Das Lied der schwarzen Berge
Tisch.
»Ich würde mich schämen, dich zu lieben«, sagte er dumpf. »Ich würde Rosa verraten und könnte sie nie wieder ansehen. Dein Körper ist für die feinen Herren in den Städten … ich will ihn nicht …«
»Wie gnädig …« Elena starrte auf das lange Messer. »Du willst mich töten?«
»Noch nicht, mein Schwan, noch nicht!« Er hob die Hand. »Zieh das Seidenzeug aus.«
Zögernd löste sie die Träger … mit geschlossenen Augen zog sie sich aus und stand dann nackt vor dem grinsenden Jossip. Er nahm die dünne Wäsche, befühlte sie, dann ging er zu einem Nagel, an dem ein dicker Lammfellmantel hing, nahm den Mantel und warf ihn Elena zu.
»Zieh ihn an. Ich bringe dir morgen neue Kleider. Diese hier brauche ich.«
Während Elena in den dicken, weiten Mantel schlüpfte und sich an den Herd drückte, begann Jossip, das Kleid und die Seidenwäsche zu zerreißen. Er tat es mit genauem Nachdenken. Das Kleid riß er am Hals und am Rücken auf und zerfetzte den Rock … die Unterwäsche zerriß er so, als habe man sie Elena gewaltsam vom Leibe gezerrt. Dann nahm er das Messer und trat zu Elena an den Herd.
»Gib mir deinen Arm«, sagte er.
Sie starrte ihn an … das Grauen stand in ihrem Blick. Ihr Mund verzerrte sich in Todesangst, die in diesem Augenblick ihre gespielte Sicherheit zerriß. Jossip wartete nicht ab, bis sie den Arm gab … er riß ihn zu sich heran und stampfte mit dem Fuße auf, als sie aufschrie und ihn zurückreißen wollte.
»Halt den Mund!« knurrte er. »Ich tue dir nichts. Ich brauche nur etwas Blut von dir …«
Ehe sie antworten konnte, hatte er mit dem Messer die Haut ihres Unterarmes aufgeschlitzt und preßte die Unterwäsche und das Kleid auf das hervorsickernde Blut. Sie spürte keinen Schmerz, aber das Gespenstische der Handlung nahm ihr fast die Besinnung.
Jossip hielt die Wäsche hoch … große Blutflecken hatten die Seide durchtränkt, das Kleid war übersät mit Blutspritzern. Es sah aus, als habe man die Trägerin dieser Kleidung bestialisch ermordet.
Zufrieden schob Jossip die Wäsche zur Seite und begann, den Sack mit den Lebensmitteln auszupacken.
»Mit diesen Kleidern werde ich sie alle vertreiben«, sagte er dabei. »Es wird keine Talsperre mehr geben … wie Gehetzte werden sie alle aus den Bergen rennen. Dann ist das Tal wieder unser, dann ist wieder Ruhe in Zabari … und ich werde Rosa in meine Hütte führen.«
»Und ich?« fragte Elena.
»Dich werde ich vorher töten«, sagte er ungerührt.
Er packte die Lebensmittel Bonellis auf den Tisch … die Dosen mit Fleisch und Gemüse, die Würste, das Brot, das Mehl, den Zucker, das Salz, den Tee.
»Frierst du?« fragte er.
»Warm ist es hier nicht.«
»Dann trink!« Er warf ihr die Flasche Slibowitz ins Stroh und packte weiter aus.
»Wie soll ich sie aufbekommen ohne Korkenzieher?« fragte Elena.
»Schlag den Hals an der Herdkante ab.«
Sie tat es, setzte vorsichtig die Flasche an den Mund und trank einen kleinen Schluck. Wie Feuer rann der scharfe Schnaps durch ihre Kehle in den Körper. Aber er belebte, er gab Kraft, er machte mutig. Sie trank noch einmal und ein drittesmal. Dann suchte sie den abgeschlagenen Flaschenhals und verbarg ihn im Stroh. Ehe er mich tötet, dachte sie, schneide ich mir mit dem Glas die Pulsadern durch. Aber vorher betrinke ich mich … es stirbt sich leichter im Wahn …
Jossip warf den Sack in eine Ecke. »Kannst du kochen?«
»Glaubst du, ich wäre nur zum Schminken auf der Welt?«
»Hier ist Essen genug für dich! Für eine Woche und länger. Ich bringe dir morgen neue Kleider und lasse dich allein! Verhungern wirst du nicht!«
»Aber verdursten.«
»Ich hole dir zwei Eimer Wasser.«
»Wie einer Kuh.«
»Mehr bist du auch nicht!« Er erhob sich vom Tisch. »Eine Kuh ist mehr wert. Sie gibt Milch … sie ernährt uns. Du bist zu nichts auf der Welt … selbst Mist ist wertvoller, denn er düngt den Boden, der uns Frucht gibt. Du bist eine taube Nuß, die man wegwirft …«
Elena antwortete nicht darauf. Sie hatte einen Lappen um den Schnitt des Armes gewickelt und löste ihn jetzt. Er blutete noch immer. Jossip blickte herüber und ging zum Herd. Von einem Balken über dem Feuer nahm er ein paar große Blätter, tauchte sie in Wasser und begann, sie mit dem Messer zu zerhacken. Dann mengte er mit den Händen einen Brei daraus und schmierte ihn Elena auf die blutende Wunde.
»Laß es trocknen und drei Tage drauf!« Er richtete sich hoch und schüttelte den
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