Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition)
schmerzhaft die schreckliche Leere in sich spürend. Sie hatte keine Ahnung gehabt, wie schwer es sein würde, mit ihm zu reden, es zu beenden. Und es fiel ihr zunehmend schwerer. »Simon, unsere Gefühle sind nicht verloren gegangen wie ein Paket bei der Post. Sie sind tot.«
»Nein …« Er schluckte den Rest seines Whiskys herunter und setzte das Glas mit einem Knall auf dem Kaffeetisch ab. »Das kann ich nicht akzeptieren.«
»Manchmal ist es schwer zu akzeptieren, dass eine Ehe am Ende ist. Aber ich glaube, wir beide müssen erwachsen genug sein, diese Sache anständig zu beenden.«
Er saß da und versuchte verzweifelt, sich ein stichhaltiges Argument einfallen zu lassen, doch das Einzige, was ihm einfiel war, jemand anderen zu beschuldigen. »Es ist wegen Sue, nicht wahr? Wenn sie nicht da wäre, dann hätten wir noch eine Chance, nicht wahr?«
»Es ist nicht wegen Sue«, stritt sie ab. »Unsere Probleme haben schon lange vor Sue angefangen, aber wir haben es nicht gemerkt oder uns geweigert, es zu sehen. Du hast dich verändert, als du diesen Plan mit dem Geriatriekomplex gefasst hast.«
»Oh!« Aggressiv schob er den Kiefer vor. »Es ist also meine Schuld, weil ich unsere Zukunft sichern wollte, ja? Das ist ziemlich dumm und unfair. Und das weißt du.«
»Das ist nicht deine Schuld und meine auch nicht. Wir tragen beide die Verantwortung dafür.«
»Oh, schön. Das ist ja verdammt großzügig von dir. Du gehst als reiche Frau aus unserer Ehe hervor, und ich …«
Sie runzelte die Stirn, als sie auf einmal erkannte, wo das eigentliche Problem dieser Unterhaltung und ihrer Wendung lag. Geld. Großer Gott. Natürlich. Darum war es immer gegangen. Geld. »Und du was? Was, Simon?« Als er nicht antwortete, forderte sie ihn auf: »Komm schon, leg die Karten auf den Tisch, jetzt gleich.«
»Du hast dir nie Sorgen machen müssen wegen des Geldes. Zuerst hat dein Vater für dich gesorgt, er hat dir und Alison alles geboten, was ihr euch gewünscht habt. Und nach seinem Tod hat er dir ein großes Vermögen hinterlassen. Deine Aktienpakete sind heute eine Menge wert, Jessica. An die zwei Millionen, schätze ich. Aber ich musste schuften wie ein Tier für das, was ich habe. Meine Eltern haben mir nichts hinterlassen. Die Farm wurde kurz nach Mums Tod verkauft, und das reichte gerade aus, um die Schulden zu bezahlen. Ich habe gearbeitet, um meinen Universitätsabschluss zu machen und die Assistenzzeit in London zu bezahlen. Ich habe praktisch von der Hand in den Mund gelebt. Und auch später, als ich mir über Jahre hinweg eine eigene Praxis aufgebaut habe …«
»Was dir sehr gut gelungen ist«, gestand ihm Jessica zu. »Du bist ein hochangesehener Spezialist in Perth, und ich weiß, wie hoch dein Jahreseinkommen ist. Also erzähl mir nicht, dass du ohne mich verarmst. Das kaufe ich dir nicht ab.«
»Aber mein Projekt würde mich zum Multimillionär machen, Jess, und mich, ich meine uns, für unser ganzes Leben absichern.«
Ihr Gesichtsausdruck blieb eisern, um ihm nicht zu zeigen, wie sehr er sie enttäuschte. »Ich wünsche dir viel Erfolg damit, Simon, wirklich. Aber ich will kein Teil davon sein.«
»Verdammt noch mal, du weißt ganz genau, dass ich das Projekt ohne deine Mittel nicht verwirklichen kann. Ich habe nicht genügend eigenes Kapital.«
»Oh, darum geht es also bei der Aufrechterhaltung unserer Ehe? Nicht um mich oder uns oder unsere Erinnerung an Damian, sondern nur um das Projekt und das Geld. So ist es doch, oder?«
Er hatte den Anstand, beschämt dreinzusehen, und konnte ihrem Blick nicht länger als eine Sekunde standhalten. »Ich habe so hart gearbeitet«, jammerte er. »Ich habe meinen Erfolg verdient, und wenn wir uns jetzt trennen, dann machst du ihn mir unmöglich.«
Trauer umfing Jessicas Herz und schnürte es so eng zusammen, dass sie kaum mehr atmen konnte. Jetzt waren sie also am Grunde der Sache angelangt. In ihrem Arbeitsleben hatte sie gelernt, dass eine gütliche Beilegung der Scheidung meist durch die Frage des Geldes, des Hauses oder wer die Kinder bekommt unmöglich gemacht wurde. Ihr kam der Gedanke, dass sie ihm einen Teil ihres Vermögens überschreiben könnte. Sie brauchte das ganze Geld nicht. Doch dann fiel ihr wieder ein, wie hart ihr Vater dafür gearbeitet hatte, um die Grundlage dafür zu schaffen, und es erschien ihr auf einmal unmoralisch. Außerdem, was hatte Simon schon getan, um dieses Geld zu verdienen? Nicht annähernd genug.
»Ich bin sicher, wir
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