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Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition)

Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition)

Titel: Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynne Wilding
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ihren Verlust anderen gegenüber zu verbalisieren. Sie konnte nur hoffen, dass es noch in diesem Leben geschehen würde.
    »Sie müssen mit Simon kommen und Weihnachten mit uns verbringen. Meine Familie würde sich freuen, Sie beide kennen zu lernen«, sagte Nan bestimmt, während sie Jessica aus dem Studio wieder zu ihren Gästen zurückbrachte.
    »Ich … das können wir nicht«, protestierte Jessica.
    »Ich bestehe darauf«, entschied Nan. »Ich werde mit Marcus reden und mit Simon. Für Sie ist es viel besser, mit anderen Leuten zusammen zu sein, als alleine zu bleiben.«
    Trotz Jessicas und Simons Protesten, dass sie sich den Duncans nicht aufdrängen wollten, konnten Marcus und Nan sie schließlich überreden.
    Überraschenderweise genoss Jessica den Rest des Abends. Jedermann war freundlich und interessiert, meist an Simon als Leiter des Krankenhauses. Sie wusste, wie gerne er im Mittelpunkt stand. Es war lustig, aber bis letztes Jahr hatte sie nie bemerkt, wie sehr er die Bewunderung brauchte. Es machte ihr nichts aus, ganz im Gegenteil. Aber sie hatte das Gefühl, als befinde sie sich auf einem emotionalen Spießrutenlauf, traf Fremde, machte Smalltalk, agierte und überlebte, was sie als Prüfung angesehen hatte. Sie wusste, dass ihre Zuversicht zur Zeit sehr gering war, und hatte zuerst geglaubt, dass sie alle anstarren würden, sie untersuchen würden, als ob sie eine merkwürdige, einigermaßen interessante Subspezies sei. Paranoia, ein Übel, unter dem sie bislang noch nie gelitten hatte, drohte Oberhand zu gewin nen. Wo, fragte sie sich, wie so oft in diesen Tagen, wo war die alte Jessica? Einst hätte sie solche Gedanken als sinnlos abgetan. Diese Jessica, die Rechtsanwältin, die erfolgreiche Juristin, schien in einem anderen Leben existiert zu haben. Vielleicht – sie wollte nicht daran denken, zwang sich je doch dazu –, vielleicht war diese Jessica für immer verschwunden.
    »Alles in Ordnung?«, erkundigte sich Simon, als sie am Geländer lehnend zu Abend aßen.
    »Ja. Nur ein Ausrutscher«, gab Jessica mit einem mageren Lächeln zu und schob sich Krautsalat in den Mund. Sie bemerkte, wie sich Simons Blick auf die Hintertür des Duncan-Hauses heftete und folgte ihm.
    Die Silhouette einer kleinen, dunkelhaarigen Frau zeichnete sich im Türrahmen ab. Mit selbstbewusstem Hüftschwung ging sie auf die kleine Gruppe von Menschen zu, nach allen Seiten grüßend. Sie trug einen lila Hosenanzug und Schuhe mit zehn Zentimeter hohen Absätzen, auf denen sie kaum laufen konnte, war perfekt frisiert und geschminkt. An ihren Armen, Fingern und am Hals glitzerte Schmuck wie bei einer Zigeunerin, die ihren gesamten Reichtum bei sich trägt, damit ihn alle bewundern und sie beneiden können.
    »Sue«, informierte Simon Jessica leise.
    Jessica schaute noch einmal genauer hin und stellte fest, dass Sue Marcus die Arme um den Hals geschlungen hatte und ihm einen Kuss auf die Wange gab.
    »Marcus, mein Lieber.« Sue Levinskis Stimme klang rauchig und für einen aufmerksamen Zuhörer auch leicht undeutlich. »Ich habe gehört, dass du wieder auf dem Markt bist. Du weißt doch noch, wo ich wohne, oder?«, flirtete sie kurz mit ihm, bevor sie zum Nächsten ging.
    Jessicas Mundwinkel zuckten, doch keineswegs vor Vergnügen. Was Simon ihr über die Oberschwester des Krankenhauses erzählt hatte, hatte ihr den Eindruck vermittelt, dass sie eine eher vierschrötige, militante Matrone im mittleren Alter war. Doch dieses Bild hatte nichts mit der Wirklichkeit zu tun. Sue Levinski war ohne ihre Uniform eine verdammt attraktive Frau, die das genau wusste und damit kokettierte. Außerdem verströmte sie den Duft eines aufdringlichen Parfums. Es hing überall um sie herum in der Luft.
    »Es tut mir leid, dass ich so spät komme«, entschuldigte sich Sue armwedelnd bei Nan. »Ich war noch auf zwei anderen Partys …«
    »Ich kann nur hoffen, dass du nicht hergefahren bist«, meinte eine stattliche Frau im mittleren Alter. Offenbar war sie der Meinung, dass Sue bei ihren vorherigen Zwischenstopps bereits zu viel getrunken hatte.
    »Natürlich nicht. Jemand hat mich hergebracht«, gab Sue unbekümmert zu, während sie an dem Champagner nippte, den Marcus ihr in die Hand gedrückt hatte. Sie hob fragend die Augenbrauen und wandte sich an die Frau: »Aber du fährst mich doch heim, nicht wahr, meine Liebe?«
    »Möglicherweise«, entgegnete die Frau mit einer Grimasse.
    »O Simon!«, quietschte Sue und rannte auf ihn und Jessica

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