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Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition)

Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition)

Titel: Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynne Wilding
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hatte solche Angst, wieder schwanger zu werden, dass sie darauf bestanden hatte, wieder die Pille zu nehmen. Trotzdem war sie nach wie vor desinteressiert und reagierte nicht auf ihn. Er war weiß Gott ein normaler Mann mit normalen Ansprüchen, doch manchmal schien ihm das Warten unerträglich.
    Simon sah sie lächeln und hörte sie dann über etwas lachen, das Marcus gesagt hatte. Sofort hob sich seine Stimmung. Er nippte an dem Bier, das ihm jemand in die Hand gedrückt hatte, und hörte halbherzig dem Mann zu, der ihn in ein Gespräch verwickelt hatte. Es ging um den Import von …
     
    »Marcus hat mir erzählt, dass Sie malen«, sagte Nan in dem Versuch, die junge blasse Frau aus ihrem Schneckenhaus hervorzulocken.
    »Früher habe ich gemalt, aber jetzt bin ich ziemlich eingerostet. Ich habe seit Jahren keinen Pinsel mehr in der Hand gehabt.«
    »Sie sollten über die Insel fahren und sich die Landschaft ansehen. Manchmal kommen ganze Kunstklassen hierher, um zu malen. Es sieht hübsch aus, wenn sie alle ihre Staffeleien aufstellen und eifrig drauflos malen.«
    »Ich lebe mich momentan noch ein. Wir sind erst vor zwei Wochen hier angekommen«, meinte Jessica ausweichend. Es hatte genügend Zeit und Gelegenheit gegeben, die Insel zu erkunden, doch sie wollte nicht. Ihr fehlte einfach die Kraft dazu.
    »Nan, zeig Jessica doch dein Atelier«, schlug Marcus vor. »Ich bin sicher, sie interessiert sich für deine Arbeit.«
    »Sie machen Keramiken, nicht wahr?«, fragte Jessica mit einem Anflug von Interesse.
    »Und zwar verdammt gute«, bestätigte Marcus, »auch wenn sie die Letzte wäre, die das je zugeben würde.«
    »Ich lasse meine Arbeit für sich sprechen«, lächelte Nan bescheiden und sah ihren Bruder an. »Wenn du zwischenzeitlich hier die Party schmeißt, gehe ich mit Jessica ins Atelier.«
    »Natürlich.« Er lächelte sie liebevoll an. »Lasst euch Zeit!«
    Als die beiden Frauen zu dem großen Blechschuppen hinübergingen, der Nan als Studio diente, sah er ihnen nach. Jessica Pearce hatte etwas Ätherisches. Sie war nicht eigentlich schön, aber irgendwie anziehend und zugleich verstörend in ihrem Bemühen, ruhig und beherrscht zu erscheinen. Sie war offensichtlich unsicher, Leute zu treffen, die sie nicht kannte. Interessant. Jessica Pearce. Er spürte ihren inneren Kampf. Obwohl die äußere Hülle intakt war, spürte er Risse in ihrer Persönlichkeit, eine mühsam verborgene Zerbrechlichkeit. Als ob sie ein schweres Trauma durchlebt hätte. Er fragte sich, was das wohl gewesen war.
    Bist du verrückt?, warnte er sich selbst. Du hast die Psychologie vor Jahren aufgegeben, damit du damit aufhörst, jede halbwegs interessante Person zu analysieren, die dir begegnet ist. Besonders die, mit denen du wahrscheinlich nicht in engeren Kontakt treten wirst. Seine braunen Augen glitten über Jessicas Gestalt. In ihm begann sich etwas zu rühren, ein bekanntes Ziehen, eine Welle des Verlangens. Sie ist tabu, Junge. Definitiv. Damit wandte er sich wieder den Gästen zu und setzte sein Partylächeln auf.
    Im Schuppen war es heiß. Das Blechdach gab in der Hitze metallisch klingende Geräusche von sich.
    Nan führte Jessica ausführlich herum, erklärte ihr die verschiedenen Tonarten und für welche Art von Keramik man sie verwendete. Sie erläuterte die Funktion des Brennofens und wie man eine Glasur herstellte. »Das ist Drecksarbeit«, gab sie zu. »Ich werde den Ton unter meinen Fingernägeln nie ganz los, egal, wie lange ich sie einweiche.«
    Jessica nahm eine glasierte Schüssel mit einem dunklen Wirbelmuster auf. »Das ist ein kleiner Preis für so eine Kunst, würde ich sagen.« Sie bemerkte einige handbemalte Becher. »Malen Sie auch?«
    »O nein, die sind mit Schablonen gemacht. Wenn ich sie von Hand bemalen würde, würden sie ein Vermögen kosten. Das auszugeben sind nur wenige bereit.«
    »Exportieren Sie Ihre Arbeiten?«
    »Gelegentlich nach Auckland und Brisbane. Bei Bedarf natürlich. Manche Läden stellen gerne ein paar Beispiele meiner Arbeit aus.«
    Selbst wenn Jessicas Seufzer kaum hörbar war, vernahm ihn Nan. Als geborene Zuhörerin wartete sie ab.
    »Sie haben Glück«, sagte Jessica nach kurzem Zögern, »dass Sie sich auf Ihre Fähigkeiten konzentrieren können und das Ergebnis Ihrer Bemühungen vor sich sehen.« Dann meinte sie: »Das muss sehr befriedigend sein.«
    »Das ist es«, gab Nan zu. »Wenn Sie die Arbeit interessiert, kommen Sie mich besuchen. Jederzeit.« Sie grinste sie an.

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