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Das Lied der Sirenen

Das Lied der Sirenen

Titel: Das Lied der Sirenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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mit ihrer Angst und ihrer Wut fertig zu werden, ist es gar nicht so schlecht.«
    »Ich mag das nicht. Klingt für mich überhaupt nicht persönlich, ihn den Schwulenkiller zu nennen.«
    »Was macht das Ganze für Sie denn zu einer persönlichen Angelegenheit? Die Tatsache, daß er einen aus Ihren Reihen umgebracht hat?«
    »Es war für mich auch vorher eine persönliche Angelegenheit. Schon als der zweite Mord geschah, der, bei dem ich mit der Leitung der Ermittlungen beauftragt war, war ich überzeugt, daß wir es mit einem Serientäter zu tun haben. Und damit wurde es eine persönliche Auseinandersetzung. Ich will, nein, ich
muß
diesen verdammten Bastard zur Strecke bringen. Aus beruflichen, persönlichen, welchen Gründen auch immer.« Die kalte Leidenschaft in Carols Stimme stärkte Tonys Vertrauen in sie. Diese Frau würde alle Register ziehen, damit er das bekam, was er zur Erledigung seines Jobs brauchte. Der Ton ihrer Stimme und die Worte, die sie gewählt hatte, stellten auch eine Herausforderung dar und zeigten ihm, daß es ihr egal war, wie er ihre Absichten beurteilte. Sie war genau die Person, die er brauchte. Zumindest beruflich.
    »Wir beide wollen dasselbe«, sagte Tony. »Und zusammen werden wir es auch schaffen. Aber wirklich nur zusammen. Wissen Sie, als ich zum erstenmal an der Erstellung eines Verbrecherprofils arbeitete, handelte es sich um einen Brandstifter. Nach einem halben Dutzend schwerer Brandstiftungen war mir klar, wie er es machte, warum er es machte und was ihn dazu trieb. Ich wußte genau, was für ein irrer Bastard er war, aber ich war nicht in der Lage, seinen Namen zu nennen oder sein Gesicht zu beschreiben.
    Das machte mich einige Zeit fast verrückt vor Frustration. Dann erkannte ich, daß das nicht meine Aufgabe war. Es ist euer Job. Alles, was ich tun kann, ist, euch bei den Ermittlungen die Richtung zu zeigen.«
    Carol lächelte verbissen. »Dann zeigen Sie mal, und ich werde losstürmen wie ein Jagdhund«, sagte sie. »Was meinten Sie eben mit Ihrer Frage, ob er wußte, daß Damien Connolly ein Bobby war?«
    Tony fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, was ihn danach aussehen ließ wie einen Punk. »Okay. Wie haben hier zwei Szenarien. Handy Andy mag nicht gewußt haben, daß Damien Connolly ein Bobby war. Es mag nichts als ein Zufall gewesen sein, ein besonders unangenehmer Zufall für seine Kollegen, jedenfalls aber ein Zufall. Mit diesem Szenarium bin ich jedoch nicht sehr glücklich, denn meine Beurteilung, begründet auf den wenigen Fakten, die ich inzwischen über den Fall weiß, geht in die Richtung, daß er sich seine Opfer nicht nach dem Zufallsprinzip aussucht. Ich bin der Meinung, daß er sie sich gezielt auswählt und die Morde sorgfältig plant. Würden Sie dem zustimmen?«
    »Er überläßt nichts dem Zufall, das ist offensichtlich«, erwiderte Carol.
    »Richtig. Die Alternative ist, daß Handy Andy sehr wohl weiß, daß sein viertes Opfer ein Polizist war. Und das führt uns zu zwei weiteren Möglichkeiten. Erstens: Handy Andy wußte, daß er einen Bobby ermordet hat, aber diese Tatsache ist völlig irrelevant für das, was der Mord ihm bedeutet. Mit anderen Worten, Damien Connolly erfüllte alle Kriterien, die Handy Andy bei seinen Opfern als unverzichtbar ansieht, und er hätte ihn ohne Rücksicht darauf ermordet, ob er ein Bobby oder ein Busfahrer war. Zweitens: Die Tatsache, daß Damien Connolly Polizist war, ist der ausschlaggebende Punkt, weshalb Handy Andy ihn als viertes Opfer ausgewählt hat. Und diese Möglichkeit halte ich für die wahrscheinlichere.«
    »Sie meinen, er will uns damit die Zunge rausstrecken?« fragte Carol.
    Gott sei Dank hat sie eine schnelle Auffassungsgabe, dachte Tony. Das wird meine Tätigkeit sehr erleichtern. Die Tatsache, daß sie attraktiv
und
intelligent ist, hat ihr zu einer schnellen Karriere verholfen. Wenn sie
nur
attraktiv oder
nur
intelligent gewesen wäre, wären die Beförderungen wahrscheinlich etwas gemächlicher vollzogen worden. »Das kann ein Grund sein«, stimmte Tony zu. »Aber ich halte es eher für eine Sache der Eitelkeit. Ich glaube, er war langsam sauer, daß Detective Superintendent Cross seine Existenz nicht zur Kenntnis nehmen wollte. Seiner eigenen Meinung nach ist er sehr erfolgreich bei seiner Tätigkeit. Er ist der Beste, er verdient Anerkennung. Und diesem Wunsch nach Anerkennung ist nicht entsprochen worden, weil die Polizei nicht eingestehen wollte, daß nur
ein
Täter für die Morde

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