Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition)
Teil davon. Irgendwie bin ich darin verwickelt worden und muss es jetzt lösen.«
»Auch wenn du dabei möglicherweise den Verstand verlierst?«
Vehement schüttelte sie den Kopf. »Das glaube ich nicht. Eine Zeit lang habe ich gedacht, ich werde verrückt, weil das alles so merkwürdig war. Aber Marcus hat mir geholfen, viele Dinge über mich selbst und auch über Sarah zu sehen und zu verstehen.«
Mist! Ihm kam der Gedanke, dass Marcus möglicherweise ebenfalls nicht alle Tassen im Schrank hatte. Wer konnte das bei den dämlichen Psychologen schon sagen? »Jess, ich mache mir wirklich Sorgen um dich, weißt du.« Das stimmte zwar, aber genauso machte er sich Sorgen um sich selbst und darum, was die Leute sagen könnten. Der Ruf eines Arztes hing zum Teil auch von seinem Ansehen ab, und wenn die Leute erfuhren, dass seine Frau – ja was denn eigentlich? Von der Rolle war? Nicht ganz dicht? – könnte das nicht nur einen schlechten Einfluss auf seine Arbeit hier haben, sondern zudem auf seine Zukunftspläne mit dem Geriatriekomplex. Diesen zu bauen und zu betreiben würde ihm eine glänzende Karriere einbringen und auf Lebzeiten ein gesichertes Einkommen. Warum konnte Jessica das nicht einsehen? Weil sie viel zu sehr mit ihren eigenen Problemen beschäftigt war, Problemen, die sie selbst geschaffen hatte.
»Ich weiß, dass du dir Sorgen um mich machst, und ich weiß das auch zu würdigen, aber …«
»Egal was ich sage, du willst hier bleiben.«
»Ja.« Entschlossen schob sie das Kinn vor. »So lange, bis ich dieses Rätsel gelöst habe.«
Sein Gesicht nahm den gewohnten schmollenden Ausdruck an. »Dir ist es also egal, wie ich darüber denke oder wie mir dabei zumute ist, bei dieser … ganzen verrückten Angelegenheit?«
»Aber natürlich nicht.« Doch dann fuhr sie dickköpfig fort: »Simon, ich hatte gehofft, du würdest mich verstehen und mich dabei unterstützen.«
Ihr vorwurfsvoller Ton machte ihm ein schlechtes Gewissen. »Verdammt noch mal, Jess, das versuche ich ja«, gab er ärgerlich zurück. Er wusste, dass seine Wut zum größten Teil der Tatsache entstammte, dass er sie nicht länger beeinflussen konnte wie in der Vergangenheit. Enttäuscht über die Wendung, die ihr Gespräch genommen hatte, warf er einen letzten zornigen Blick auf das Gemälde, griff nach seiner Aktentasche und rief über die Schulter zurück: »Ich frühstücke im Krankenhaus.«
Aufgebracht stampfte Jessica mit dem Fuß auf. Es war Simon in letzter Zeit zur Gewohnheit geworden, jedes Mal, wenn er bei einer Diskussion nicht die Oberhand behielt, wegzulaufen, meistens zu seiner Freundin, der Oberschwester. Es verschaffte ihr eine gewisse Befriedigung, ihm hinterherzurufen: »Bitte! Oberschwester Levinski wird dir sicher gerne höchstpersönlich den Speck braten!«
Sarah hatte in der Nische zwischen Bad und dem großen Schlafzimmer gelauert und dem Streit des Paares ungeniert zugehört. Der Mann, Simon, konnte mit seinem fadenscheinigen Gerede und seinem Zynismus zu einem Problem werden. Schlau machte er ihre Bemühungen um Jessica zunichte, und das würde sie nicht zulassen. Dazu war ihr Ziel zu wichtig.
Außerdem gefiel es ihr nicht, dass er Jessica gewisse Medikamente gab. Was auch immer das war, sie machten es schwerer, in den Kopf ihres Opfers zu gelangen und nachts Jessicas schlafendem Körper ihren Willen aufzuzwingen. Es kostete sie viel zu viel Kraft und erschöpfte sie.
Sollte sie etwas gegen Simon unternehmen?
Das konnte sie. Es gab Mittel und Wege. Sie hatte es in der Vergangenheit schon getan. Doch damals war es um Gerechtigkeit gegangen, um Rache. Simon, stellte sie fest, war ein schwacher, selbstsüchtiger Mann. Zwar liebte er seine Frau in gewisser Weise, dachte aber zuerst immer an sich. Seine Charakterschwächen waren nicht schön, aber kein Grund, ihn zu töten.
Sie dachte an Elijah und wie sie ihn dafür hatte zahlen lassen, was er ihr angetan hatte. Und an die anderen, Dowd und McLean. Auch sie waren zu ihrer Zufriedenheit behandelt worden …
»Ich sage dir, Rupert, das macht keinen Sinn, so, wie Elijah ertrunken ist«, sagte Thomas Dowd in der halbdunklen Kaserne eine Woche, nachdem ihr Kamerad gestorben war. »Ich habe gehört, dass sein Gesichtsausdruck die Leute, die ihn auf den Felsen gefunden haben, zu Tode erschreckt hat.«
McLean zuckte mit den Schultern, als er seine Jacke auszog und sich heftig unter den Achseln kratzte. »Elijah ist nicht der Erste, der aus einem Leichter
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