seinen Gegner an. Dann fuhr seine rechte Hand plötzlich zu seinem Stiefel und zog ein Messer mit einer schmalen Klinge heraus. »Ich stech dich ab, du Schwein!«
Töte ihn, Thomas,
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