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Das Lied der Sirenen

Das Lied der Sirenen

Titel: Das Lied der Sirenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Das schrille Läuten des Telefons ließ ihn zusammenzucken. »Brandon«, meldete er sich.
    »Sergeant Murry hier, Sergeant vom Dienst. Tut mir leid, daß ich Sie stören muß, Sir, aber es ist im Moment kein Inspector mehr im Gebäude. Es geht darum – hier ist ein Gentleman namens Harding, mit dem Sie sicher sprechen wollen. Er ist ein Nachbar von Damien Connolly, Sir.«
    Brandon sprang auf. »Ich komme sofort«, sagte er.
    Der Mann saß in der Eingangshalle auf der Holzbank an der Wand. Er hielt den Kopf gesenkt. Als Brandon hinter dem Schalter hervorkam, schaute er auf – Ende Zwanzig, schätzte Brandon, braungebrannt, dunkle Ringe unter den Augen und ein Zweitagebart, Geschäftsmann irgendeiner Art, nach dem teuren dunklen Anzug und der Seidenkrawatte, die schräg unter dem aufgeknöpften Hemdkragen hing, zu urteilen. Er sah aus wie jemand, der eine so lange Reise hinter sich hat, daß er nicht mehr weiß, welcher Tag heute ist oder in welcher Stadt er sich befindet. Der Anblick eines Mannes, der noch müder war als er selbst, schien Brandon einen Schub frischer Energie zu verleihen. »Mr.Harding?« fragte er. »Ich bin John Brandon, Assistant Chief Constable und verantwortlich für die Ermittlungen im Mordfall Damien Connolly.«
    Der Mann nickte. »Terry Harding. Ich wohne ein paar Häuser von Damien entfernt.«
    »Mein Sergeant erzählte mir, daß Sie eine Information für uns haben.«
    »Das ist richtig«, sagte Terry Harding, und seine Stimme klang krächzend vor Erschöpfung. »Ich habe in der Nacht, als Damien ermordet wurde, einen Fremden aus seiner Garage fahren sehen.«

[home]
Auf 3 ½-Zoll-Diskette, Beschriftung: Backup. 007 ;
Datei Love 016 .doc
    Ich hatte mit der Arbeit am »Unternehmen Dr.Tony Hill« schon längst begonnen, als ich Damien Connolly ins Jenseits beförderte. Es erschien mir als ausgleichende Gerechtigkeit, daß sein Name, wie der von Damien, bereits auf meiner Liste als potentieller Partner verzeichnet war. Sofern es einer Bestätigung bedurft hätte, daß ich das Richtige tat, wenn ich ihn bestrafte, dann wäre es das gewesen.
    Ich wußte also schon, wo er wohnte, wo er arbeitete und wie er aussah, zu welcher Zeit er morgens das Haus verließ, welche Straßenbahn er auf dem Weg zur Arbeit nahm und wie lange er in seinem kleinen Büro an der Universität blieb. Als ich gerade befriedigt feststellte, wie reibungslos bisher alles gelaufen war, bewegten sich die Dinge in eine Richtung, die ich nicht vorhergesehen hatte und die mir nicht gefiel. Es lag wohl daran, daß ich den Fehler gemacht hatte, die Dummheit meiner Gegner zu unterschätzen. Ich hatte nie viel Gehirnmasse bei den Beamten der Kriminalpolizei von Bradfield vermutet, aber die jüngste Entwicklung erschütterte selbst mich. Sie verhafteten den falschen Mann!
    Ihr unglaublicher Mangel an Intelligenz und Auffassungsvermögen wurde nur noch von den Medien übertroffen, die wie Schafe alles unkritisch übernahmen, was man ihnen vorsetzte. Ich konnte es nicht glauben, als ich in der
Sentinel Times
las, daß die Polizei einen Mann wegen des Verdachts, meine Morde begangen zu haben, verhaftet hatte. Die Festnahme war nach einer Straßenschlägerei, an der auch ein Polizeibeamter beteiligt war, erfolgt. Wie um alles in der Welt konnten sie nur annehmen, daß jemand, der so viel Vorsicht hatte walten lassen wie ich, sich an einer Schlägerei in Temple Fields beteiligen würde? Es war eine Beleidigung meiner Intelligenz. Meinten sie wirklich, ich sei ein zügelloser Straßenrowdy?
    Ich las den Artikel mehrmals durch, wollte einfach nicht glauben, daß sie tatsächlich so dumm waren. Wut wallte in mir auf. Sie brannte in meinen Eingeweiden wie eine schwere Magenverstimmung, wie eine Verstopfung durch einen stachligen Ball. Es drängte mich, etwas Gemeines und Dramatisches zu tun, etwas, das ihnen beweisen würde, wie falsch sie lagen.
    Ich arbeitete mit meinen Gewichten, bis meine Muskeln vor Erschöpfung zitterten und mein Trainingsanzug schweißdurchnäßt war, aber die Wut wollte sich nicht legen. Ich stürmte die Treppe hinauf zu meinem Computer und beschäftigte mich mit den Videos von Damien, die ich in ihn übertragen hatte. Als ich damit aufhörte, hatte ich sexuelle Turnübungen veranstaltet, auf die die russische Nationalmannschaft stolz gewesen wäre. Aber nichts befriedigte mich. Nichts nahm den Ärger von mir.
    Im Gegensatz zu ihnen bin ich jedoch nicht dumm. Ich weiß, wie gefährlich unkontrollierte Wut für mich

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