Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied der Sirenen

Das Lied der Sirenen

Titel: Das Lied der Sirenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
Vom Netzwerk:
Handlungsweisen der Polizei skizzieren.
    »Geschafft?« fragte Carol.
    Er drehte sich zu ihr um und sah, daß sie die Aktenordner geschlossen hatte. »Ich wußte nicht, daß Sie schon fertig sind«, sagte er.
    »Seit zehn Minuten. Ich wollte aber Ihre fliegenden Finger nicht stoppen.«
    Tony haßte es, wenn andere ihn beobachteten, so wie er sie beobachtete. Die Vorstellung, als Patient das passive Zielobjekt seiner eigenen psychologischen Untersuchung zu sein, gehörte zu den Alpträumen, aus denen er stets schweißgebadet aufwachte. »Ich mache für heute Schluß«, erklärte er, kopierte seine Datei »Profil Handy Andy« auf eine Diskette und steckte sie ein.
    »Ich bringe Sie nach Hause«, sagte Carol.
    »Vielen Dank.« Tony stand auf. »Ich kann mich nie dazu aufraffen, mit dem Wagen in die Stadt zu kommen. Um ehrlich zu sein, ich fahre überhaupt sehr ungern Auto.«
    »Das verstehe ich gut. Der Stadtverkehr ist ja auch wirklich die Hölle auf Rädern.«
    Als Carol vor Tonys Haus vorfuhr, sagte sie: »Würden Sie mir eine Tasse Tee spendieren? Und ich muß auch ganz dringend auf die Toilette.«
    Während Tony Wasser aufsetzte, ging Carol die Treppe hinauf zum Badezimmer. Als sie wieder herunterkam, vernahm sie ihre eigene Stimme aus dem Lautsprecher seines Anrufbeantworters. Sie blieb am Fuß der Treppe stehen und schaute zu Tony hinüber. Er lehnte an seinem Schreibtisch und hörte, Notizblock und Stift in der Hand, die eingegangenen Anrufe ab. Sie freute sich über ihre zunehmende Vertrautheit mit seinem Gesicht und den Umrissen seiner Gestalt. Ihre Stimme verstummte, und ein Piepsen ertönte.
    »Hi, Tony, hier ist Pete«, meldete sich die nächste Stimme. »Ich habe am kommenden Donnerstag was in Bradfield zu erledigen. Spendierst du mir am Mittwoch abend ein Bier und ein Bett für die Nacht auf Donnerstag? Im übrigen Gratulation, daß man dich in die Schwulenkiller-Ermittlungen eingeschaltet hat. Ich hoffe, ihr schnappt den Bastard bald.« Piep. »Anthony, mein Liebling. Wo treibst du dich denn dauernd rum? Ich liege hier auf meinem Bett und habe schreckliche Sehnsucht nach dir. Wir haben noch eine angefangene Sache zu Ende zu führen, mein Superliebhaber.«
    Tony richtete sich abrupt auf und starrte auf den Anrufbeantworter. Die Stimme klang heiser, sexy, sehr intim. »Glaub bloß nicht, du könntest …« Tonys Hand schoß vor und schaltete das Gerät ab.
    So ist das also, dachte Carol enttäuscht. Und er hat behauptet, er habe derzeit keine Beziehung. Sie trat durch die offene Tür ins Zimmer. »Lassen wir den Tee«, sagte sie eisig. »Wir sehen uns morgen.«
    Tony fuhr herum, und in seinen Augen stand Panik. »Es ist nicht das, was es zu sein scheint«, erklärte er hastig. »Ich habe diese Frau noch nie getroffen!«
    Carol wandte sich um, ging in den Flur und öffnete mit zitternden Fingern die Tür.
    »Ich habe Ihnen die Wahrheit gesagt, Carol. Obwohl Sie das eigentlich nichts angeht.«
    Sie drehte sich halb zu ihm, brachte ein verkrampftes Lächeln zustande und erwiderte: »Sie haben völlig recht. Es geht mich
tatsächlich
nichts an. Bis morgen, Tony.«
    Das Schließen der Tür dröhnte durch Tonys Kopf wie ein Preßlufthammer. »Gott sei Dank bist du Psychologe«, sagte er zynisch zu sich und ließ sich gegen die Wand sinken. »Ein Laie hätte das total vermasselt. Wenn du so weitermachst, Hill, wird aus diesem Job noch ein verdammter großer Scheißhaufen.«

[home]
Auf 3 ½-Zoll-Diskette, Beschriftung: Backup. 007 ;
Datei Love 011 .doc
    Als Gareth mich in der Straßenbahn – wenn auch nur oberflächlich – anlächelte, war ich davon überzeugt, daß meine Träume kurz vor ihrer Erfüllung standen. Wegen unerwarteter Schwierigkeiten im Büro und der damit verbundenen Überstunden hatte ich ihn länger als eine Woche nicht verfolgen können.
    Sein Bild hatte mir stets, wenn ich von der Arbeit nach Hause gekommen war, zu seligen Träumen vor dem Einschlafen verholfen, und seine Stimme hatte hungrig in meinen Ohren geklungen, aber ich brauchte es, ihn persönlich zu sehen. Ich hatte an diesem Tag meinen Wecker auf eine sehr frühe Zeit eingestellt, um vor Gareth’ Haus zu sein, wenn er zur Arbeit aufbrach, aber ich war so erschöpft, daß ich das Läuten nicht hörte. Als ich kurz darauf dann doch wach wurde, war die einzige Chance, ihn noch zu sehen, ein paar Haltestellen später zuzusteigen.
    Die Straßenbahn kam gerade an, als ich auf die Haltestelle zurannte. Ich schaffte es und sah mich

Weitere Kostenlose Bücher