Das Lied der Sirenen
Video-Capture-Cards rauszusuchen. Die finden wir am ehesten über ihre Anzeigen in diesen Magazinen, da der Kauf von Computerzubehör meistens über Postbestellung erfolgt. Wir sollten auch Kontakt zu lokalen Computerclubs aufnehmen. Wenn du Leute für diese Ermittlungen übrig hättest, wäre das großartig.«
Dave seufzte. »Da hast du dir ja was Schönes ausgedacht, Carol.«
Er nahm eines der Magazine in die Hand und blätterte es durch.
»Ich denke, ich kann heute abend und morgen eine Liste der Firmen erstellen, und als erstes am Montag morgen setzen wir dann ein paar Constables daran, bei den Firmen anzurufen. Wann meine Operatoren Zeit für den Input der Daten haben, weiß ich nicht, aber ich werde dafür sorgen, daß es getan wird. Okay?«
Carol strahlte ihn an. »Du bist einfach super, Dave.«
»Ich bin nicht super, sondern ein verdammter Märtyrer, Carol. Mein Jüngster hat zwei Zähne bekommen, und ich habe sie bisher nicht mal gesehen.«
»Ich könnte hierbleiben und beim Durchforsten der Magazine helfen«, sagte Carol zögernd.
»O nein, du verschwindest augenblicklich von hier und machst dir einen schönen Abend. Es ist höchste Zeit, daß wenigstens einer von uns mal dazu kommt. Was wirst du dir denn anschauen?«
Carol verzog das Gesicht. »Es ist eine Samstagabend-Filmnacht –
Manhunter
und
Das Schweigen der Lämmer.«
Daves Lachen klang auf dem ganzen Weg zum Wagen in ihren Ohren nach.
Der langgezogene Schrei schien aus der Tiefe seines Magens aufzusteigen. Während der Orgasmus durch seinen Körper bebte, empfand Tony ein wundervolles Gefühl der Erlösung. »O Gott!« stöhnte er.
»O ja, ja, ja«, keuchte Angelica. »Ich komme noch mal, oh, noch mal, o Tony, Tony …« Ihre Stimme verebbte in einem erstickten Schluchzen.
Tony sank auf das Bett, schwer atmend, umgeben von dem intensiven Geruch nach Schweiß und Sex. Er hatte das Gefühl, plötzlich von einer schweren Last befreit zu sein, die er schon so lange mit sich herumschleppte, daß er ihr Gewicht gar nicht mehr gespürt hatte. Fühlte man sich so, wenn man geheilt war, diese ganz neue Empfindung für Licht und Farben erlebte, diesen Eindruck hatte, man habe die Vergangenheit wie einen Kohlensack im tiefsten Keller verstaut? Fühlten sich so seine Patienten, wenn sie ihren geistigen Müll bei ihm abgeladen hatten?
Aus dem Telefonhörer drang ihr stoßweises Atmen. Schließlich sagte sie: »Toll, einfach toll. So schön war es noch nie. Ich liebe es, wie du mich liebst.«
»Es war auch schön für mich«, erwiderte Tony und meinte es ausnahmsweise ehrlich. Zum erstenmal seit dem Beginn ihrer seltsamen Kombination aus Therapie und Sexspiel hatte er keine Schwierigkeiten mit der Erektion gehabt. Von Anfang an war er hart wie Stein gewesen – kein Nachlassen, kein Schlappmachen, kein Schämen. Der erste problemlose Sex seit Jahren. Okay, Angelica war natürlich nicht bei ihm auf dem Bett, aber es war ein gewaltiger Schritt in die richtige Richtung.
»Wir beide spielen die schönste Musik zusammen«, sagte Angelica. »Mich hat noch nie jemand so angeturnt wie du.«
»Machst du das oft?« fragte er träge.
Angelica lachte glucksend, ein heiseres, sexy Gurgeln. »Du bist nicht der erste.«
»Das kann ich mir denken. Dazu bist du viel zu sehr Expertin auf diesem Gebiet«, schmeichelte ihr Tony, und er meinte es durchaus ernst. Sie war die perfekte Therapeutin für ihn, soviel stand fest.
»Ich bin sehr wählerisch bei den Männern, mit denen ich so etwas teile«, sagte Angelica. »Mancher weiß es nicht zu würdigen, was ich anzubieten habe«, fügte sie hinzu.
»Es müssen seltsame Typen sein, die daran keinen Spaß haben. Ich habe jedenfalls viel Spaß daran.«
»Darüber bin ich froh, Anthony, mehr, als du dir vorstellen kannst. Ich muß jetzt aufhören.« Ihr Ton veränderte sich plötzlich, wurde geschäftsmäßig, was stets das Ende ihrer Anrufe ankündigte. »Der heutige Abend war wirklich ein besonderes Erlebnis. Wir sprechen uns bald wieder.«
Sie legte auf. Auch Tony drückte den Hörer auf die Gabel und streckte sich aus. Heute abend, im Gespräch mit Angelica, hatte er zum erstenmal in seinem Leben eine beschützende Fürsorge gespürt, die helfend und doch nicht erdrückend war. Seine Großmutter, das wußte er verstandesmäßig, hatte ihn geliebt und sich um ihn gesorgt, aber es hatte keine gefühlvollen Familienbande gegeben, und Großmutters Liebe war eher barsch und praktisch gewesen, mehr auf ihre
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