Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition)
und mich umzuziehen.«
Es entging ihr nicht, dass er mich statt uns sagte. Unbeteiligt sah sie ihm nach. Ein kleiner, misstrauischer Teil ihres Gehirns fragte sich, ob er ihr die Wahrheit sagte. Dann fragte sie sich selbst, ob ihr das etwas ausmachte. Nein. Sie durchliefen beide nur ein Ritual, und es war an der Zeit, dass sie etwas unternahmen.
»Sie sind ohne ihre Frauen hier, deshalb dachte ich, dass du dich wahrscheinlich langweilen würdest«, erklärte Simon, bevor sie ihn danach fragen konnte.
»Ich verstehe. Wenn du geduscht hast, sollten wir uns unterhalten.«
»Über was?«
»Uns.«
Gereizt blicke Jessica auf ihre Armbanduhr. Was tat er denn so lange im Bad? Er war schon eine Ewigkeit da drinnen.
Mit grimmigem Lächeln stellte sie fest, dass er das Unvermeidliche hinauszögerte. Zum Teil, um sich selbst aufzuheitern, zitierte sie die bekannten Zeilen aus Alice im Wun derland: Die Zeit ist reif, das Walross sprach, von mancher lei zu reden …
Schließlich kam er in bequemen schwarzen Hosen und einem grünen Sporthemd, das er aus einem der Geschäfte an der Taylors Road hatte.
Sie sah ihm zu, wie er zur Anrichte ging, wo ein Silbertablett mit einigen Spirituosen stand. Er hatte schon immer irgendeine Art Verstärkung gebraucht, wenn eine unangenehme Aufgabe bevorstand, fiel ihr auf. Armer Simon. Sie brachte noch genügend Mitgefühl auf, den Mann zu bemitleiden, zu dem er geworden war. Gierig, habsüchtig, fast verzweifelt bemüht, so erfolgreich zu sein, dass es die Leute bemerkten. Es reichte ihm nicht mehr, der beste Arzt zu sein. Irgendeine Komponente seiner Persönlichkeit, wahrscheinlich sein Ego, brauchte mehr. Gelangweilt fragte sie sich, was wohl ein Psychiater davon halten würde.
»Möchtest du auch etwas?«, fragte er. Als sie den Kopf schüttelte, goss er sich einen Whisky ein und setzte sich in einen Sessel gegenüber von dem Sofa, auf dem sie saß.
»Also, worüber sprechen wir jetzt?«, fragte er mit gespielter Fröhlichkeit.
»Ich glaube, du weißt es. In einem Wort: Scheidung.«
Seine Augenbrauen hoben sich, und er rutschte erstaunt auf dem Sitz vor. »Jesus, was redest du denn da? Scheidung! Das ist völlig lächerlich.« Er warf ihr einen Blick zu und sah dann schuldbewusst weg. »Ich dachte, wir hätten diese unangenehme Sache, ich meine Sue, hinter uns gelassen.«
»Mach dir doch nichts vor, Simon. Wir sind kein Paar mehr. Wir sind zwei einzelne Menschen, die im selben Haus wohnen, das ist schon fast alles.«
»Und wessen Schuld ist das? Du willst doch nicht, dass ich dich anfasse, du zuckst zurück, wenn ich dir zu nahe komme.«
»Du hast Recht.« Sie blickte ihm gerade in die Augen, damit er ihre Botschaft nicht missverstehen konnte. »Ich kann es nicht mehr ertragen, dass du mich berührst. Es ist fort. Alles. Ich liebe dich nicht mehr, und ich möchte nicht die Lüge leben, der Welt ein glückliches Paar vorzuspielen.« Sie holte Luft und registrierte seinen schockierten Gesichtsausdruck, bevor sie fortfuhr: »Wenn du ehrlich zu dir selber wärst, dann würdest du das ebenso zugeben. Du liebst mich auch nicht mehr, genauso, wie ich dich nicht mehr liebe. Was uns noch bleibt, sind die Jahre der Vertrautheit, dass wir über zehn Jahre als ein Paar zusammengelebt haben.« Sie strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn und dachte kurz nach. »Ich weiß nicht genau, wie oder wann, aber irgendwo ist etwas mit uns geschehen. Es hat schon vor langer Zeit begonnen, und langsam, ohne dass wir es bemerkt haben, sind die Liebe und die Zuneigung einfach verschwunden.«
»Du bist wirklich verrückt«, entfuhr es ihm, seine Wangen vom Zorn gerötet und mit einer gehörigen Portion Verzweiflung in der Stimme. Er musste sie vom Gegenteil überzeugen, ihr beweisen, dass es für sie noch eine Chance gab, glücklich zu werden, auch wenn er Jessicas Dickkopf nur zu genau kannte und wusste, dass sie, wenn sie erst einmal eine Entscheidung getroffen hatte, weder Gott noch eine Atombombe davon abbringen konnte.
»Wir haben eine schlimme Zeit durchgemacht. Erst Damian und jetzt … diese verdammte Sarah-Sache. Alle Ehen machen solche Phasen durch, das hast du bei deiner Arbeit als Anwältin oft genug gesagt. Wir brauchen Zeit, Jess, nur etwas Zeit. Wenn mein Vertrag in Norfolk in zwei Monaten ausläuft, werden wir zusammen einen schönen Urlaub machen. Irgendwo in Übersee, an irgendeinem exotischen Ort, und dort wiederbeleben, was wir verloren haben.«
Sie schüttelte den Kopf,
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