Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied der Sirenen

Das Lied der Sirenen

Titel: Das Lied der Sirenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
Vom Netzwerk:
der Dinge unterrichten sollte. Er wünschte, er hätte sie in ihrer Computer-Theorie mehr bestärken können, aber in den langen Jahren des Lernens und der Praxis hatte er sich angewöhnt, stets vorsichtig zu sein. Die Idee selbst war brillant. Wenn sie erst einmal einige Nachforschungen betrieben hatte und es sich herausstellte, daß die Richtung erfolgversprechend war, würde er sich nur zu gern bei Carols Kollegen für ihre Idee einsetzen. Aber im Interesse der Glaubwürdigkeit des Profils mußte er zu Einfällen, die der durchschnittliche Cop als Science-fiction abtun würde, auf Distanz gehen.
    Er fragte sich, was sich heute abend bei der Polizei abspielte. Carol hatte ihn angerufen und ihm berichtet, daß ganze Teams in Temple Fields ausschwärmen und die Stammbesatzung des einschlägigen Gewerbes sowie auch die Stammkunden befragen würden, um zu überprüfen, ob die Anregungen im Profil zu neuen Erkenntnissen führten. Mit ein wenig Glück würde man auf Namen stoßen, die bereits in HOLMES aufgetaucht waren, entweder im Zusammenhang mit einschlägigen Vorstrafen oder mit Autonummern, deren Besitzer in das System eingegeben worden waren.
    »Nächster Halt Bank Vale, nächster Halt Bank Vale«, verkündete eine elektronische Stimme aus den Lautsprechern. Tony hatte gar nicht bemerkt, daß sie das Stadtzentrum bereits weit hinter sich gelassen hatten, sich schon dem Ende von Carlton Park näherten und nur noch knapp eine Meile von seinem Haus entfernt waren. Nach Bank Vale machte sich Tony bereit, bei der Ankündigung der nächsten Station zur Tür zu gehen.
    Nach dem Aussteigen lief er zügig durch die sauberen Vorstadtstraßen, am Schulhof vorbei, entlang des niedrigen Wäldchens, das von der Anpflanzung übriggeblieben war, die der Gegend den Namen Woodside verliehen hatte. Der Pfad, der diagonal durch das Wäldchen führte, wurde inzwischen kaum mehr von jemandem benutzt. Als erste hatten ihn die Frauen gemieden, die allein auf dem Weg nach Hause waren, dann hatten ängstliche Eltern ihren Kindern die Benutzung verboten. Und jetzt waren es die Männer, die die bittere Lektion lernen mußten, in Gefahr zu sein. Tony bog in seine Straße ein, die Ruhe der Sackgasse genießend. Er würde den Abend schon irgendwie überstehen. Vielleicht fuhr er zum Supermarkt und kaufte die Zutaten für ein Hühnchen à la Biryani. Oder er sah sich ein Video an oder las in dem Buch weiter, das er neulich angefangen hatte.
    Er steckte gerade den Schlüssel innen ins Türschloß, als das Telefon zu läuten begann. Tony ließ die Aktentasche fallen, rannte hin und hob ab. Aber noch ehe er etwas sagen konnte, drang ihre Stimme bereits in sein Ohr, und sie war für ihn wie warmes Olivenöl, das Ohrenschmerzen lindert. »Anthony, Liebling, du keuchst, als ob du scharf auf mich wärst.«
    Er hatte es geschafft, auf dem Heimweg nicht ein einziges Mal daran zu denken, aber er wußte jetzt, daß es das war, worauf er gehofft hatte.
     
    Brandon hatte die Nachttischlampe kaum eine Minute ausgeknipst, als das Telefon klingelte. »Das mußte ja kommen«, murmelte Maggie, als er sich von ihr und ihrer Wärme abwandte und zum Hörer griff.
    »Brandon«, knurrte er.
    »Sir, Inspector Matthews hier«, meldete sich eine müde Stimme.
    »Wir haben eben Stevie McConnell festgenommen. Die Jungs haben sich ihn im Fährhafen von Seaford gegriffen. Er wollte gerade an Bord einer Fähre nach Rotterdam gehen.«
    Brandon setzte sich auf, zog dabei Maggie die Decke weg, ignorierte aber ihren Protest. »Was haben Sie getan?«
    »Nun, Sir, die Jungs meinten zunächst, daß sie nicht viel unternehmen könnten, weil er nicht oder noch nicht gegen die Auflagen, unter denen er auf freiem Fuß ist, verstoßen hatte.«
    »Und trotzdem halten sie ihn fest?« Brandon schwang sich aus dem Bett.
    »Ja, Sir. Sie sitzen mit ihm im Büro der Kollegen vom Zoll.«
    »Und mit welcher Begründung genau haben sie ihn festgenommen?«
    »Tätlicher Angriff gegen einen Polizeibeamten.« Kevins Stimme klang, als ob er bei diesen Worten grinsen würde »Sie haben mich angerufen und gefragt, was sie jetzt tun sollen, und da Sie ein persönliches Interesse an dem Fall gezeigt haben, fand ich, das sollten Sie entscheiden.«
    Bleib ganz ruhig, dachte Brandon wütend, sagte aber nur: »Das liegt doch auf der Hand. Veranlassen Sie, daß er wegen versuchten Verstoßes gegen richterliche Auflagen in Haft behalten und nach Bradfield zurückgebracht wird.« Er zwängte sich in seine

Weitere Kostenlose Bücher